Zwiebeln, Knoblauch und Schnittlauch, Lauchgewächse (Allioideae)

Inhalt

Alle Lauchgewächse sind giftig, bis stark giftig + bis ++.

Lauchgewächse wie Zwiebeln, Knoblauch, Schnittlauch und Lauch zählen zu den beliebtesten Zutaten in der menschlichen Küche. Viele Tierhalter wissen jedoch nicht, dass genau diese Lebensmittel für Hunde und Katzen hochgradig toxisch sein können. Bereits geringe Mengen – ob roh, gekocht oder getrocknet – können schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen. Besonders problematisch ist, dass sich die Vergiftungserscheinungen oftmals erst zeitverzögert zeigen. In zahlreichen Fällen werden Reste gewürzter Speisen, etwa Zwiebelsaucen oder Knoblauchbrot, als vermeintliche Leckerbissen angeboten – mit potenziell lebensbedrohlichen Folgen.

Ursachen, Entstehung und Verlauf

Alle Lauchgewächse sind für Hunde und Katzen potenziell toxisch.
Verantwortlich ist eine Stoffgruppe, die als Propyl-Disulfide bezeichnet werden.
Diese Schwefelverbindungen scheinen leicht über den Magen-Darm-Trakt absorbiert und danach zu hochreaktiven Oxidationsmitteln umgewandelt zu werden.
Kochen, Trocknen und dergleichen verändern die Wirkung nicht.

Die häufigste Ursache einer Vergiftung ist die unbewusste Verfütterung von Speisen, die Bestandteile aus der Allium-Familie enthalten. Besonders tückisch: Auch getrocknete, pulverisierte oder gekochte Formen behalten ihre toxische Wirkung. Tiere können sich die Substanzen aber auch durch heruntergefallene Reste, Müllsackinhalte oder Komposthaufen einverleiben. In einigen Fällen wird Knoblauch bewusst als naturheilkundliches Mittel zur Parasitenabwehr eingesetzt – was aus veterinärmedizinischer Sicht nicht nur unwirksam, sondern gefährlich ist.

Wirkungsmechanismus

Organo-Schwefelverbindungen oxidieren den Blutfarbstoff Hämoglobin in den roten Blutkörperchen zu Methämoglobin, gefolgt von einer damit verbundenen Instabilität der roten Blutkörperchen und zunehmender Hämolyse (Auflösen der roten Blutkörperchen). Im Ergebnis kommt es zu einer Blutarmut (Anämie).
Manche Hunderassen wie der Akita Inu und der Shiba Inu sind aufgrund genetisch bedingter Besonderheiten in den Erythrozyten gegenüber durch Zwiebeln verursachten oxidativen Schäden besonders anfällig.
Auch Katzen, bei denen die roten Blutkörperchen ohnehin sehr anfällig gegenüber Oxidation sind, reagieren empfindlich.
Die toxische Dosis für Zwiebeln wird bei Hunden mit der Aufnahme von 15 bis 30 g/kg Körpermasse und bei Katzen von 5 g/kg Körpermasse bereits erreicht.

Die toxische Wirkung der Lauchgewächse basiert auf organischen Schwefelverbindungen. Insbesondere N-Propyldisulfid, Allylpropylsulfid und Thiosulfate greifen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) an. Diese Stoffe erzeugen sogenannten oxidativen Stress in den Zellen, führen zur Bildung von Heinz-Körpern – dabei handelt es sich um degenerierte Hämoglobinstrukturen – und bewirken schließlich die Zerstörung der Erythrozyten (Hämolyse). In der Folge kann es zu einer massiven Anämie (Blutarmut) kommen, die den Sauerstofftransport im Körper stark beeinträchtigt. Zusätzlich kann sich Methämoglobin bilden – eine Form des Hämoglobins, die keinen Sauerstoff mehr transportieren kann.

Symptome einer Intoxikation

Die Symptome einer Intoxikation beginnen einen Tag oder auch teilweise erst mehrere Tage nach der Aufnahme.
Die vorrangig zu beobachtenden Symptome sind:

  • Appetitlosigkeit
  • Erbrechen,
  • Durchfall
  • Bauchschmerzen
  • Anämie
  • blasse oder ikterische (gelbe) Schleimhäute
  • Schwäche
  • erhöhte Herzfrequenz
  • erhöhte Atemfrequenz
  • Hämoglobinurie (dunkler Harn infolge der Hämoglobinausscheidung)
  • Vorhandensein von Heinz-Körperchen (Verklumpungen des Blutfarbstoffes) in den Erythrozyten

Der Tod tritt infolge eines Sauerstoffmangels ein.

Diagnose

Für die Diagnosestellung ist eine genaue Anamnese entscheidend: Wann und in welcher Menge wurde ein Lauchgewächs aufgenommen? Ergänzend liefern Blut- und Urinuntersuchungen wichtige Hinweise:

  • Im Blutbild zeigt sich häufig eine regenerative Anämie mit vermehrter Retikulozytose.
  • Spezifisch ist der Nachweis von Heinz-Körpern mithilfe von Farbstoffen wie Brillantkresylblau.
  • In der Blutchemie sind unter Umständen erhöhte Leberenzyme und Bilirubinwerte nachweisbar.
  • Die Urinuntersuchung kann eine Hämoglobinurie (freies Hämoglobin im Urin) aufdecken.

Bildgebende Verfahren sind in der Regel nicht notwendig, können aber bei unklarer Symptomatik zum Ausschluss anderer Ursachen beitragen.

Therapeutische Prinzipien

Ein Antidot gibt es nicht. Antioxidantien (Vitamin E und Acethylcystein) können eingesetzt werden.
Soweit noch sinnvoll, erfolgt unmittelbar eine Dekontamination des Verdauungstraktes mittels einer Magen- und Darmentleerung. Eine Dekontamination sollte möglichst innerhalb von 2 Stunden erfolgen.
Die Gabe von Aktivkohle ist ebenfalls angezeigt.
Ansonsten ist die Therapie symptomatisch und konzentriert sich auf die Behandlung der Anämie und ihrer Folgen. Dazu gehören Bluttransfusionen.

Ergänzung

Je nach Aufnahmemenge und klinischem Zustand des Tieres variieren die therapeutischen Maßnahmen. Wenn die Aufnahme erst kurz zurückliegt und noch keine Symptome vorhanden sind, kann das Einleiten von Erbrechen und die Gabe von Aktivkohle hilfreich sein, um die weitere Resorption der Toxine zu verhindern.

In symptomatischen Fällen ist eine intensive symptomatische und supportive Therapie erforderlich:

  • Intravenöse Flüssigkeitstherapie zum Ausgleich des Kreislaufs, zur Verbesserung der Nierendurchblutung und zur Förderung der Hämoglobin-Ausscheidung
  • Sauerstoffgabe bei ausgeprägter Anämie oder Methämoglobinämie
  • Bluttransfusion bei schwerer Hämolyse oder wenn die klinischen Symptome eine deutliche Hypoxie erkennen lassen
  • Gabe von Antioxidantien wie N-Acetylcystein zur Minderung des oxidativen Zellschadens

Alle Maßnahmen sollten engmaschig überwacht und durch wiederholte Blutbildkontrollen begleitet werden.

Prognose

Die Prognose ist im Allgemeinen gut.

Die Prognose hängt stark vom Zeitpunkt der Diagnosestellung, der aufgenommenen Toxinmenge und dem Allgemeinzustand des Tieres ab. Leichte bis moderate Vergiftungen mit frühzeitiger Behandlung verlaufen meist komplikationslos. In schweren Fällen mit starker Hämolyse kann die Prognose jedoch vorsichtig bis schlecht sein – insbesondere wenn begleitende Organfunktionsstörungen wie eine Leberinsuffizienz auftreten.
Die Nachsorge umfasst regelmäßige Blutbildkontrollen über mindestens eine Woche, gegebenenfalls auch länger. Eine vollständige Erholung kann bis zu 14 Tage dauern. Besitzer sollten über das Rückfallrisiko bei wiederholter Aufnahme aufgeklärt werden.Die Prognose hängt stark vom Zeitpunkt der Diagnosestellung, der aufgenommenen Toxinmenge und dem Allgemeinzustand des Tieres ab. Leichte bis moderate Vergiftungen mit frühzeitiger Behandlung verlaufen meist komplikationslos. In schweren Fällen mit starker Hämolyse kann die Prognose jedoch vorsichtig bis schlecht sein – insbesondere wenn begleitende Organfunktionsstörungen wie eine Leberinsuffizienz auftreten.
Die Nachsorge umfasst regelmäßige Blutbildkontrollen über mindestens eine Woche, gegebenenfalls auch länger. Eine vollständige Erholung kann bis zu 14 Tage dauern. Besitzer sollten über das Rückfallrisiko bei wiederholter Aufnahme aufgeklärt werden.

Zusammenfassung

Zwiebeln, Knoblauch und andere Vertreter der Allioideae sind für Hunde und Katzen hochtoxisch. Der Schaden entsteht durch oxidative Prozesse in den roten Blutkörperchen, was zur hämolytischen Anämie und in schweren Fällen zum Tod führen kann. Da die Symptome oft verzögert auftreten, ist eine frühzeitige tierärztliche Behandlung entscheidend. Die Prognose variiert je nach Schweregrad, Tierart und Reaktionszeit. Eine bewusste Vermeidung dieser Pflanzen in der Tierernährung ist essenziell.

Ausblick auf Forschung

Trotz der gut dokumentierten Toxizität von Lauchgewächsen bei Hunden und Katzen bestehen in der Forschung noch einige offene Fragen, die für die veterinärmedizinische Praxis von Bedeutung sind:

Molekularbiologische Mechanismen im Detail:
Obwohl bekannt ist, dass Schwefelverbindungen wie N-Propyldisulfid oxidativen Stress in Erythrozyten auslösen, sind die exakten molekularen Signalwege, über die es zur Heinz-Körper-Bildung, Membranschädigung und Apoptose kommt, bislang nicht vollständig entschlüsselt. Weitere Studien könnten zur Entwicklung gezielter Antidote beitragen.

Interindividuelle Empfindlichkeit:
Die ausgeprägte individuelle Variabilität hinsichtlich der Empfindlichkeit gegenüber Alliumtoxinen lässt vermuten, dass genetische Faktoren oder Unterschiede in der Antioxidanzien-Kapazität eine Rolle spielen. Zukünftige genetische oder metabolomische Analysen könnten zur Risikoeinschätzung beitragen.

Unterschiedliche Toxizität je nach Allium-Art:
Es gibt Hinweise darauf, dass Knoblauch aufgrund höherer Konzentrationen an Thiosulfaten toxischer als Zwiebeln ist. Dennoch fehlen umfassende quantitative Vergleiche der Toxizität verschiedener Alliumarten in Bezug auf Hunde und Katzen.

Optimierung von Diagnostik und Therapie:
Die Entwicklung schnellerer Diagnosetests zur Bestimmung von Heinz-Körpern oder zellulären Oxidationsmarkern im klinischen Alltag könnte die Frühdiagnostik verbessern. Auch die therapeutische Wirksamkeit von neuen Antioxidanzienkombinationen (z. B. N-Acetylcystein, Vitamin E, S-Adenosylmethionin) wird derzeit weiter untersucht.

Aufklärung und Prävention:
Trotz zunehmender Bekanntheit der Thematik ist die Aufklärung von Tierhaltern nach wie vor unzureichend. Künftige Forschungsprojekte im Bereich Verhaltens- und Verbraucheranalyse könnten helfen, effektive Präventionsstrategien zu entwickeln, um Vergiftungen durch Alliumgewächse zu reduzieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

1. Ab welcher Menge sind Zwiebeln für Hunde gefährlich?
Bereits 5 g/kg Körpergewicht können Symptome verursachen – also etwa eine halbe Zwiebel bei einem 10-kg-Hund.

2. Sind gekochte oder getrocknete Zwiebeln weniger giftig?
Nein. Die toxischen Verbindungen bleiben auch nach Hitzeeinwirkung oder Trocknung aktiv.

3. Sind kleine Mengen Knoblauch zur Zeckenabwehr ungefährlich?
Nein. Diese Praxis ist nicht evidenzbasiert und kann gesundheitsschädlich sein.

4. Welche Symptome treten zuerst auf?
Oft beginnen die Symptome mit Apathie, Erbrechen und dunklem Urin innerhalb von 24–48 Stunden.

5. Kann man durch Blutuntersuchung eine Zwiebelvergiftung sicher feststellen?
Ja. Heinz-Körper im Blutausstrich und eine regenerative Anämie sind typische Befunde.

6. Was tun, wenn mein Hund Zwiebeln gefressen hat?
Sofort tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Keine Hausmittel anwenden.

7. Warum sind Katzen empfindlicher?
Ihre roten Blutkörperchen sind besonders anfällig für oxidative Schäden, zudem fehlt ihnen ein effektives Entgiftungssystem.

8. Kann man Symptome selbst behandeln?
Nein. Eine fachgerechte medizinische Versorgung ist unabdingbar.

9. Wie lange dauert die Erholung?
Die vollständige Regeneration kann je nach Schwere der Vergiftung bis zu zwei Wochen dauern.

10. Können Tiere mehrfach an Zwiebeln erkranken?
Ja. Die Empfindlichkeit bleibt bestehen, und bereits geringe Mengen können erneut Schäden verursachen.

Literatur

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