Akutes Atemnotsyndrom, ARDS (Schocklunge) bei Hunden
- Synonyme: Schocklunge, Akutes Lungenversagen, Akute Lungenschädigung, Akute Lungeninsuffizienz, Akutes respiratorisches Distress-Syndrom
- Englisch: Acute respiratory distress syndrome (ARDS)
- Vorkommen: sehr selten
- Krankheitsort: Brustkorb
Inhalt
Das akute Atemnotsyndrom bei Hunden ist eine schwere Form der respiratorischen InsuffizienzInsuffizienz bezeichnet die unzureichende Funktion oder Leistung eines Organs oder Systems. Dies kann beispielsweise Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz oder Veneninsuffizienz umfassen. (Störung des Gasaustausches in der Lunge), die durch eine plötzliche Schädigung der Alveolen (Lungenbläschen) in der Lunge charakterisiert ist. Dies führt zu einer deutlich erschwerten Sauerstoffaufnahme und einem erhöhten Risiko für sekundäre Infektionen. ARDS kann durch eine Vielzahl von Ursachen wie TraumaTrauma bezeichnet eine körperliche Verletzung oder Schädigung, die durch äußere Gewalteinwirkung verursacht wird. Traumata können von einfachen Schnitten bis zu schweren Mehrfachverletzungen reichen., Infektionen und Toxine ausgelöst werden und erfordert eine sofortige intensivmedizinische Betreuung.
Das Wichtigste auf einen Blick
Das ARDS beim Hund ist eine schwere, akute Lungenerkrankung, ausgelöst durch direkte oder indirekte Schädigungen, die zu einem massiven Gasaustauschversagen führt. Die TherapieTherapie bezieht sich auf die Behandlung von Krankheiten oder Störungen mit dem Ziel, Symptome zu lindern, Heilung zu fördern oder die Lebensqualität zu verbessern. Therapien können medikamentös, chirurgisch oder durch andere medizinische Interventionen erfolgen. ist komplex und intensivmedizinischIntensivmedizinisch bezieht sich auf die spezialisierte Versorgung und Überwachung von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen. In der tiermedizinischen Intensivmedizin werden Hunde und Katzen mit kritischen Gesundheitszuständen intensiv behandelt und überwacht., mit Fokus auf Sauerstoffversorgung, Beatmung und kausaler Behandlung der Grunderkrankung. Die PrognoseDie Prognose ist die Vorhersage des wahrscheinlichen Verlaufs und Ausgangs einer Krankheit basierend auf dem allgemeinen Gesundheitszustand, der Art der Krankheit und der Reaktion auf die Behandlung. Sie kann Auskunft darüber geben, wie sich eine Erkrankung voraussichtlich entwickeln wird. ist ernst, eine vollständige Genesung jedoch bei erfolgreicher Stabilisierung möglich.
Ursachen
- InhalationInhalation ist das Einatmen von Luft oder anderen Substanzen durch die Nase oder den Mund in die Lunge. Bei Hunden und Katzen kann die Inhalation von Toxinen, Rauch oder Allergenen zu respiratorischen Problemen führen. von Rauch oder toxischen Gasen
- Lungenentzündung
- Aspiration (Einatmen) von Erbrochenem
- TraumaTrauma bezeichnet eine körperliche Verletzung oder Schädigung, die durch äußere Gewalteinwirkung verursacht wird. Traumata können von einfachen Schnitten bis zu schweren Mehrfachverletzungen reichen. oder Verletzungen, die zu einer direkten Schädigung der Lunge führen
- SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann. und andere schwere Infektionen
Das ARDS tritt in der Regel als sekundäres Geschehen infolge einer systemischen Grunderkrankung oder direkten Lungenschädigung auf. Ursachen können unterteilt werden in:
- Direkte pulmonale Schädigung: Aspiration von Mageninhalt, Rauchinhalation, schwere Pneumonie, Lungenprellung, Beinahe-Ertrinken.
- Indirekte systemische Auslöser: SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann., schwere Polytraumen, akute Pankreatitis, Verbrennungen, Transfusionsreaktionen, disseminierte intravasale Gerinnung (DIC).
Zentraler pathogenetischer Mechanismus ist die systemische Inflammation mit massiver Zytokinfreisetzung („Zytokinsturm“) und Aktivierung neutrophiler Granulozyten, die die Lungenkapillaren schädigen. Daraus resultieren exsudative Alveolarschäden mit Proteinverlust, Surfactantmangel und Atelektasen.
Symptome
Das akute Atemnotsyndrom (ARDS) des Hundes präsentiert sich typischerweise als dramatisch einsetzende, schwerwiegende Atemnot, die unverzüglich intensivmedizinischIntensivmedizinisch bezieht sich auf die spezialisierte Versorgung und Überwachung von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen. In der tiermedizinischen Intensivmedizin werden Hunde und Katzen mit kritischen Gesundheitszuständen intensiv behandelt und überwacht. behandelt werden muss. Betroffene Tiere zeigen eine ausgeprägte Tachypnoe und DyspnoeDyspnoe, auch Atemnot genannt, ist das subjektive Gefühl von Luftmangel oder Schwierigkeiten beim Atmen. Es kann ein Symptom einer Vielzahl von Erkrankungen sein, darunter Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen und Anämie.; häufig nehmen sie eine orthopnoische Stellung mit gestrecktem Hals und weit geöffnetem Fang ein, um die Atemarbeit zu erleichtern. Trotz verabreichter Sauerstoffsupplementation bleibt eine deutliche ZyanoseZyanose bezeichnet eine bläuliche Verfärbung der Haut und Schleimhäute, verursacht durch eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Blutes. Sie kann ein Anzeichen für Herz-, Lungen- oder Blutkrankheiten sein. bestehen, weil die massive Diffusionsstörung in den geschädigten Lungenabschnitten einen ausreichenden Gasaustausch verhindert. Bei der AuskultationAuskultation ist eine Untersuchungsmethode, bei der der Arzt mit einem Stethoskop die Geräusche im Körper, vor allem in Herz, Lunge und Darm, abhört, um Hinweise auf den Gesundheitszustand zu erhalten. fallen abgeschwächte Atemgeräusche neben diffusen feuchten Rasselgeräuschen auf, bedingt durch alveoläres ÖdemEin Ödem ist eine Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe des Körpers, die zu Schwellungen führt. Ödeme können lokalisiert oder generalisiert auftreten und sind oft ein Zeichen für eine zugrunde liegende Erkrankung. und kollabierte Lungenareale. Blutgasanalysen zeigen eine schwere Hypoxämie, häufig kombiniert mit Hyperkapnie, sodass eine respiratorische AzidoseAzidose ist ein Zustand, bei dem der pH-Wert im Körper zu sauer ist, entweder durch eine Zunahme von Säure oder einen Verlust von Basen. Bei Hunden und Katzen kann Azidose aufgrund von Nierenversagen, Diabetes oder anderen metabolischen Störungen auftreten. entsteht. Klinisch resultieren daraus Lethargie, Unruhe bis zu Bewusstseinsveränderungen. ARDS tritt fast immer als Komplikation einer primären Grunderkrankung – etwa einer SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann., Aspiration, schweren Trauma- oder Pankreatitis – auf; deren systemische Symptome laufen parallel zur respiratorischen DekompensationDekompensation beschreibt den Zustand, in dem ein zuvor stabiles System (z.B. Herz, Leber, Nieren) seine Funktion nicht länger aufrechterhalten kann und Symptome der Funktionsstörung auftreten. Es ist oft ein Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung. und verschärfen das Gesamtbild.
Diagnose
Die Diagnosestellung erfolgt klinisch und durch bildgebende sowie labordiagnostische Verfahren.
- Blutgasanalyse: Hypoxämie (paO₂ < 60 mmHg bei Raumluft), Hyperkapnie, niedriger paO₂/FiO₂-Quotient (< 300)
- Thoraxröntgen: bilaterale interstitielle bis alveoläre Verschattungen, insbesondere im dorsokaudalen Lungenfeld
- UltraschallUltraschall bezieht sich auf Schallwellen, die oberhalb der Hörschwelle des menschlichen Ohrs liegen. In der Medizin wird Ultraschall für diagnostische Bildgebungsverfahren verwendet, um innere Organe, Gewebe und Blutfluss sichtbar zu machen. (Lung-Ultraschall): multiple B-Linien, Konsolidierungen
- Ausschluss kardialer Ursachen durch Echokardiographie (z. B. bei Verdacht auf Lungenödem anderer Genese)
- Labor: Hinweise auf zugrunde liegende InfektionEine Infektion ist die Besiedlung und Vermehrung von Krankheitserregern wie Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten in einem Organismus, die oft, aber nicht immer, zu einer Krankheit führen. oder Entzündung (Leukozytose/-penie, CRP, Laktat)
Die DiagnoseEine Diagnose ist die Identifizierung einer Krankheit oder eines Zustandes durch ihre Symptome und/oder Ergebnisse aus diagnostischen Tests. Es ist der erste Schritt im Management und der Behandlung von Patienten. ARDS wird bei akuter Hypoxämie, bilateralen Infiltraten und Ausschluss kardialer Ursachen gestellt.
Therapie
Die TherapieTherapie bezieht sich auf die Behandlung von Krankheiten oder Störungen mit dem Ziel, Symptome zu lindern, Heilung zu fördern oder die Lebensqualität zu verbessern. Therapien können medikamentös, chirurgisch oder durch andere medizinische Interventionen erfolgen. des ARDS erfordert eine intensivmedizinische Versorgung und richtet sich nach dem Schweregrad der Hypoxämie:
- Sauerstofftherapie: Nasenkanüle, Sauerstoffbox, ggf. high-flow
- Mechanische Beatmung: erforderlich bei schwerer HypoxieHypoxie bezeichnet einen Zustand, in dem der Körper oder ein Teil des Körpers nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Dies kann zu verschiedenen Symptomen führen, darunter Atemnot, Verwirrtheit und in schweren Fällen zu Organversagen.. Anwendung von Lungenschonenden Beatmungsstrategien (low tidal volume, PEEP) zur Vermeidung eines „Ventilator Induced Lung Injury“ (VILI)
- SedationSedation bezeichnet den Zustand der Beruhigung oder Dämpfung des Zentralnervensystems durch Medikamente, wodurch Angst und Reizbarkeit vermindert und manchmal ein leichter Schlafzustand herbeigeführt wird. oder kontrollierte Analgosedation zur Verminderung des Atemarbeitsaufwands
- Volumentherapie mit Vorsicht, da exzessive Flüssigkeitsgabe das Lungenödem verschlechtern kann
- Behandlung der Grunderkrankung: z. B. aggressive Antibiotikatherapie bei SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann., Flüssigkeitstherapie, Blutzucker- und Kreislaufmanagement
- KortikosteroideKortikosteroide sind eine Klasse von Steroidhormonen, die natürlich im Körper vorkommen und auch synthetisch hergestellt werden können. Sie haben entzündungshemmende und immunsuppressive Eigenschaften und werden in der Veterinärmedizin zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt.: umstritten, aber in der späten Phase als Entzündungsmodulation diskutiert
- Supportivmaßnahmen: Antioxidantien, gastrointestinale ProphylaxeProphylaxe bezieht sich auf vorbeugende Maßnahmen, die ergriffen werden, um Krankheiten oder Gesundheitsprobleme zu verhindern. In der Veterinärmedizin kann dies Impfungen, regelmäßige Entwurmung und andere präventive Behandlungen einschließen., Ernährung via Sonde oder parenteral
Prognose und Nachsorge
Die Prognose ist vorsichtig bis schlecht, mit einer MortalitätMortalität ist die Sterberate innerhalb einer Population in einem bestimmten Zeitraum. Sie wird oft verwendet, um die Schwere von Krankheiten oder die Wirksamkeit von Gesundheitsmaßnahmen zu bewerten. von bis zu 80 %. Entscheidend ist die frühe Erkennung und intensivmedizinische Stabilisierung. Hunde, die die akute Phase überleben, können eine vollständige Lungenfunktionserholung erfahren. Allerdings besteht die Gefahr von Langzeitfolgen wie pulmonaler FibroseFibrose ist die Bildung von Bindegewebe im Körper als Reaktion auf eine Verletzung oder langfristige Entzündung, was zu Vernarbungen führen kann. Bei Hunden und Katzen kann Fibrose in verschiedenen Organen wie der Lunge, der Leber oder dem Herzen auftreten und deren Funktion beeinträchtigen. oder wiederkehrender respiratorischer Komplikationen. Die Nachsorge umfasst regelmäßige klinische und bildgebende Kontrollen sowie ggf. pulmonale Rehabilitationsmaßnahmen.
Ausblick auf aktuelle Forschung
Forschungsansätze konzentrieren sich auf zelluläre und molekulare Mechanismen der alveolären Schädigung, therapeutische Modulation der Entzündung (z. B. Zytokinblocker, Interleukin-Inhibitoren), regenerationsfördernde Therapieansätze (mesenchymale Stammzellen) sowie optimierte Beatmungsstrategien. Auch antientzündliche Biomoleküle wie Surfactant-Analoga und antioxidative Therapieoptionen befinden sich in präklinischer Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
- Wie schnell entwickelt sich ARDS beim Hund?
Meist innerhalb von 6–24 Stunden nach Auslöserbeginn (z. B. SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann. oder Aspiration). - Ist ARDS heilbar?
Mit intensivmedizinischer TherapieTherapie bezieht sich auf die Behandlung von Krankheiten oder Störungen mit dem Ziel, Symptome zu lindern, Heilung zu fördern oder die Lebensqualität zu verbessern. Therapien können medikamentös, chirurgisch oder durch andere medizinische Interventionen erfolgen. ja – die Genesung dauert aber Tage bis Wochen. - Wie erkenne ich Atemnot beim Hund?
Hecheln ohne Belastung, Atemnot in Ruhe, Bauchpresse und ZyanoseZyanose bezeichnet eine bläuliche Verfärbung der Haut und Schleimhäute, verursacht durch eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Blutes. Sie kann ein Anzeichen für Herz-, Lungen- oder Blutkrankheiten sein. sind Warnzeichen. - Ist ARDS ansteckend?
Nein, aber es kann Folge einer ansteckenden Erkrankung wie Pneumonie oder SepsisSepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch eine überschießende Reaktion des Körpers auf eine Infektion charakterisiert ist, wodurch es zu einer Schädigung des eigenen Gewebes und Organversagen kommen kann. sein.
Literatur
- Boiron, L.; Hopper, K.; Borchers, A. (2019): Risk factors, characteristics, and outcomes of acute respiratory distress syndrome in dogs and cats: 54 cases. In: J Vet Emerg Crit Care (San Antonio), 29(2), S. 173–179. DOI: 10.1111/vec.12819.
- Hopper, K. (2015): Respiratory Distress: Differentiating Upper and Lower Airway Disease. In: Veterinary Clinics: Small Animal Practice, 45(6), S. 1123–1142.
- Jagodich, T. A.; Bersenas, A. M.; Bateman, S. W.; Kerr, C. L. (2020): High‑flow nasal cannula oxygen therapy in acute hypoxemic respiratory failure in 22 dogs requiring oxygen support escalation. In: Journal of Veterinary Emergency and Critical Care, 30(4), S. 364–375. DOI: 10.1111/vec.12970.
- King, L. G. (2004): Acute Respiratory Distress Syndrome in Dogs and Cats. In: Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice, 34(5), S. 1103–1121.
- Notz, Q.; Hermann, J.; Muellenbach, R. M.; Lotz, C. (2024): Pathophysiologie des akuten Lungenversagens (ARDS). In: AINS – Anästhesiologie · Intensivmedizin · Notfallmedizin · Schmerztherapie, 59(1), S. 12–22. DOI: 10.1055/a-2043-8602; PMID: 38190822.
- Zhao, Y.; Yang, Y.; Gao, J.; Huang, K.; Hu, C.; Hui, X.; He, X.; Li, C.; Gong, W.; Lv, C.; Zhang, Y.; Chen, H.; Zou, Z.; Zhang, Q.; Jin, M. (2022): A serological survey of severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 in dogs in Wuhan. In: Transboundary and Emerging Diseases, 69(2), S. 591–597. DOI: 10.1111/tbed.14024. Epub 2021 May 16.