Inhalt

Ibuprofen und Diclofenac gehören zur Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID), die in der Humanmedizin häufig als Schmerzmittel eingesetzt werden. Diese Substanzen wirken entzündungshemmend (antiphlogistisch), schmerzlindernd (analgetisch) und fiebersenkend (antipyretisch). Während sie für Menschen bei korrekter Dosierung relativ sicher sind, können sie bei Hunden und Katzen bereits in geringen Dosen schwerwiegende Vergiftungserscheinungen hervorrufen.

Der Hauptwirkungsmechanismus dieser Substanzen beruht auf der Hemmung der Cyclooxygenase (COX), einem Enzym, das für die Bildung von Prostaglandinen verantwortlich ist. Prostaglandine spielen eine wichtige Rolle bei Entzündungsprozessen, aber auch beim Schutz der Magenschleimhaut und bei der Aufrechterhaltung der Nierenfunktion. Die Hemmung der Prostaglandinsynthese erklärt sowohl die therapeutischen als auch die toxischen Wirkungen dieser Medikamente.

Bei Hunden und Katzen ist die Verstoffwechselung dieser Substanzen deutlich langsamer als beim Menschen, was zu einer längeren Verweildauer im Körper und damit zu einer erhöhten Toxizität führt. Zusätzlich reagieren die Organsysteme von Hunden und insbesondere von Katzen empfindlicher auf die Wirkungen dieser Medikamente.

Ursachen, Entstehung und Verlauf

Ibuprofen und Diclofenac zählen zu den nichtsteroidalen (nicht auf Glukokortikoidwirkung beruhend) Entzündungshemmern.
Nichtsteroidale Entzündungshemmer werden gekürzt als NSAIR (Non Steroidal Anti Inflammatory Drug) bezeichnet.
NSAIR hemmen die Synthese von Prostaglandinen, die für das Entzündungsgeschehen im Körper von wesentlicher Bedeutung sind.
Prostaglandine haben außerdem Einfluss auf die Schmerzweiterleitung und Schmerzwahrnehmung.
Auf diese Weise wirken sie entzündungshemmend (antiphlogistisch), schmerzlindernd (analgetisch) und fiebersenkend (antipyretisch).

Ergänzung

Die häufigste Ursache für Vergiftungen mit Ibuprofen oder Diclofenac bei Haustieren ist die unsachgemäße Verabreichung durch den Tierhalter. Oft werden menschliche Schmerzmittel in der Annahme verabreicht, dass sie für Tiere ebenso sicher seien wie für Menschen. Diese Selbstmedikation kann fatale Folgen haben.

Weitere Ursachen sind:

  • Versehentliche Aufnahme von unbeaufsichtigt herumliegenden Medikamenten
  • Zugang zu nicht sicher verschlossenen Medikamentenschränken
  • Fehlende Aufklärung über die Risiken humanmedizinischer Schmerzmittel bei Tieren
  • Verwechslung mit tiermedizinisch zugelassenen NSAIDs

Die toxische Dosis für Hunde liegt bei Ibuprofen bereits bei 8 mg/kg Körpergewicht pro Tag, was bei einem 10 kg schweren Hund nur einem Viertel einer üblichen 400 mg Tablette für Menschen entspricht. Bei Katzen führt bereits eine einmalige Gabe von 50 mg/kg Körpergewicht zu Vergiftungssymptomen. Bei vorbestehenden Erkrankungen, insbesondere Niereninsuffizienz, kann die toxische Schwelle noch niedriger liegen.

Diclofenac weist ein ähnliches Toxizitätsprofil auf und kann bereits in geringen Dosen schwerwiegende Schäden verursachen. Besonders gefährdet sind Jungtiere, ältere Tiere und Tiere mit vorbestehenden Nieren- oder Lebererkrankungen.

Wirkungsmechanismus

Die toxische Wirkung von NSAIR wurde schon beim Aspirin beschrieben. Sie beruht in erster Linie lokal und systemisch (den gesamten Körper betreffend) auf dem Abfall der Prostaglandinsynthese.
Sie ist gekennzeichnet durch:

  • Reizung der Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt
  • Verlust der Schutzwirkung am Magen-Darm-Trakt (erhöhte Säureproduktion und reduzierte Schleimbildung bei Prostaglandinabfall)
  • Blutungen im Magen-Darm-Trakt infolge der direkten Schädigung und infolge der Hemmung der Blutgerinnung
  • Entwicklung einer metabolischen Azidose
  • Nierenschädigung infolge einer Abnahme deren Durchblutung

Ergänzungen

Sowohl Ibuprofen als auch Diclofenac entfalten ihre Wirkung über die Hemmung der Cyclooxygenase (COX) – ein zentrales Enzym in der Prostaglandinsynthese. Beim Tier führen diese Substanzen jedoch aufgrund ihrer geringen therapeutischen Breite, langsamen Metabolisierung und hohen Empfindlichkeit schnell zu toxischen Effekten, insbesondere im Magen-Darm-Trakt, in den Nieren und im zentralen Nervensystem.

1. Pharmakologischer Hintergrund – COX-Hemmung

a) COX-1 und COX-2

Die Cyclooxygenase (COX) existiert in zwei Hauptformen:

  • COX-1: konstitutiv exprimiert, verantwortlich für „haushaltende“ Prostaglandine, z. B. Schleimhautprotektion, renale Perfusion, Thrombozytenaggregation
  • COX-2: induzierbar bei Entzündungen → vermittelt Schmerz, Fieber, Entzündungsreaktionen

NSAIDs wie Ibuprofen und Diclofenac hemmen beide Isoformen, insbesondere bei Überdosierung. Die unerwünschten Wirkungen bei Tieren ergeben sich vor allem durch die Hemmung von COX-1 und damit durch das Fehlen schützender Prostaglandine in Magen, Niere und ZNS.

2. Wirkmechanismus von Ibuprofen bei Hund und Katze

a) Magen-Darm-Trakt

  • Prostaglandine schützen die Magenschleimhaut durch Stimulation der Schleim- und Bikarbonatsekretion sowie Regulation der Durchblutung.
  • Durch COX-Hemmung entsteht ein Ungleichgewicht: vermehrte Magensäure, verminderter Schleimschutz → Gastritis, Ulzera, Blutungen.
  • Besonders empfindlich sind Katzen, da ihnen wichtige Glukuronidierungsmechanismen fehlen → verzögerte Metabolisierung.

b) Nieren

  • Prostaglandine regulieren die Nierendurchblutung, vorwiegend unter Stress (z. B. Dehydratation).
  • COX-Hemmung führt zu einer renalen Vasokonstriktion, wodurch die Nierendurchblutung und glomeruläre Filtrationsrate (GFR) sinken → akutes Nierenversagen, besonders bei prädisponierten Tieren (ältere, dehydrierte Tiere, Herzpatienten).

c) Zentrales Nervensystem

  • In hohen Dosen kann Ibuprofen das ZNS direkt beeinflussen: Krämpfe, Ataxie, Lethargie.
  • Mögliche Ursache: Störung von Neurotransmitter-Bilanzen oder sekundäre Effekte durch metabolische Azidose.

3. Wirkmechanismus von Diclofenac bei Hund und Katze

Diclofenac ist ähnlich toxisch, aber noch potenter in seiner COX-Hemmung und führt bereits in niedrigen Dosen zu schweren Symptomen.

a) Magen-Darm-Schädigung

  • Sehr aggressive Ulzeration durch starke Hemmung der protektiven Prostaglandine.
  • Hämorrhagische Gastroenteritis ist typisch: blutiges Erbrechen, Teerstuhl, abdominale Schmerzen.

b) Nephrotoxizität

  • Ausgeprägte Nierenfunktionsstörung durch Abnahme der GFR → Anstieg von Harnstoff, Kreatinin, Elektrolytstörungen (v. a. Hyperkaliämie), Azidose.
  • Schon Einzeldosen können bei Tieren mit eingeschränkter Nierenreserve (ältere Tiere, Vorerkrankungen) akutes Nierenversagen auslösen.

c) ZNS-Wirkung

  • Hohe Diclofenac-Spiegel können zu Bewusstseinsstörungen, Krampfanfällen und Koordinationsverlust führen.
  • In Kombination mit metabolischen Entgleisungen (Azidose, Elektrolytstörungen) kann dies rasch lebensbedrohlich werden.

4. Speziesbesonderheiten

Hund:

  • Toxische Dosis für Ibuprofen: ab ca. 25 mg/kg → erste Symptome, ab 100 mg/kg → potenziell tödlich.
  • Diclofenac ist ab 5–10 mg/kg bereits kritisch.
  • Häufige Symptome: Erbrechen, Appetitverlust, Lethargie, Durchfall, evtl. ZNS-Störungen und Kreislaufprobleme.

Katze:

  • Sehr geringe Toleranz, da Katzen NSAIDs kaum entgiften können (fehlende UDP-Glukuronosyltransferase).
  • Toxische Dosis für Ibuprofen: bereits ab 5–10 mg/kg möglich!
  • Diclofenac in jeglicher Menge potenziell tödlich.
  • Symptome setzen oft verzögert, aber dann heftig ein: Hypersalivation, Inappetenz, Erbrechen, Hämatemesis, Apathie, Nierenversagen.

5. Zusammenfassung der Wirkmechanismen

Organsystem Wirkmechanismus durch Ibuprofen/Diclofenac Folgen
Magen-Darm-Trakt COX-1-Hemmung → ↓ Schleim, ↑ Säuresekretion → Schleimhautschädigung Ulzera, Hämorrhagie, Perforation, Schmerzen
Niere COX-Hemmung → ↓ Prostaglandine → Vasokonstriktion der Nierengefäße Akutes Nierenversagen, Oligurie, Azotämie
Zentrales Nervensystem indirekte metabolische Wirkungen, bei Überdosierung auch direkte Beeinflussung Krämpfe, Ataxie, Koma
Blutbild In sehr hohen Dosen: potenziell hämolytische Anämie oder Thrombozytopenie Blasse Schleimhäute, Petechien, Schwäche

Fazit:

Ibuprofen und Diclofenac gehören zu den häufigsten Haushaltsgiften für Hunde und Katzen. Sie führen über eine nichtselektive Hemmung der Cyclooxygenase zur Unterdrückung lebenswichtiger Prostaglandine. Die Folge ist eine Multisystemvergiftung mit Fokus auf Magen-Darm-Trakt, Niere und ZNS. Besonders Katzen sind extrem empfindlich, da sie diese Substanzen kaum verstoffwechseln können. Jede Aufnahme gilt als potenziell toxisch und erfordert eine sofortige tierärztliche Behandlung.

Symptome einer Intoxikation

Für Hunde und Katzen sind Ibuprofen und Diclofenac schon in geringer Dosierung toxisch.
Sie dürfen bei Hunden und Katzen nicht angewendet werden!
Beim Hund führen bereits 8 mg/kg/Tag und bei der Katze eine einmalige Gabe von 50 mg/kg Körpermasse zu Vergiftungssymptomen.
Symptome einer Intoxikation mit Ibuprofen oder Diclofenac sind zunächst allgemeiner Natur wie:

  • Bewusstseinstrübung
  • Benommenheit
  • Unruhe

Danach stehen Symptome des Magen-Darm-Trakts im Vordergrund. Diese sind:

  • Bauchschmerzen
  • Speicheln
  • Erbrechen, teils blutig
  • Durchfall, teils blutig
  • Magengeschwüre

Im weiteren Verlauf kommt es zu zunehmenden Entgleisungen im inneren Milieu, Beeinträchtigung vitaler Funktionen und zu neurologischen Symptomen.

  • flache Atmung
  • Apathie bis Seitenlage
  • Hyperthermie
  • Stoffwechselübersäuerung
  • Krampfanfälle
  • Koma.

Ergänzungen

Die Symptome einer Vergiftung mit Ibuprofen oder Diclofenac entwickeln sich typischerweise innerhalb von 2–6 Stunden nach der Aufnahme und können in verschiedene Phasen eingeteilt werden.

In der Frühphase treten zunächst allgemeine Symptome auf:

  • Teilnahmslosigkeit und Mattigkeit
  • Bewusstseinstrübung
  • Unruhe oder Benommenheit
  • Appetitlosigkeit

Mit fortschreitender Vergiftung dominieren Symptome des Magen-Darm-Trakts:

  • Vermehrter Speichelfluss
  • Bauchschmerzen (erkennbar an einer angespannten Bauchdecke oder Schmerzäußerungen bei Berührung)
  • Erbrechen, das mit fortschreitender Vergiftung blutig werden kann
  • Durchfall, der ebenfalls blutig werden kann
  • Dunkler, teerartiger Kot (Meläna) als Zeichen für Blutungen im oberen Magen-Darm-Trakt

In schweren Fällen oder bei fortgeschrittener Vergiftung können folgende Symptome auftreten:

  • Flache, beschleunigte Atmung
  • Zunehmende Apathie bis hin zur Seitenlage
  • Erhöhte Körpertemperatur (Hyperthermie)
  • Stoffwechselübersäuerung (metabolische Azidose)
  • Krampfanfälle
  • Koma

Zusätzlich können Anzeichen einer Nierenschädigung auftreten:

  • Vermehrtes oder vermindertes Urinieren
  • Dunkler oder blutiger Urin
  • Dehydratation

Bei Katzen können die Symptome besonders dramatisch verlaufen, da sie NSAID noch schlechter verstoffwechseln können als Hunde.

Diagnose

Die Diagnose einer Vergiftung durch Ibuprofen oder Diclofenac stützt sich auf mehrere Säulen:

Anamnese: Entscheidend ist die Erhebung einer gründlichen Anamnese. Tierhalter sollten befragt werden, ob:

  • ein Zugang zu Schmerzmitteln bestand
  • eine Selbstmedikation stattgefunden hat
  • leere Medikamentenverpackungen gefunden wurden
  • der Zeitpunkt der möglichen Aufnahme bekannt ist
  • die ungefähre Menge der aufgenommenen Substanz abgeschätzt werden kann

Klinische Untersuchung: Bei der klinischen Untersuchung werden die oben genannten Symptome erfasst und bewertet. Besonderes Augenmerk liegt auf:

  • Vitalparametern (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körpertemperatur)
  • Schleimhautfarbe und kapillarer Füllungszeit
  • Hydrationszustand
  • neurologischem Status
  • Palpation des Abdomens

Labordiagnostik: Zur Bestätigung der Diagnose und zur Einschätzung des Schweregrades werden folgende Laboruntersuchungen durchgeführt:

  • Blutbild zur Erfassung von Anämien durch Blutverlust
  • Blutchemie mit Nieren- und Leberwerten
  • Elektrolyte und Säure-Basen-Status
  • Gerinnungsparameter
  • Urinanalyse zum Nachweis von Blut oder Protein im Urin

Bildgebende Verfahren: Ultraschalluntersuchungen können helfen, Veränderungen am Magen, Darm, Nieren und Leber zu erkennen. Röntgenaufnahmen können Hinweise auf Mageninhalt oder freie Flüssigkeit im Bauchraum geben.

Toxikologischer Nachweis: In spezialisierten Laboren ist der direkte Nachweis von Ibuprofen oder Diclofenac in Blut oder Mageninhalt möglich, wird aber aufgrund des zeitlichen Drucks selten durchgeführt.

Bei Verdacht auf eine NSAID-Vergiftung sollte umgehend mit der Therapie begonnen werden, auch wenn noch nicht alle diagnostischen Ergebnisse vorliegen.

Therapeutische Prinzipien

Die Einleitung einer Therapie sollte beim Hund bereits bei einer einmaligen Aufnahme von 10 mg/kg Körpergewicht erfolgen.
Ist das Vorhandensein einer vorbestehenden Niereninsuffizienz bekannt, sollte bereits bei einer einmaligen Aufnahme von 5 mg/kg Körpergewicht therapiert werden.
Prostaglandine fördern die Durchblutung der Nieren. Bei einer Senkung der Prostaglandinsynthese und der damit verbundenen Reduktion der Durchblutung der Nieren kann sich eine bereits bestehende Niereninsuffizienz verstärken.
Dekontamination. Bei der Aufnahme von Retard-Präparaten kann auch mehr als 5 Stunden nach Aufnahme die Dekontamination durch Erbrechen, Magenspülung und Darmspülung noch hilfreich sein. Die Gabe von Aktivkohle sollte mehrmals erfolgen.
Als Antidot wird bei Hunden Misoprostol, ein synthetisch hergestelltes Prostaglandin, eingesetzt. Misoprostol mindert die Säureproduktion des Magens.
Bei Katzen liegen kaum Erfahrungen zum Einsatz von Misoprostol vor, sodass die Anwendung nicht empfohlen werden kann.
Die symptomatische Therapie dient der Stabilisierung der vitalen Funktionen und der Behandlung von Beschwerden der Tiere wie Schmerzen, Erbrechen und Krämpfe.
Eine Dauertropfinfusion dient neben dem Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten der Optimierung der Elektrolytkonzentrationen und des Säuren-Basen-Haushaltes im Blut. Der Säure-Basen-Haushalt ist nachhaltig gestört. Im fortgeschrittenen Stadium einer Intoxikation dominiert die Übersäuerung (metabolische Azidose).
Die Flüssigkeitssubstitution unterstützt gleichzeitig die Herz-Kreislauf- und Nierenfunktion.

Ergänzungen

Die Therapie einer Vergiftung durch Ibuprofen oder Diclofenac sollte so früh wie möglich beginnen und umfasst mehrere Ansätze:

Dekontamination: Wenn die Aufnahme weniger als 2–3 Stunden zurückliegt, kann eine Dekontamination sinnvoll sein:

  • Auslösen von Erbrechen (nur bei wachem Tier und früher Präsentation)
  • Magenspülung unter Narkose bei größeren Mengen
  • Verabreichung von Aktivkohle zur Bindung bislang nicht resorbierter Substanzen (initial 1–4 g/kg Körpergewicht)
  • Wiederholte Gabe von Aktivkohle alle 4–6 Stunden, da NSAIDs einem enterohepatischen Kreislauf unterliegen
  • Bei Retard-Präparaten kann auch nach mehr als 5 Stunden eine Dekontamination noch sinnvoll sein

Antidot: Bei Hunden kann Misoprostol, ein synthetisches Prostaglandin E1-Analogon, als partielles Antidot eingesetzt werden. Es schützt die Magenschleimhaut und kann Ulzerationen vorbeugen. Die übliche Dosierung beträgt 2–5 μg/kg alle 6–8 Stunden. Bei Katzen liegen wenig Erfahrungen vor, sodass die Anwendung nicht generell empfohlen werden kann.

Magenschutz: Zur Prävention und Behandlung von Magen-Darm-Ulzerationen werden eingesetzt:

  • Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol (0,5-1,0 mg/kg 1x täglich)
  • H2-Rezeptorantagonisten wie Famotidin (0,5-1,0 mg/kg 1-2x täglich)
  • Sucralfat als Schleimhautschutz (0,5-1,0 g pro Tier 3-4x täglich)

Infusionstherapie: Eine aggressive Flüssigkeitstherapie ist entscheidend für:

  • Aufrechterhaltung der Nierenfunktion durch Förderung der Diurese
  • Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten durch Erbrechen und Durchfall
  • Korrektur von Elektrolytverschiebungen
  • Ausgleich einer metabolischen Azidose

Symptomatische Therapie:

  • Antiemetika bei anhaltendem Erbrechen (z. B. Maropitant)
  • Krampflösende Medikamente bei Krampfanfällen
  • Sauerstoffgabe bei Atemnot
  • Schmerzmanagement mit Opioiden (keine NSAIDs!)
  • Bei starkem Blutverlust kann eine Bluttransfusion notwendig sein

Behandlung von Komplikationen:

  • Bei Nierenversagen kann eine Dialyse erwogen werden
  • Bei Hirnödem: Hochlagerung des Kopfes, Osmotherapie, Glukokortikoide
  • Bei Leberversagen: Leberschutztherapie

Die Überwachung der Vitalparameter, der Nierenfunktion und des Säure-Basen-Haushalts sollte engmaschig erfolgen. Die Therapie muss oft über mehrere Tage fortgesetzt werden, auch wenn die klinischen Symptome bereits abklingen.

Bei starkem Blutverlust kann eine Bluttransfusion lebensrettend sein.
Die Entwicklung eines Hirnödems stellt eine schwere Komplikation dar und ist potenziell lebensbedrohlich. Die Therapiemöglichkeiten sind eingeschränkt und beinhalten die Hochlagerung des Körpers, Osmotherapie, eine maximale Anregung der Harnausscheidung, die Gabe von speziellen Glukokortikoiden und von Beruhigungsmitteln.

Prognose

Die Prognose ist bei rechtzeitig einsetzender Therapie sehr gut. Bei weit fortgeschrittenen Intoxikationen mit bereits eingetretenen Nierenschäden ist sie eher vorsichtig zu stellen.

Die Prognose einer Vergiftung durch Ibuprofen oder Diclofenac hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Zeitpunkt des Therapiebeginns nach Aufnahme
  • Aufgenommene Menge
  • Allgemeinzustand und Vorerkrankungen des Tieres
  • Schwere der bereits eingetretenen Organschäden

Bei frühzeitiger Therapie innerhalb der ersten 2–4 Stunden nach Aufnahme und bei geringen Dosen ist die Prognose in der Regel gut. Bei bereits eingetretenen Nierenschäden, schweren Magen-Darm-Blutungen oder neurologischen Symptomen ist die Prognose vorsichtig bis ungünstig.

Die Nachsorge nach überstandener akuter Vergiftung umfasst:

Kurzfristige Nachsorge:

  • Regelmäßige Kontrolle der Nieren- und Leberwerte (initial nach 24–48 Stunden, dann nach 5–7 Tagen)
  • Fortsetzung des Magenschutzes für 1–2 Wochen
  • Leicht verdauliche, schonende Diät

Langfristige Nachsorge:

  • Bei Nierenschädigung: regelmäßige Kontrolle der Nierenwerte über mehrere Monate
  • Anpassung der Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz
  • Vermeidung nephrotoxischer Medikamente in der Zukunft

Präventive Maßnahmen:

  • Aufklärung der Tierhalter über die Gefahren von humanmedizinischen NSAIDs
  • Sichere Aufbewahrung von Medikamenten außerhalb der Reichweite von Haustieren
  • Verwendung von kindergesicherten Medikamentenschränken
  • Information über tiermedizinisch zugelassene Alternativen zur Schmerztherapie

Die vollständige Erholung kann je nach Schwere der Vergiftung Wochen bis Monate dauern. Einige Tiere können dauerhafte Schäden, insbesondere an den Nieren, zurückbehalten.

Zusammenfassung

Vergiftungen durch Ibuprofen und Diclofenac stellen eine ernsthafte Bedrohung für Hunde und Katzen dar. Diese humanmedizinischen Schmerzmittel können bereits in geringen Dosen schwerwiegende Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Die toxische Wirkung beruht hauptsächlich auf der Hemmung der Prostaglandinsynthese, was zu Schädigungen der Magen-Darm-Schleimhaut, der Nieren und in schweren Fällen zu metabolischen Entgleisungen und neurologischen Symptomen führen kann.

Die Symptome entwickeln sich typischerweise innerhalb weniger Stunden und reichen von Erbrechen und Durchfall über Nierenfunktionsstörungen bis zu Krampfanfällen und Koma. Die Diagnose basiert auf der Anamnese, der klinischen Untersuchung und labordiagnostischen Parametern.

Die Therapie umfasst Dekontamination, Magenschutz, Flüssigkeitstherapie und symptomatische Maßnahmen. Bei frühzeitiger Behandlung ist die Prognose gut, bei bereits eingetretenen Organschäden vorsichtig bis ungünstig.

Zur Prävention ist eine sichere Aufbewahrung von Medikamenten und die Aufklärung der Tierhalter über die Gefahren humanmedizinischer Schmerzmittel entscheidend. Tierhalter sollten niemals eigenständig humanmedizinische NSAIDs an ihre Haustiere verabreichen und bei Verdacht auf eine Vergiftung umgehend tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Ausblick auf Forschung

Die Forschung im Bereich der NSAID-Vergiftungen bei Kleintieren konzentriert sich derzeit auf mehrere vielversprechende Ansätze:

Verbesserte Antidote: Forscher arbeiten an der Entwicklung spezifischerer Antidote für NSAID-Vergiftungen. Dabei werden Substanzen untersucht, die selektiv die toxischen Effekte neutralisieren können, ohne die Grunderkrankung zu beeinflussen.

Biomarker für Frühdiagnose: Neue Biomarker im Blut und Urin könnten eine frühere Erkennung von Organschäden ermöglichen. Besonders vielversprechend sind Marker für akute Nierenschädigungen wie NGAL (Neutrophil Gelatinase-Associated Lipocalin) und KIM-1 (Kidney Injury Molecule-1), die Nierenschäden bereits erkennen lassen, bevor konventionelle Parameter wie Kreatinin ansteigen.

Innovative Dialyseverfahren: Für schwere Vergiftungsfälle werden verbesserte extrakorporale Eliminationsverfahren entwickelt, die toxische Substanzen effektiver aus dem Blut filtern können als herkömmliche Dialysemethoden.

Regenerative Therapien: Stammzelltherapien und andere regenerative Ansätze werden erforscht, um geschädigte Organe nach NSAID-Vergiftungen zu regenerieren. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Regeneration von Nieren- und Lebergewebe.

Verbesserte Risikobewertung: Genetische Faktoren, die die Anfälligkeit für NSAID-Toxizität beeinflussen, werden untersucht. Zukünftig könnten genetische Tests helfen, besonders gefährdete Tiere zu identifizieren.

Entwicklung sicherer Alternativen: Die Forschung an tiermedizinischen Schmerzmitteln mit verbessertem Sicherheitsprofil schreitet voran. Neue Wirkstoffklassen mit selektiveren Wirkmechanismen könnten das Risiko unerwünschter Wirkungen reduzieren.

Diese Forschungsansätze versprechen für die Zukunft verbesserte Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten bei NSAID-Vergiftungen, was letztlich zu einer besseren Prognose für betroffene Tiere führen könnte.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Kann ich meinem Hund oder meiner Katze bei Schmerzen Ibuprofen oder Diclofenac geben?
    Nein, auf keinen Fall. Diese Medikamente sind für Hunde und Katzen hochgiftig und können bereits in geringen Dosen lebensbedrohliche Vergiftungen verursachen. Konsultieren Sie immer einen Tierarzt, der geeignete, tiermedizinisch zugelassene Schmerzmittel verschreiben kann.
  2. Wie schnell treten Vergiftungssymptome nach Aufnahme von Ibuprofen oder Diclofenac auf?
    Erste Symptome können bereits 2–6 Stunden nach Aufnahme auftreten. Die Schwere der Symptome nimmt in den folgenden 12–24 Stunden in der Regel zu.
  3. Was soll ich tun, wenn mein Tier versehentlich Ibuprofen oder Diclofenac aufgenommen hat?
    Suchen Sie umgehend einen Tierarzt auf, auch wenn noch keine Symptome sichtbar sind. Nehmen Sie die Medikamentenverpackung mit und informieren Sie den Tierarzt über die mögliche Menge und den Zeitpunkt der Aufnahme.
  4. Kann eine Ibuprofen- oder Diclofenac-Vergiftung tödlich sein?
    Ja, unbehandelt kann eine Vergiftung durch diese Substanzen zum Tod führen, insbesondere durch Nierenversagen oder Magen-Darm-Blutungen.
  5. Welche Schmerzmittel sind für Hunde und Katzen sicher?
    Es gibt spezielle, tiermedizinisch zugelassene NSAIDs wie Carprofen, Meloxicam oder Robenacoxib, die unter tierärztlicher Aufsicht sicher angewendet werden können. Auch Opioide können zur Schmerztherapie eingesetzt werden.
  6. Wie kann ich mein Tier vor einer versehentlichen Vergiftung schützen?
    Bewahren Sie alle Medikamente in verschlossenen Schränken auf, die für Tiere unzugänglich sind. Lassen Sie keine Tabletten offen herumliegen und informieren Sie alle Haushaltsmitglieder über die Gefahren.
  7. Gibt es Langzeitfolgen nach einer überstandenen Vergiftung?
    Ja, hauptsächlich können die Nieren dauerhaft geschädigt bleiben, was zu chronischer Niereninsuffizienz führen kann. Auch chronische Magen-Darm-Probleme können als Folge auftreten.
  8. Wie lange dauert die Behandlung einer Vergiftung?
    Die akute Behandlung dauert in der Regel 2–5 Tage, je nach Schwere der Vergiftung. Die Nachsorge kann sich über Wochen bis Monate erstrecken.
  9. Sind bestimmte Hunde- oder Katzenrassen anfälliger für NSAID-Vergiftungen?
    Grundsätzlich sind alle Rassen gefährdet. Allerdings können Tiere mit vorbestehenden Nieren- oder Lebererkrankungen, sehr junge oder sehr alte Tiere sowie kleine Rassen (aufgrund des geringeren Körpergewichts bei gleicher Wirkstoffmenge) ein höheres Risiko tragen.
  10. Wie kann ich erkennen, ob mein Tier unter Schmerzen leidet und tierärztliche Hilfe benötigt?
    Anzeichen für Schmerzen können sein: veränderte Körperhaltung, Lahmheit, verminderte Aktivität, Appetitlosigkeit, Lautäußerungen bei Berührung, aggressives Verhalten oder Rückzug. Bei Verdacht auf Schmerzen, sollten Sie immer einen Tierarzt konsultieren.

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