Die Atopische Dermatitis beim Hund

13.04.2024
Autor: Redaktion Petsvetcheck

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Die atopische Dermatitis (AD) ist eine genetisch prädisponierte, entzündliche Hauterkrankung, die durch eine Überempfindlichkeit gegen Umweltallergene wie Pollen, Hausstaubmilben und Schimmelpilze verursacht wird. Derzeitige Forschungen legen nahe, dass die Krankheit durch eine komplexe Interaktion von genetischen und umweltbedingten Faktoren entsteht. Hunde mit atopischer Dermatitis zeigen vorwiegend Symptome wie Juckreiz, Rötung und chronische Hautveränderungen.

Studien zur Behandlung von AD konzentrieren sich zunehmend auf die Beeinflussung des Immunsystems und den Einsatz neuerer Medikamente wie Januskinase-Inhibitoren (JAK, oder Jakinibe, z. B. Oclacitinib, Handelsname Apoquel) sowie auf monoklonale Antikörper, die spezifisch gegen den Juckreiz wirken (z. B. Lokivetmab). Der Wirkstoff ist seit 2017 in der EU zugelassen und wird einmal monatlich unter die Haut (subkutan) gespritzt.

Genetische Selektion durch Züchtung

Im Rahmen von Forschungen an der Universität Upsala wurden Gene beim Hund identifiziert, die sowohl für die Hautbarriere als auch für die Immunabwehr wichtig sind. Eine bedeutende Erkenntnis ist, dass ein bestimmtes Gen bei Hunden ein wesentlicher Risikofaktor für die atopische Dermatitis ist. Da das Gen identifiziert werden kann, öffnet es den Weg für eine gezielte Selektion bei den Elterntieren in der Hundezucht.

Tengvall, K., Sundström, E., Wang, C. et al. Bayesian model and selection signature analyses reveal risk factors for canine atopic dermatitis. Commun Biol 5, 1348 (2022). https://doi.org/10.1038/s42003-022-04279-8

Medikamentöse Therapie

Januskinase-Inhibitoren

Mechanismus und Einsatz: Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren) blockieren spezifische Enzyme, die in der Signalübertragung von Zytokinen involviert sind, insbesondere jene, die die Immunantwort und den Entzündungsprozess steuern. Bei der atopischen Dermatitis spielen Zytokine wie Interleukin-2, -4, -6 und -31 eine Schlüsselrolle, indem sie Entzündungen und Juckreiz fördern. Oclacitinib (Handelsname: Apoquel) ist der prominenteste JAK-Inhibitor, der derzeit in der Veterinärmedizin zur Behandlung von Hunden mit atopischer Dermatitis eingesetzt wird.

Wirksamkeit und Sicherheit: Oclacitinib wirkt schnell und effektiv, indem es innerhalb weniger Stunden nach Verabreichung den Juckreiz lindert und die Entzündung reduziert. Dies macht es besonders nützlich bei akuten Schüben. Studien haben gezeigt, dass Oclacitinib gut verträglich ist, auch bei Langzeitanwendung. Nebenwirkungen sind relativ selten und umfassen leichte Magen-Darm-Störungen und in seltenen Fällen eine leichte Erhöhung des Infektionsrisikos aufgrund der immunsuppressiven Wirkung.

Aktuelle Forschung: Die Forschung konzentriert sich derzeit auf die Langzeitsicherheit von Oclacitinib, speziell in Bezug auf das Risiko von Infektionen und neoplastischen Erkrankungen bei chronischer Anwendung. Es werden auch neue JAK-Inhibitoren entwickelt, die spezifischere Wirkungen haben und potenziell weniger Nebenwirkungen aufweisen.

Monoklonale Antikörper

Mechanismus und Einsatz: Monoklonale Antikörper sind gezielt entwickelte Proteine, die spezifische Moleküle im Körper erkennen und neutralisieren. Bei der atopischen Dermatitis ist Interleukin-31 (IL-31) ein Schlüsselfaktor für den Juckreiz. Lokivetmab (Handelsname: Cytopoint) ist ein monoklonaler Antikörper, der speziell gegen IL-31 gerichtet ist und dadurch den Juckreiz wirksam reduziert.

Wirksamkeit und Sicherheit: Lokivetmab hat sich als hochwirksam erwiesen, insbesondere bei Hunden mit starkem Juckreiz, der auf andere Behandlungen nicht ausreichend anspricht. Es bietet eine lang anhaltende Wirkung (bis zu 4 Wochen nach einer einzigen Injektion), was es zu einer attraktiven Option für Hunde mit chronischer AD macht. Die Sicherheit von Lokivetmab wird allgemein als hoch eingeschätzt, da es spezifisch gegen ein einzelnes Zytokin wirkt und daher das allgemeine Immunsystem weniger stark beeinträchtigt.

Aktuelle Forschung: Aktuelle Studien befassen sich mit der Langzeitanwendung von Lokivetmab und seiner möglichen Integration in multimodale Therapiekonzepte, die eine Kombination aus JAK-Inhibitoren, Immuntherapien und lokalen (topischen) Behandlungen umfassen. Es wird auch untersucht, wie Lokivetmab in früheren Krankheitsstadien eingesetzt werden kann, um das Fortschreiten der atopischen Dermatitis zu verhindern.

Vergleich und Kombination der Therapieansätze

Kombinationstherapien: Ein interessantes Gebiet der aktuellen Forschung ist die Kombination von JAK-Inhibitoren und monoklonalen Antikörpern, um die therapeutische Wirksamkeit zu maximieren und die Nebenwirkungen zu minimieren. Durch die Kombination von Oclacitinib und Lokivetmab kann eine bessere Kontrolle der Symptome erreicht werden, insbesondere bei schwerer AD oder bei Hunden, die auf eine Monotherapie nicht ausreichend ansprechen.

Individualisierte Therapie: Die Entwicklung dieser zielgerichteten Therapie macht es möglich, die Behandlung stärker zu individualisieren. Je nach Schweregrad der Erkrankung, der Reaktion auf verschiedene Therapien und dem individuellen Risikoprofil des Hundes können Tierärzte gezielt zwischen diesen Optionen wählen oder sie kombinieren.

Fazit

Der Einsatz von Januskinase-Inhibitoren und monoklonalen Antikörpern stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung der atopischen Dermatitis beim Hund dar. Diese zielgerichteten Therapien bieten eine effektive Symptomkontrolle und haben das Potenzial, die Lebensqualität betroffener Hunde erheblich zu verbessern. Die laufende Forschung konzentriert sich darauf, diese Therapien weiter zu optimieren, ihre Langzeitsicherheit zu gewährleisten und neue, noch spezifischere Behandlungsansätze zu entwickeln. Vorsorglich ist eine regelmäßige tiermedizinische Überwachung zu empfehlen, da bisher nur wenig Langzeitstudien zu den Anwendungen vorliegen.

Quellen

Marsella, R.: New Treatments and Validations for Atopic Dermatitis in Humans After Comparative Approach With Canine Models. In: Recent Advances in the Treatment of Atopic Dermatitis. DOI:10.5772/intechopen.1001478

Bizarro, A., Martins, A., Pinto, M., Fernandes, B., Pereira, H., Braz, B., & Lourenço, A. (2022). Protocolo alternativo com oclacitinib para dermatite atópica canina: Uma solução capaz de reduzir custos. Rev. Port. Imunoalergologia, 30, 31-41.

Ryguła I, Pikiewicz W, Kaminiów K. Novel Janus Kinase Inhibitors in the Treatment of Dermatologic Conditions. Molecules. 2023; 28(24):8064. https://doi.org/10.3390/molecules28248064

Sanchez, M.D., Bensignor, E.: Critically appraised topic: Benefits and risks of oclacitinib in treatment of allergic pruritus in dogs

Revue Vétérinaire Clinique

Volume 59, Issue 2, June 2024, Pages 72-88

Tierart
Hund
Themenbereich
Allergisch bedingte Störungen und Asthma

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