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Tenside, auch als Detergenzien oder Surfactants bezeichnet, sind oberflächenaktive Substanzen, die in zahlreichen Haushalts- und Reinigungsprodukten enthalten sind. Diese chemischen Verbindungen haben die Fähigkeit, die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten herabzusetzen und dadurch Schmutz und Fett zu lösen. In der Tiermedizin stellen Tensidvergiftungen ein relevantes toxikologisches Problem dar, da Haustiere wie Hunde und Katzen regelmäßig mit diesen Substanzen in Kontakt kommen können. Die toxikologische Relevanz von Tensiden variiert stark je nach chemischer Struktur und Konzentration. Besonders kationische Tenside wie Benzalkoniumchlorid und Cetrimoniumbromid, die in Weichspülern, Desinfektionsmitteln und einigen Reinigungsmitteln vorkommen, weisen eine hohe Toxizität für Kleintiere auf. Anionische und nichtionische Tenside, die in den meisten Haushaltsreinigern enthalten sind, besitzen zwar eine geringere akute Toxizität, können aber bei entsprechender Exposition ebenfalls zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.

Ursachen, Entstehung und Verlauf

Die Exposition gegenüber Tensiden erfolgt bei Haustieren auf verschiedenen Wegen. Am häufigsten kommt es zur oralen Aufnahme durch direktes Lecken oder Trinken von tensidhaltigem Putz- oder Spülwasser sowie durch das Ablecken von frisch gereinigten Oberflächen oder des eigenen Fells nach Kontakt mit Reinigungsmitteln. Besonders gefährdet sind neugierige Jungtiere, die ungesicherte Reinigungsmittel erkunden. Auch die dermale Exposition spielt eine wichtige Rolle, wenn Tiere über gereinigte Flächen laufen und anschließend ihre Pfoten ablecken oder wenn Reinigungsmittel direkt auf das Fell gelangen. Ein weiterer relevanter Expositionsweg ist die Inhalation von Aerosolen oder Dämpfen tensidhaltige Produkte, insbesondere bei Sprühreinigern oder Dampfreinigern.

Die Toxizität variiert je nach Tensidtyp erheblich: Kationische Tenside (wie Benzalkoniumchlorid) sind hochgradig ätzend und verursachen schwere lokale Gewebeschäden. Anionische Tenside (wie Natriumlaurylsulfat) wirken weniger ätzend, können aber bei höheren Konzentrationen ebenfalls Schleimhautreizungen hervorrufen. Nichtionische Tenside gelten als am wenigsten toxisch, können jedoch in höheren Konzentrationen ebenfalls problematisch sein. Besonders gefährdet sind Tiere mit vorbestehenden Erkrankungen der Atemwege oder Nieren sowie sehr junge oder alte Tiere mit eingeschränkter metabolischer Kapazität.

Wirkungsmechanismus

Sie wirken für Hunde und Katzen hochgradig toxisch.
Bei Hautkontakt kann es bei speziellen (kationischen) Tensiden zu Hautreizungen bis zu Verbrennungssymptomen kommen. Anionische und nichtionische Tenside sind die in den meisten Produkten enthaltenen Tenside. Dennoch sind sie toxikologisch relevant.
Bei oraler Aufnahme entstehen lokale Reizungen bis zu Geschwüren, zentralnervöse Störungen und eine akute Niereninsuffizienz.
Tenside werden vorrangig nicht absorbiert, sondern führen zur Schaumbildung.
Aus der Schaumbildung ergibt sich die Gefahr der Aspiration (Einatmen in die Lunge).

Ergänzung

Für Hunde und Katzen stellen insbesondere konzentrierte oder versehentlich verschluckte Produkte ein gesundheitliches Risiko dar. Je nach chemischer Klassifikation der Tenside unterscheiden sich Toxizität und Wirkmechanismus.


1. Klassifikation der Tenside und toxikologisch relevante Gruppen

Tensidgruppe Typische Anwendungen Toxizität
Anionische Tenside Spülmittel, Waschmittel, Duschgel mäßig reizend, Schleimhautschädigung
Kationische Tenside Weichspüler, Desinfektionsmittel (z. B. QAVs) stark toxisch, neurotoxisch
Nichtionische Tenside Haushaltsreiniger, kosmetische Produkte gering reizend, in hohen Dosen toxisch
Amphotere Tenside Babyshampoos, milde Kosmetikprodukte gering reizend, selten toxisch

2. Allgemeiner toxischer Wirkmechanismus

a) Zellmembranschädigung durch Detergenzwirkung

Tenside setzen die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten herab und lagern sich in biologischen Membranen ein. Dies führt zu:

  • Störung der Lipid-Doppelschicht von Zellmembranen

  • Erhöhte Membranpermeabilität oder vollständige Lyse

  • Besonders betroffen: Schleimhautzellen von Maul, Speiseröhre, Magen, Haut und Konjunktiven

Folge:
→ Schleimhauterosionen, Ulzera, Schmerzen, Hypersalivation, Entzündungsreaktionen

b) Gastrointestinale Reizung

  • Tenside reizen mechanisch und chemisch die Magen-Darm-Schleimhaut

  • Es kommt zur Schaumbildung im Magen, was das Risiko einer Aspiration bei Erbrechen erhöht

  • Zusätzlich entstehen entzündliche Reaktionen, Durchfall, Krämpfe

c) Hämolyse bei hohen Dosen

Einige Tenside (insbesondere kationische) können:

  • Erythrozytenmembranen destabilisieren → Hämolyse

  • Sekundär: Hämoglobinurie, Nierenschädigung


3. Spezifische Wirkmechanismen nach Tensidgruppe

Anionische Tenside (z. B. Natriumlaurylsulfat)

  • Membranreizend, schaumfördernd

  • In hohen Dosen → Reizung von Oropharynx, Speiseröhre, Magen

  • Gastrointestinale Symptome dominieren: Erbrechen, Speichelfluss, Durchfall

Kationische Tenside (z. B. Benzalkoniumchlorid, Desinfektionsmittel)

  • Besonders zelltoxisch und reizend

  • Stark ätzend auf Schleimhäute

  • ZNS-Wirkung bei oraler Aufnahme möglich:

    • Tremor, Muskelzuckungen, Krämpfe

    • Hypersalivation, Atemnot

  • Toxisch bereits bei kleinen Mengen (v. a. bei Katzen)

Nichtionische Tenside (z. B. Alkoholethoxylate)

  • Geringere Reizwirkung

  • In großen Mengen:

    • Erbrechen, Schleimhautreizung, Lethargie

    • Bei Aspiration: chemische Pneumonitis

Amphotere Tenside (z. B. Betain-Derivate)

  • Sehr milde Tenside, selten toxisch

  • Nur bei extrem hoher Exposition relevant


4. Speziesunterschiede

Hund:

  • Nimmt Reinigungsmittel häufig oral auf, z. B. durch Lecken verschütteter Flüssigkeiten, Reinigerwasser oder Putzlappen

  • Symptomatik dominiert durch Erbrechen, Schaum, gastrointestinale Reizungen

Katze:

  • Besonders empfindlich gegenüber kationischen Tensiden

  • Gefahr besteht v. a. durch:

    • Lecken von kontaminierten Pfoten

    • Kontakt mit frisch gereinigten Oberflächen

    • Geringe Fähigkeit zur Glukuronidierung → verlängerte Halbwertszeit toxischer Substanzen

  • Schwere orale Verätzungen und ZNS-Symptome möglich


5. Zusammenfassung der toxischen Wirkprinzipien

Tensidgruppe Zielstruktur Wirkmechanismus Folge
Anionische Tenside Schleimhaut, Magen Membranschädigung, Reizung Speichelfluss, Erbrechen, gastrointestinale Störungen
Kationische Tenside Schleimhaut, ZNS Membranlyse, Neurotoxizität, Enzymhemmung Ulzerationen, Krämpfe, Atemnot
Nichtionische Tenside Magen-Darm-Trakt, Lunge Schaumbildung, Reizung Erbrechen, Durchfall, Gefahr chemischer Pneumonitis
Amphotere Tenside Schleimhaut (selten) schwach reizend milde Symptome bei sehr hoher Aufnahme

Fazit

Tenside wirken bei Hunden und Katzen durch direkte Zerstörung biologischer Membranen, vor allem an Schleimhäuten des Verdauungstrakts, bei kationischen Tensiden auch am ZNS und den Atemwegen. Besonders kationische Tenside (z. B. in Desinfektionsmitteln) sind hochtoxisch, insbesondere für Katzen, und können bereits in kleinen Mengen zu schweren Vergiftungen führen. Eine orale Aufnahme, Inhalation oder Fellkontamination stellt eine potenzielle Gefahr dar, insbesondere wenn Tiere Reinigungsrückstände auflecken.

Symptome einer Intoxikation

Die Symptome im Magen-Darm-Trakt sind

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bauchkrämpfen
  • Durchfall

Die Symptome in den Lungen sind:

  • Entwicklung von Atelektasen (Belüftung von Abschnitten der Lunge ist nicht mehr möglich)
  • Aspiration (Eindringen in die Lunge) von Schaum
  • Entwicklung eines toxischen Lungenödems

Die klinischen Anzeichen einer Tensidvergiftung bei Hunden und Katzen variieren je nach Expositionsweg, Tensidtyp, aufgenommener Menge und individueller Empfindlichkeit des Tieres. Bei oraler Aufnahme treten typischerweise gastrointestinale Symptome in den Vordergrund. Dazu gehören vermehrter Speichelfluss, Übelkeit, Erbrechen (teilweise mit Blutbeimengungen), Bauchschmerzen und Durchfall. Diese Symptome resultieren aus der direkten Reizwirkung der Tenside auf die Schleimhäute des Verdauungstrakts, die zu Entzündungen bis hin zu Verätzungen und Ulzerationen führen können.

Bei Hautkontakt mit konzentrierten Tensidlösungen, insbesondere kationischen Tensiden, können Hautirritationen, Rötungen, Schwellungen und in schweren Fällen chemische Verbrennungen auftreten. Werden tensidhaltige Produkte eingeatmet oder aspiriert, können Atemwegssymptome wie Husten, Niesen, verstärkte Atemgeräusche, Atemnot und die Entwicklung eines toxischen Lungenödems beobachtet werden. Eine besondere Gefahr stellt die Schaumbildung in den Atemwegen dar, die zu Atelektasen (Kollaps von Lungenabschnitten) und schwerer respiratorischer Insuffizienz führen kann.

Bei schweren Vergiftungen können systemische Symptome auftreten, darunter Lethargie, Schwäche, Zittern, Krampfanfälle und Bewusstseinstrübungen. In besonders schweren Fällen kann es zu Nierenschäden mit verminderter Urinproduktion, Herzrhythmusstörungen und Kreislaufversagen kommen, die unbehandelt zum Tod führen können.

Diagnose

Die Diagnose einer Tensidvergiftung basiert primär auf der Anamnese und dem klinischen Erscheinungsbild. Entscheidend ist die Information über einen möglichen Kontakt mit Reinigungsmitteln oder anderen tensidhaltige Produkten. Die klinische Untersuchung umfasst die Beurteilung der Vitalparameter, die Inspektion der Maul- und Rachenschleimhaut auf Anzeichen von Verätzungen sowie die Auskultation der Lunge zur Erkennung respiratorischer Komplikationen.

Laboruntersuchungen können unterstützend eingesetzt werden, sind jedoch nicht spezifisch für Tensidvergiftungen. Ein Blutbild kann Hinweise auf Entzündungsreaktionen oder Dehydratation geben. Die Blutchemie dient der Beurteilung der Nieren- und Leberfunktion, da diese Organe bei schweren Vergiftungen in Mitleidenschaft gezogen werden können. Blutgasanalysen helfen bei der Beurteilung des Säure-Basen-Haushalts und der Sauerstoffversorgung, besonders bei Tieren mit respiratorischen Symptomen.

Bei Verdacht auf Aspiration oder Entwicklung eines Lungenödems sind bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen des Thorax indiziert. Diese können Verschattungen, interstitielle Muster oder alveolare Infiltrate zeigen. In unklaren Fällen kann eine Endoskopie des oberen Verdauungstrakts erwogen werden, um das Ausmaß möglicher Schleimhautschäden zu beurteilen. Die Differentialdiagnose umfasst andere Ätz- und Reizstoffvergiftungen, Fremdkörperaspiration sowie primäre gastrointestinale oder respiratorische Erkrankungen.

Therapeutische Prinzipien

Im Sinne eines Antidots können Entschäumer wie Dimeticon und Sab Simplex eingesetzt werden. Gleichzeitig ist die Gabe von Wasser als eine der Erstmaßnahmen angezeigt.
Im Vordergrund steht die Dekontamination. Sie betrifft zunächst Augen, Haut und Fell durch lang anhaltendes Spülen mit lauwarmem Wasser.
Erbrechen darf nicht ausgelöst werden.
Die Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Vitalfunktionen sind zentrale Aufgaben der sich anschließenden symptomatischen Therapie.
Teilweise sind eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr oder Anreicherung der Atemluft mit Sauerstoff notwendig.

Ergänzungen

Die Behandlung einer Tensidvergiftung folgt den allgemeinen Prinzipien der Toxikologie und richtet sich nach der Schwere der Symptome. Als Sofortmaßnahme steht die Dekontamination im Vordergrund. Bei Hautkontakt sollte das Fell gründlich mit lauwarmem Wasser gespült werden, um Tensidreste zu entfernen. Bei oraler Aufnahme ist das Auslösen von Erbrechen kontraindiziert, da dies die Gefahr einer Aspiration erhöht und zu einer erneuten Exposition der Schleimhäute mit dem ätzenden Tensid führen würde.

Die Gabe von Wasser oder Milch kann helfen, das Tensid zu verdünnen und die Schleimhautreizung zu reduzieren. Als spezifisches Antidot können Entschäumer wie Dimeticon oder Simethicon (z.B. Sab Simplex) eingesetzt werden, die die Schaumbildung reduzieren und somit das Aspirationsrisiko verringern. Die Verabreichung von Aktivkohle ist bei Tensidvergiftungen von begrenztem Nutzen, da Tenside nicht effektiv an Aktivkohle binden.

Die symptomatische Therapie umfasst die Stabilisierung der Vitalfunktionen, Flüssigkeitstherapie zum Ausgleich von Verlusten durch Erbrechen und Durchfall sowie die Gabe von Schleimhautprotektiva wie Sucralfat bei Verätzungen im Verdauungstrakt. Bei respiratorischen Symptomen kann eine Sauerstoffsupplementierung erforderlich sein. In schweren Fällen mit Lungenödem oder Aspirationspneumonie können Bronchodilatatoren, Diuretika und Antibiotika indiziert sein. Die Schmerztherapie erfolgt mit geeigneten Analgetika, wobei auf nephrotoxische Substanzen verzichtet werden sollte.

Prognose

Die Prognose bei Tensidvergiftungen hängt maßgeblich vom Tensidtyp, der aufgenommenen Menge, dem Zeitpunkt des Therapiebeginns und dem Vorliegen von Komplikationen ab. Bei frühzeitiger Erkennung und adäquater Behandlung ist die Prognose für milde bis moderate Vergiftungen in der Regel gut. Tiere mit ausschließlich gastrointestinalen Symptomen erholen sich meist innerhalb weniger Tage vollständig.

Ungünstiger gestaltet sich die Prognose bei Vorliegen schwerer Komplikationen wie Aspirationspneumonie, toxischem Lungenödem oder akutem Nierenversagen. Diese Fälle erfordern eine intensivmedizinische Betreuung und können trotz optimaler Therapie einen fatalen Verlauf nehmen. Besonders kritisch sind Vergiftungen mit hochkonzentrierten kationischen Tensiden zu bewerten, die tiefgreifende Gewebeschäden verursachen können.

Die Nachsorge umfasst regelmäßige klinische Kontrollen sowie labordiagnostische Untersuchungen zur Überwachung der Organfunktionen, insbesondere der Nieren und Leber. Bei Tieren mit Schleimhautverätzungen kann eine schonende Ernährung über mehrere Tage bis Wochen erforderlich sein. Tiere mit respiratorischen Komplikationen benötigen häufig eine längerfristige antibiotische Therapie und atemunterstützende Maßnahmen. Zur Prävention weiterer Vorfälle sollte eine ausführliche Beratung der Tierhalter hinsichtlich der sicheren Aufbewahrung von Reinigungsmitteln und der Verwendung tierfreundlicherer Alternativen erfolgen.

Zusammenfassung

Tensidvergiftungen stellen eine häufige toxikologische Notfallsituation in der Kleintierpraxis dar. Die in Haushaltsreinigern enthaltenen oberflächenaktiven Substanzen können bei Hunden und Katzen zu schwerwiegenden lokalen und systemischen Schäden führen. Besonders kationische Tenside weisen eine hohe Toxizität auf und können bereits in geringen Mengen lebensbedrohliche Komplikationen verursachen. Die klinischen Symptome umfassen primär Reizungen und Verätzungen des Verdauungstrakts sowie respiratorische Probleme durch Aspiration und Schaumbildung in den Atemwegen.

Die Diagnose basiert hauptsächlich auf der Anamnese und dem klinischen Bild, wobei labordiagnostische und bildgebende Verfahren zur Beurteilung von Komplikationen herangezogen werden können. Die Therapie folgt den Prinzipien der Dekontamination, der Gabe von Entschäumern als spezifisches Antidot sowie der symptomatischen Behandlung von Schleimhautschäden und Organfunktionsstörungen. Die Prognose ist bei frühzeitiger Intervention günstig, kann sich jedoch bei schweren Komplikationen deutlich verschlechtern.

Präventive Maßnahmen wie die sichere Aufbewahrung von Reinigungsmitteln, die Verwendung tierfreundlicher Alternativen und das gründliche Nachspülen gereinigter Flächen sind entscheidend, um das Risiko von Tensidvergiftungen zu minimieren. Tierhalter sollten über die Gefahren von Haushaltschemikalien aufgeklärt und für die frühen Anzeichen einer Vergiftung sensibilisiert werden.

Ausblick auf Forschung

Die aktuelle Forschung im Bereich der Tensidtoxikologie bei Kleintieren konzentriert sich auf mehrere vielversprechende Ansätze. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung verbesserter Antidota, die spezifisch auf verschiedene Tensidklassen abzielen. Neuere Untersuchungen befassen sich mit modifizierten Cyclodextrinen, die Tenside einkapseln und deren Bioverfügbarkeit reduzieren können. Diese Substanzen könnten in Zukunft als effektivere Alternative zu herkömmlichen Entschäumern eingesetzt werden.

Ein weiterer Forschungsbereich betrifft die Entwicklung sensitiverer und spezifischerer diagnostischer Methoden. Moderne massenspektrometrische Verfahren ermöglichen den direkten Nachweis von Tensiden und ihren Metaboliten in biologischen Proben, was die Diagnosestellung erleichtern und die Therapieentscheidung verbessern könnte. Zudem werden biomarkerbasierte Ansätze erforscht, um frühzeitig Organschäden zu erkennen und den Therapieerfolg zu überwachen.

Auch im Bereich der Therapie gibt es innovative Ansätze. Lipidbasierte Formulierungen, ähnlich denen, die bei Lokalanästhetika-Vergiftungen eingesetzt werden, zeigen in experimentellen Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Bindung lipophiler Tenside. Darüber hinaus werden regenerative Therapieansätze wie der Einsatz von Stammzellen zur Beschleunigung der Heilung von Schleimhautschäden untersucht.

Die Präventionsforschung konzentriert sich auf die Entwicklung weniger toxischer Tenside für Haushaltsprodukte sowie auf verbesserte Sicherheitskonzepte und Verpackungen, die für Haustiere unzugänglich sind. Diese Fortschritte könnten in Zukunft dazu beitragen, die Inzidenz und Schwere von Tensidvergiftungen bei Haustieren zu reduzieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Welche Haushaltsprodukte enthalten besonders gefährliche Tenside für meine Haustiere?
    Besonders problematisch sind Produkte mit kationischen Tensiden wie Weichspüler, Desinfektionsmittel und konzentrierte Badreiniger. Auch Geschirrspülmittel, Waschmittel und Allzweckreiniger können gefährliche Tenside enthalten, wobei die Konzentration und Formulierung entscheidend für das Gefährdungspotenzial sind.
  2. Wie schnell treten Symptome nach einer Tensidvergiftung auf?
    Die ersten Symptome können bereits innerhalb von Minuten nach der Exposition auftreten, insbesondere Reizerscheinungen wie vermehrter Speichelfluss oder Erbrechen. Die vollständige Symptomatik entwickelt sich meist innerhalb der ersten 24 Stunden, wobei Komplikationen wie Aspirationspneumonie auch verzögert auftreten können.
  3. Ist es sinnvoll, meinem Tier nach Kontakt mit Tensiden Milch zu geben?
    Die Gabe kleiner Mengen Milch kann bei oraler Aufnahme von Tensiden hilfreich sein, um diese zu verdünnen und die Schleimhautreizung zu reduzieren. Sie ersetzt jedoch nicht die tierärztliche Behandlung und sollte nur als Erstmaßnahme vor dem Transport zum Tierarzt erfolgen.
  4. Kann ich bei meinem Tier Erbrechen auslösen, wenn es Reinigungsmittel aufgenommen hat?
    Nein, bei Verdacht auf Tensidvergiftung sollte kein Erbrechen ausgelöst werden. Dies könnte zu einer erneuten Exposition der Schleimhäute mit dem ätzenden Tensid führen und das Risiko einer Aspiration erhöhen. Kontaktieren Sie stattdessen umgehend Ihren Tierarzt.
  5. Wie lange müssen Tiere nach einer Tensidvergiftung tierärztlich überwacht werden?
    Die Überwachungsdauer hängt von der Schwere der Vergiftung ab. Bei milden Fällen ohne Komplikationen reichen oft 24-48 Stunden. Bei schweren Vergiftungen mit Organschäden oder respiratorischen Komplikationen kann eine mehrtägige intensivmedizinische Betreuung erforderlich sein.
  6. Gibt es besondere Risikofaktoren, die eine Tensidvergiftung verschlimmern können?
    Ja, zu den Risikofaktoren zählen sehr junges oder hohes Alter, vorbestehende Erkrankungen der Nieren oder Atemwege, kleine Körpergröße und verzögerter Therapiebeginn. Auch bestimmte Rassen mit anatomischen Besonderheiten des Atemtrakts können anfälliger für Komplikationen sein.
  7. Wie kann ich mein Zuhause sicherer für meine Haustiere gestalten, um Tensidvergiftungen zu vermeiden?
    Bewahren Sie alle Reinigungsmittel in verschlossenen Schränken auf, verwenden Sie nach Möglichkeit tierfreundlichere Alternativen, spülen Sie gereinigte Flächen gründlich nach und halten Sie Ihre Tiere während und unmittelbar nach Reinigungsarbeiten von den betroffenen Bereichen fern.
  8. Können Tensidvergiftungen Langzeitschäden bei meinem Haustier verursachen?
    Ja, schwere Tensidvergiftungen können zu dauerhaften Schäden führen, insbesondere an Lunge, Nieren und Verdauungstrakt. Narbige Veränderungen der Schleimhäute, chronische Niereninsuffizienz oder rezidivierende Atemwegsprobleme können als Langzeitfolgen auftreten.
  9. Welche Alternativen zu herkömmlichen Reinigungsmitteln sind für Haushalte mit Haustieren empfehlenswert?
    Empfehlenswert sind Produkte auf Basis von Essig, Zitronensäure oder Natron sowie spezielle als „pet-safe“ gekennzeichnete Reinigungsmittel. Achten Sie jedoch darauf, dass auch natürliche Alternativen in konzentrierter Form problematisch sein können.

Wie erkenne ich, ob mein Tier eine Aspirationspneumonie als Folge einer Tensidvergiftung entwickelt hat?
Anzeichen einer Aspirationspneumonie sind zunehmende Atembeschwerden, Husten, erhöhte Körpertemperatur, Appetitlosigkeit und Lethargie, die typischerweise 24–72 Stunden nach der initialen Vergiftung auftreten. Bei diesen Symptomen ist umgehend tierärztliche Hilfe erforderlich.

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