Abszess (Eiteransammlung) bei Hunden

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Ein Abszess (Abscessus) ist eine abgekapselte Eiteransammlung im Gewebe, die durch eine Entzündungsreaktion des Körpers auf Krankheitserreger entsteht. Der Körper bildet eine Kapsel um den Infektionsherd, um eine Ausbreitung zu verhindern. Ein Empyem bezeichnet speziell eine Eiteransammlung in präformierten Körperhöhlen wie der Brusthöhle oder Gelenken.

Abszesse können oberflächlich in der Haut und Unterhaut oder tief in Organen und Geweben auftreten. Bei Haustieren sind Abszesse häufig Folge von Bissverletzungen, Fremdkörpern oder lokalen Infektionen nach Verletzungen. Bei Katzen treten Abszesse besonders häufig nach Revierkämpfen auf, während bei Hunden Fremdkörperabszesse und Analdrüsenabszesse überwiegen.

Ursachen

  • Bakterielle Infektionen
  • Eindringen von Fremdkörpern
  • Verletzungen, die eine Infektion begünstigen
  • Komplikationen bei bestehenden Erkrankungen

 

Erweiterter Inhalt zur Entstehung (Pathogenese)

  1. Bakterielle Infektionen
    • In den meisten Fällen sind Abszesse bakteriellen Ursprungs. Häufig werden Staphylococcus- und Streptococcus-Spezies oder Pasteurella bei Bissverletzungen durch Katzen gefunden.
    • E. coli sowie Pseudomonas können insbesondere bei tieferen Wunden oder nach Operationen beteiligt sein.

Zunehmend sind methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA) oder MRSP (methicillinresistenter Staphylococcus pseudintermedius) ein Thema. Solche Infektionen erschweren die Therapie, da Standardantibiotika oft nicht wirken. Neue Studien befassen sich mit der Resistenzlage dieser Keime im veterinärmedizinischen Bereich und untersuchen alternative Behandlungsmethoden (z. B. Topische Antiseptika, Phagentherapie).

  1. Verletzungen / Fremdkörper
    • Häufige Auslöser sind Bissverletzungen, Stichverletzungen oder das Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Dornen, Holzsplitter).
    • Durch die Einbringung von Bakterien in tiefe Hautschichten oder in Körperhöhlen kann sich eine lokale Infektion entwickeln und zum Abszess reifen.
  1. Abwehrreaktion des Körpers
    • Das Immunsystem versucht, die Bakterien einzukapseln, um eine Ausbreitung zu verhindern. Diese Kapselbildung ist Teil der natürlichen Abwehr, führt jedoch zur Eiteransammlung.

Symptome

Die Symptome eines Abszesses hängen von der Lokalisation, Größe und dem Stadium der Entwicklung ab:

Lokale Entzündungszeichen wie Schwellung, Rötung, Wärme und Schmerzhaftigkeit sind typisch für oberflächliche Abszesse. Eine fluktuierende (schwappende) Konsistenz ist charakteristisch für reife Abszesse mit Eiteransammlung. Tiefe Abszesse können schwieriger zu erkennen sein und manifestieren sich durch Funktionseinschränkungen des betroffenen Organs oder Gewebes.

Systemische Symptome wie Fieber, Lethargie und Inappetenz treten besonders bei großen oder multiplen Abszessen auf. Bei Ruptur eines Abszesses in eine Körperhöhle besteht die Gefahr einer Sepsis mit lebensbedrohlichen Komplikationen.

Spezifische Symptome je nach Lokalisation umfassen Lahmheit bei Abszessen an Gliedmaßen, Schluckbeschwerden bei Abszessen im Rachenbereich, und Schmerzen beim Kotabsatz bei Analdrüsenabszessen. Bei Katzen führen Bissverletzungsabszesse oft zu plötzlicher Lahmheit, Fieber und lokaler Schwellung.

Diagnose

  • Klinische Untersuchung der betroffenen Stelle
  • Ultraschall oder andere bildgebende Verfahren zur Bestimmung der Größe und Tiefe des Abszesses
  • Entnahme und Analyse von Eiter zur Identifizierung des Erregers

 

Ergänzungen zur Diagnostik

Klinische Untersuchung: Sicht- und Tastbefund: Ein lokalisierter, schmerzhafter, häufig prall-elastischer oder fluktuanter (wabbelnder) Bereich weist auf einen Abszess hin. Bei tiefer liegenden Abszessen können Schmerzen, Schwellungen oder Allgemeinsymptome, wie Fieber und Mattigkeit, Hinweise sein. Durch das Aspirieren von Eiter kann man das Sekret mikrobiologisch untersuchen (Erregernachweis, Antibiogramm). Das gibt Aufschluss über die passende Antibiotika-Wahl.

Bildgebende Verfahren:

  • Ultraschall: Bei schwer lokalisierbaren, tiefen Abszessen oder bei Organabszessen ist eine Ultraschalluntersuchung eine Möglichkeit, die Flüssigkeitsansammlung zu bestätigen und deren Ausmaß zu bestimmen. Die durch Ultraschall gesteuerte Punktion eines Abszesses und die Aspiration von Material für die mikrobiologische Diagnostik (Erregernachweis) ist eine minimalinvasive Methode, die gegebenenfalls auch zur Teilentlastung (Drainage) genutzt werden kann.
  • Röntgen: Bei dem Verdacht einer Knochenbeteiligung oder eines Fremdkörpers ist Röntgen angezeigt.
  • CT/MRT: Bei komplizierten Verläufen, z. B. im Bereich des Brust- oder Bauchraums oder im Bereich des Schädels, sollte eine CT oder eine MRT zum Einsatz kommen.

Labordiagnostik: Dabei kommen allgemeine Blutuntersuchungen wie Entzündungswerte und die Bestimmung der Leukozytenzahl sowie die Resistenztestung (Antibiogramm) auf Basis des mikrobiologischen Befundes zum Einsatz.

Therapie

  • Chirurgische Eröffnung und Drainage des Abszesses
  • Antibiotische Therapie basierend auf der Empfindlichkeit des identifizierten Erregers
  • Schmerzmanagement
  • Sorgfältige Wundpflege und -überwachung zur Vermeidung von Reinfektionen

 

Erweiterter Inhalt zur Therapie

  1. Chirurgische Versorgung: Eröffnung und Drainage: Bei oberflächlichen und großen Abszessen ist die vollständige Entleerung des Eiters essentiell. Spülung: Wundhöhle wird mehrmals täglich mit geeigneten antiseptischen Lösungen gereinigt, bis keine Eiterbildung mehr auftritt.
  2. Antibiotische Therapie: Auf Basis des Antibiogramms sollte ein zielgerichtetes Antibiotikum ausgewählt werden. Bei multiresistenten Keimen muss unter Umständen auf Reserveantibiotika oder spezielle topische Präparate zurückgegriffen werden.
  3. Wundmanagement: Verbände (hydroaktive Auflagen, Honig-Verbände) zur Förderung der Heilung. Regelmäßige Kontrolle, Verbandswechsel und Spülungen sind entscheidend, um das Risiko von Rezidiven zu verringern.
  4. Allgemeine unterstützende Maßnahmen: Schmerztherapie (Analgetika), Unterstützung des Allgemeinzustands (Flüssigkeitshaushalt, Fütterung, Schonung) und eventueller Einsatz von Immunmodulatoren, wenn das Immunsystem stark geschwächt ist.

Biosiegel und Wundmanagement: In der modernen Wundbehandlung, auch bei Abszessen, kommen vermehrt hydroaktive Wundauflagen oder Honig-Verbände (medizinischer Manuka-Honig) zum Einsatz. Studien zeigen, dass solche Methoden die Wundheilung unterstützen, das Wachstum von Bakterien hemmen und Entzündungen reduzieren können.

Bakteriophagen-Forschung: Erste Forschungsansätze in der Veterinärmedizin prüfen den Einsatz von Bakteriophagen, um antibiotikaresistente Keime zu bekämpfen. Hier werden jedoch noch weitere Studien benötigt, bevor diese Therapie routinemäßig angewandt werden kann.

Impfstrategien: Während Impfstoffe gegen Staphylokokken beim Menschen und in der Tiermedizin noch in der Testphase sind, werden immunmodulatorische Strategien erforscht, um das Infektionsrisiko bei empfindlichen Hunden zu reduzieren.

Prognose und Nachsorge

  • Die Prognose ist bei rechtzeitiger und korrekter Behandlung in der Regel gut. Komplikationen können bei verzögerter Behandlung oder bei schwer zugänglichen Abszessen auftreten.
  • Rezidive (erneutes Auftreten) können vorkommen, wenn Abszesse nicht vollständig entleert oder Erreger nicht vollständig eliminiert wurden.
  • Vorbeugende Maßnahmen sind u. a. die rasche Behandlung von Verletzungen, gründliche Wundhygiene und Kontrolle auf kleine Einstichstellen nach Spaziergängen oder Kontakten mit anderen Tieren.

Zusammenfassung

Abszesse sind häufige Erkrankungen bei Haustieren und resultieren aus lokalen Infektionen, oft nach Verletzungen oder durch Fremdkörper. Die Hauptsymptome sind lokale Entzündungszeichen und Schmerzen. Die Behandlung besteht primär aus chirurgischer Drainage und gezielter antibiotischer Therapie. Bei adäquater Behandlung ist die Prognose meist gut, wobei die Nachsorge und Prävention von Rezidiven wichtige Aspekte darstellen.

Ausblick auf aktuelle Forschung

Im Bereich der Abszessbehandlung fokussiert die aktuelle Forschung auf innovative Wundbehandlungsmethoden wie antimikrobielle Peptide und Biofilmhemmer, die eine Alternative zu konventionellen Antibiotika darstellen könnten. Die zunehmende Problematik multiresistenter Keime erfordert neue Therapieansätze, wobei lokale Behandlungsoptionen wie antimikrobielle Hydrogele vielversprechende Ergebnisse zeigen. Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik, insbesondere bei der kontrastmittelverstärkten Ultraschalluntersuchung, verbessern die Früherkennung und Charakterisierung von Abszessen in tieferen Gewebeschichten.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Wie erkenne ich einen Abszess bei meinem Hund?

Antwort: Typische Anzeichen sind eine lokale Schwellung, Rötung und Schmerzen. Oft ist die betroffene Stelle wärmer als die Umgebung. Manchmal ist auch ein gelblich-grüner Ausfluss erkennbar. Bei tieferen Abszessen zeigen Hunde häufig Fieber, Mattigkeit oder Appetitlosigkeit.

Muss ein Abszess immer operiert werden?

Antwort: Kleinere oberflächliche Abszesse können manchmal konservativ (z. B. mit Antibiotika und Kompressen) abheilen. Allerdings ist in den meisten Fällen eine chirurgische Eröffnung und Drainage nötig, um den Eiter zu entfernen und ein Ausbreiten der Infektion zu verhindern.

Kann ein Abszess von allein aufgehen?

Antwort: Ja, manchmal platzt ein Abszess spontan auf. Allerdings besteht das Risiko, dass er sich unkontrolliert nach innen öffnet oder nicht vollständig entleert. Daher ist eine tierärztliche Kontrolle ratsam, um Rezidive und Komplikationen zu vermeiden.

Welche Bakterien verursachen am häufigsten Abszesse beim Hund?

Antwort: Häufige Erreger sind Staphylococcus pseudintermedius, Streptococcus-Arten und bei Bissverletzungen oft Pasteurella multocida (insbesondere bei Katzenbissen). Resistenzprobleme durch MRSA/MRSP nehmen zu.

Braucht mein Hund immer Antibiotika?

Antwort: Bei einer bakteriellen Infektion ist eine antibiotische Therapie meist unverzichtbar. Die Auswahl des Antibiotikums erfolgt idealerweise nach einem Resistenztest (Antibiogramm), um gezielt wirksame Wirkstoffe zu verwenden und Resistenzen zu vermeiden.

Wie oft sollte ich die Wunde säubern?

Antwort: Das hängt von der Größe und Tiefe des Abszesses ab. In der Regel wird anfangs mehrfach täglich gespült (z. B. mit antiseptischen Lösungen). Der Tierarzt legt fest, wie häufig Verbandswechsel und Spülungen erforderlich sind.

Mein Hund hat immer wieder Abszesse – was kann der Grund sein?

Antwort: Wiederkehrende Abszesse können viele Ursachen haben: ein unterdrücktes Immunsystem (z. B. durch Vorerkrankungen), Fremdkörper, resistente Keime oder Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus. Eine umfassende Diagnostik (Blutuntersuchungen, Bildgebung) ist ratsam.

Können Abszesse auf andere Hunde oder Menschen übertragbar sein?

Antwort: Ein klassischer „Abszess“ an sich ist keine eigenständige Krankheit wie eine Virusinfektion. Allerdings können die Erreger im Eiter (z. B. MRSA) sehr wohl ansteckend sein. Gute Hygiene (Handschuhe tragen, Desinfektion) ist wichtig, besonders bei multiresistenten Keimen.

Wie kann ich einem Abszess bei meinem Hund vorbeugen?

Antwort: Schnelle Versorgung von Wunden (z. B. nach Bissen, Kratzern), gründliche Reinigung, ggf. Desinfektion und Wundkontrolle beugen einer Ausbreitung von Bakterien vor. Auch regelmäßige Fell- und Hautkontrolle ist sinnvoll, um kleine Verletzungen frühzeitig zu erkennen.

Wie lange dauert die Heilung eines Abszesses beim Hund?

Antwort: Das hängt von Größe, Lokalisation und möglichem Begleitgeschehen (Immunschwäche, Resistenzlage) ab. In unkomplizierten Fällen kann die Heilung nach einigen Tagen bis wenigen Wochen abgeschlossen sein. Bei großen oder komplizierten Abszessen kann es länger dauern, bis die Wunde vollständig verheilt ist.

Zusammenfassung

Ein Abszess beim Hund ist eine abgekapselte Eiteransammlung, die durch Infektionserreger (häufig Bakterien), Verletzungen oder Fremdkörper hervorgerufen wird. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse beschäftigen sich vorwiegend mit der Resistenzproblematik (MRSA/MRSP), schonenderen Diagnose- und Behandlungsmethoden (z. B. ultraschallgestützte Drainage) sowie innovativen Ansätzen wie Bakteriophagen-Therapie.
Ein frühzeitiges Erkennen und konsequentes Behandeln (Drainage, Antibiotika, Wundpflege) sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. Online-Symptom-Checker – wie sie unter petsvetcheck.de zu finden sind – können erste Einschätzungen bieten, ersetzen jedoch nicht die fundierte tierärztliche Untersuchung. Mit einer angemessenen Therapie ist die Prognose in den meisten Fällen gut.

Literatur

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