Vergiftung

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Vergiftungen (Intoxikationen) bei Haustieren stellen eine ernsthafte und potenziell lebensbedrohliche Situation dar, die eine sofortige tierärztliche Intervention erfordert. Eine Vergiftung entsteht durch die Aufnahme, Einatmung oder den Hautkontakt mit toxischen Substanzen, die die normalen physiologischen Funktionen des Organismus beeinträchtigen. Die Schwere einer Vergiftung wird maßgeblich durch die Art des Giftstoffes, die aufgenommene Menge, den Expositionsweg sowie die individuelle Konstitution des Tieres bestimmt.

Hunde und Katzen reagieren aufgrund ihrer unterschiedlichen Stoffwechselprozesse und enzymatischen Ausstattung teilweise sehr unterschiedlich auf bestimmte Toxine. Besonders Katzen weisen aufgrund ihrer limitierten Fähigkeit zur Glucuronidierung, einem wichtigen Entgiftungsmechanismus in der Leber, eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Substanzen wie Paracetamol oder ätherischen Ölen auf. Diese artspezifischen Unterschiede müssen bei der Diagnose und Behandlung von Vergiftungen stets berücksichtigt werden.

Die Toxikokinetik beschreibt den Weg eines Giftstoffes im Organismus – von der Aufnahme über die Verteilung und den Metabolismus bis zur Ausscheidung. Diese Prozesse bestimmen maßgeblich, wie schnell Symptome auftreten und welche Organsysteme primär betroffen sind.

Das Wichtigste auf einen Blick

Vergiftungen bei Hunden und Katzen stellen eine häufige und potenziell lebensbedrohliche Notfallsituation dar. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Medikamenten über Haushaltschemikalien bis zu giftigen Pflanzen und absichtlich ausgelegten Giftködern. Die Symptomatik variiert stark in Abhängigkeit vom Toxin und kann nahezu jedes Organsystem betreffen.

Die Diagnose basiert auf einer gründlichen Anamnese, klinischen Untersuchung und gezielten Labordiagnostik. Die Therapie folgt einem mehrstufigen Ansatz, bestehend aus Dekontamination, Antidotgabe (wenn verfügbar) und unterstützender Behandlung. Die Prognose ist abhängig vom Zeitpunkt der Intervention, der Art des Giftes und dem Ausmaß der Organschäden.

Entscheidend für den Behandlungserfolg ist das schnelle Erkennen einer Vergiftung und die umgehende tierärztliche Vorstellung. Tierbesitzer sollten grundlegende Erste-Hilfe-Maßnahmen kennen und potenzielle Gefahrenquellen im Haushalt identifizieren und beseitigen.

Die artspezifischen Unterschiede zwischen Hunden und Katzen in Bezug auf Stoffwechselprozesse und Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Toxinen müssen sowohl bei der Diagnose als auch bei der Therapie berücksichtigt werden. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Tierärzten, Toxikologen und Notfallmedizinern kann in komplexen Fällen den Behandlungserfolg verbessern.

Ursachen

Zu Vergiftungen kann es infolge von Fressen, Einatmen oder Kontakt über die Haut von mehr oder weniger schädlichen Stoffen wie Medikamenten, Chemikalien, Pflanzen oder Gasen kommen.
Auch viele Lebensmittel können für Hunde und Katzen giftig sein (Abb.).
Auch Giftköder stellen eine Vergiftungsgefahr für Hunde und Katzen dar.
In seltenen Fällen können auch giftige Tiere eine Quelle von Vergiftungen sein.
Bei nahezu allen Giften spielt die Dosis und die Art des Kontakts eine entscheidende Rolle.

Ergänzungen

Zu Vergiftungen kann es infolge von Fressen, Einatmen oder Kontakt über die Haut von mehr oder weniger schädlichen Stoffen wie Medikamenten, Chemikalien, Pflanzen oder Gasen kommen. Bei nahezu allen Giften spielt die Dosis und die Art des Kontakts eine entscheidende Rolle.

Medikamente und Haushaltschemikalien

Humanmedikamente stellen eine der häufigsten Vergiftungsursachen bei Haustieren dar. Besonders problematisch sind nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen und Diclofenac, die bereits in geringen Dosen zu schweren Nierenschäden und gastrointestinalen Ulzerationen führen können. Paracetamol ist insbesondere für Katzen hochgiftig, da ihnen das Enzym zur effektiven Metabolisierung fehlt, was zu lebensbedrohlicher Methämoglobinämie führen kann.

Haushaltsreiniger, Frostschutzmittel (Ethylenglykol), Rattengift (Antikoagulanzien) und Insektizide wie Permethrin (besonders toxisch für Katzen) gehören zu den häufigsten chemischen Vergiftungsursachen. Ethylenglykol schmeckt süßlich und wird daher gerne von Tieren aufgenommen, führt jedoch zu schweren Nierenschäden und unbehandelt zum Tod.

Giftige Lebensmittel und Pflanzen

Verschiedene für Menschen unbedenkliche Lebensmittel können für Hunde und Katzen toxisch sein. Dazu zählen Schokolade (Theobromin), Zwiebeln und Knoblauch (Disulfide), Weintrauben und Rosinen (unbekanntes Nephrotoxin), Macadamianüsse sowie der Zuckerersatzstoff Xylit, der bei Hunden eine lebensbedrohliche Hypoglykämie verursachen kann.

Im Garten und Haushalt finden sich zahlreiche giftige Pflanzen wie Lilien (hochgradig nephrotoxisch für Katzen), Oleander, Eiben, Rhododendron, Herbstzeitlose, Eisenhut, Maiglöckchen und viele weitere. Saisonale Gefahren stellen unter anderem Christrosen dar.

Giftköder und Umweltgifte

Ein besonderes Problem stellen absichtlich ausgelegte Giftköder dar, die häufig Rattengift, Schneckenkorn (Metaldehyd) oder sogar Glasscherben enthalten. Regional unterschiedlich können auch Gifttiere wie Kröten, Schlangen oder bestimmte Spinnenarten eine Gefahr darstellen.

Umweltgifte wie Pestizide, Herbizide oder Schwermetalle können über kontaminiertes Wasser oder durch direkten Kontakt aufgenommen werden. Auch Blaualgen in stehenden Gewässern im Sommer stellen eine ernsthafte Vergiftungsgefahr dar.

Symptome

Die Symptomatik bei Vergiftungen ist äußerst vielfältig und hängt von der Art des Toxins, der aufgenommenen Menge und dem betroffenen Organsystem ab. Häufig entwickeln sich die Symptome rasch und progressiv.

Allgemeine Vergiftungsanzeichen

Hinweise auf eine Vergiftung können sein:

  • Rötung oder andere Auffälligkeiten an der Maulschleimhaut
  • Veränderter Geruch des Tieres oder dessen Atemluft
  • Speichelfluss (Hypersalivation)
  • Unruhe oder Apathie
  • Erbrechen und Durchfall, oft mit abnormem Geruch oder Farbe
  • Atemnot oder veränderte Atemfrequenz
  • Hyperaktivität oder Lethargie
  • Muskelzittern, Koordinationsstörungen oder Krämpfe
  • Bewusstseinsveränderungen bis zum Koma
  • Veränderungen der Pupillengröße (Miosis oder Mydriasis)

Organspezifische Symptome

Abhängig vom primär betroffenen Organsystem können zusätzliche spezifische Symptome auftreten:

Gastrointestinaltrakt: Intensive Bauchschmerzen, blutiger Durchfall, Erbrechen mit Blutbeimengungen, Appetitlosigkeit

Nervensystem: Ataxie, Tremor, Krampfanfälle, Verhaltensänderungen, Bewusstseinstrübung bis zum Koma, abnorme Pupillenreflexe

Herz-Kreislauf-System: Herzrhythmusstörungen, Blutdruckveränderungen, Kollaps, blasse oder zyanotische Schleimhäute, verlängerte kapillare Füllungszeit

Atmungssystem: Dyspnoe, abnorme Atemgeräusche, Zyanose, Husten

Urogenitalsystem: Oligurie oder Anurie, Polyurie, Hämaturie, Nierenversagen

Leber: Ikterus (Gelbfärbung der Schleimhäute), Hepatomegalie, Aszites

Haut: Kontaktdermatitis, Rötungen, Schwellungen, Juckreiz, Hautnekrosen

Die zeitliche Entwicklung der Symptome kann wichtige diagnostische Hinweise liefern. Während einige Gifte wie Organophosphate oder Cyanide innerhalb von Minuten zu Symptomen führen, können andere wie Rattengift (Antikoagulanzien) erst nach Tagen klinisch deutlich werden.

Erste Hilfe

Die Gift-Notrufzentralen sind in erster Linie für Menschen und nicht für Tiere gedacht. Eine spezielle Notrufzentrale für Tiere gibt es in Deutschland leider nicht.

  • Bringen Sie Ihr Tier aus der Gefahrenzone.
  • Entfernen Sie sichtbare Giftstoffe, jedoch ohne sich selbst zu gefährden.
  • Spülen oder wischen Sie die Maulhöhle aus. Zum Spülen muss ihr Tier ansprechbar sein, sodass Sie sicher sein können, dass die Schutzreflexe (Schluckreflex) funktionieren.
  • Heben Sie das Etikett auf, falls Ihr Tier den Inhalt einer Verpackung gefressen hat.
  • Bei Hautkontakt eines Giftes waschen oder besser duschen Sie Ihr Tier sehr ausgiebig, mindestens 15 Minuten. Falls Sie Ihr Tier in einer Wanne reinigen, nehmen Sie immer wieder frisches Wasser.
  • Tragen Sie selbst Handschuhe.
  • Spülen Sie die Augen des Tieres bei einem Giftkontakt mindestens 15 Minuten mit lauwarmem Wasser.
  • Bei Erbrechen achten Sie darauf, dass die Maulspitze der tiefste Punkt des Tieres ist. Tiere, die bei Bewusstsein sind, nehmen diese Position von allein ein. Bei nicht voll bewegungsfähigen Tieren müssen Sie Ihr Tier unterstützen. Heben Sie dazu Ihr Tier am Bauch und Becken an, sodass der erbrochene Mageninhalt abfließen kann und nicht in die Atemwege gelangt.
  • Reinigen Sie die Maulhöhle mit einem Papiertuch oder ähnlichem. Achten Sie darauf, dass der Rachen frei ist.
  • Schieben Sie keine Futterbrocken nach hinten.
  • Flößen Sie nichts ein.
  • Versuchen Sie nicht, selbst Erbrechen bei Ihrem Tier auszulösen.

Stellen Sie Ihr Tier so schnell wie möglich einem Tierarzt vor.
Gestatten Sie, dass auch Röntgenaufnahmen von der Speiseröhre angefertigt werden.
Sofern möglich und ohne sich selbst zu gefährden:

  • Nehmen Sie das vermutete Gift und / oder die Verpackung, das Etikett sowie den Beipackzettel mit zum Tierarzt.
  • Notieren Sie sich, wann Ihr Tier das Gift aufgenommen hat, welche (geschätzte) Menge und auf welche Weise (gefressen, eingeatmet, über die Haut).
  • Befinden sich giftige Pflanzen im Haushalt oder im Garten oder gab es einen eindeutigen Kontakt anlässlich eines Spazierganges?
  • Wurden im Haushalt oder in dem für das Tier sonst zugänglichen Bereich Insektengifte, Pflanzengifte oder Rattenköder verwendet?
  • Bekommt Ihr Tier derzeit Medikamente, wenn ja, welche?

Diagnose

Die Diagnose einer Vergiftung stellt eine besondere Herausforderung dar, da die Symptome oft unspezifisch sind und mit vielen anderen Erkrankungen überlappen können. Ein systematischer, diagnostischer Ansatz ist entscheidend.

Anamnese und klinische Untersuchung

Eine detaillierte Anamnese ist von zentraler Bedeutung. Folgende Informationen sollten erhoben werden:

  • Zeitpunkt und Art der vermuteten Giftexposition
  • Geschätzte aufgenommene Menge
  • Expositionsweg (oral, dermal, inhalativ)
  • Zeitlicher Verlauf der Symptome
  • Vorhandensein giftiger Substanzen im Umfeld des Tieres
  • Aktuelle Medikation des Tieres

Die klinische Untersuchung umfasst eine vollständige Evaluation aller Organsysteme, mit besonderem Augenmerk auf neurologische Auffälligkeiten, Vitalparameter und Schleimhautbeschaffenheit.

Labordiagnostik

Grundlegende Laboruntersuchungen umfassen:

  • Blutbild und Differenzialblutbild
  • Serumbiochemie mit Leber- und Nierenwerten
  • Elektrolyte und Säure-Basen-Status
  • Gerinnungsparameter (besonders bei Verdacht auf Antikoagulanzien)
  • Urinanalyse

Spezifische toxikologische Untersuchungen können an Blut, Urin, Mageninhalt oder Kotproben durchgeführt werden. Allerdings sind diese oft zeitaufwendig und nicht immer in Notfallsituationen verfügbar.

Bildgebende Verfahren

Röntgenaufnahmen können bei Verdacht auf Giftköder mit röntgendichten Bestandteilen oder zur Beurteilung sekundärer Organschäden hilfreich sein. Ultraschalluntersuchungen ermöglichen die Beurteilung von Organveränderungen, insbesondere an Leber, Nieren und Gastrointestinaltrakt.

Die Diagnose basiert häufig auf einer Kombination aus Anamnese, klinischen Symptomen und Laborergebnissen, da ein direkter toxikologischer Nachweis nicht immer möglich ist.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Nach einer Einschätzung der Gefährdung durch den Tierarzt gelten bei Intoxikationen einheitliche Grundsätze.
Die lebenswichtigen Funktionen (Vitalfunktionen) werden gesichert. Dazu ist eine entsprechende Basisdiagnostik notwendig.
Das meist vom Besitzer des Tieres begonnene Entfernen des Giftes durch eine Reinigung des Felles und der Haut (Dekontamination) wird gegebenenfalls umfassend fortgesetzt.
Zur Dekontamination zählen auch das Auslösen von Erbrechen, die Gabe medizinischer Kohle oder eine Magenspülung bei bereits im Magen-Darm-Trakt befindlichen Giften, sofern der zeitliche Verlauf nicht dagegenspricht.
Wenn verfügbar, wird ein Antidot eingesetzt.
Gegen die Toxine der in Europa vorkommenden Schlangen (Kreuzotter, Aspisviper und Sandotter) existiert das Misch-Antiserum „Antivenin“.
Der Einsatz von Antivenin wird nur in kritischen Fällen empfohlen, da die Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion besteht.
Ansonsten erfolgt eine symptomatische Therapie, die von der Wirkung des jeweiligen Giftes abhängt.

Ergänzungen

Die Behandlung von Vergiftungen folgt einem mehrstufigen Ansatz, wobei die Stabilisierung der Vitalfunktionen stets an erster Stelle steht.

Notfallmaßnahmen und Erste Hilfe

Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollten Tierbesitzer folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen:

  • Das Tier aus der Gefahrenzone bringen
  • Sichtbare Giftstoffe entfernen, ohne sich selbst zu gefährden
  • Bei Hautkontakt das Fell ausgiebig mit lauwarmem Wasser spülen (mindestens 15 Minuten)
  • Bei Augenkontakt Augen mindestens 15 Minuten mit lauwarmem Wasser spülen
  • Bei Erbrechen darauf achten, dass die Maulspitze der tiefste Punkt ist, um Aspiration zu vermeiden
  • Keine selbstständigen Versuche unternehmen, Erbrechen auszulösen
  • Nichts einflößen
  • Verpackung, Etikett oder Proben des vermuteten Giftes für den Tierarzt sicherstellen

Dekontamination

Die tierärztliche Dekontamination umfasst verschiedene Maßnahmen zur Entfernung oder Inaktivierung des Giftes:

Enterale Dekontamination:

  • Emetika wie Apomorphin (Hund) oder Xylazin (Katze) können bei kürzlich erfolgter oraler Aufnahme (< 2–4 Stunden) und bei vollem Bewusstsein eingesetzt werden
  • Magenspülung unter Vollnarkose bei schweren Vergiftungen oder wenn Erbrechen kontraindiziert ist
  • Aktivkohle bindet viele Toxine im Magen-Darm-Trakt und verhindert ihre Resorption (mehrfache Gabe bei enterohepatischem Kreislauf)
  • Abführmittel beschleunigen die Passage von Toxinen durch den Darm

Dermale Dekontamination:

  • Gründliches Waschen mit mildem Shampoo
  • Bei lipophilen Substanzen Verwendung von entfettenden Waschlösungen

Augendekontamination:

  • Kontinuierliche Spülung mit physiologischer Kochsalzlösung

Antidottherapie

Für einige Gifte stehen spezifische Antidote zur Verfügung:

  • Vitamin K1 bei Antikoagulanzien-Vergiftungen (Rattengift)
  • N-Acetylcystein bei Paracetamol-Vergiftung
  • Atropin und Pralidoxim bei Organophosphat-Vergiftungen
  • Ethanol oder 4-Methylpyrazol bei Ethylenglykol-Vergiftungen
  • Antivenin bei Schlangenbissen (nur in kritischen Fällen wegen Anaphylaxie-Risiko)

Unterstützende Therapie

Die symptomatische und unterstützende Therapie ist oft entscheidend für den Behandlungserfolg:

  • Flüssigkeitstherapie zur Förderung der renalen Elimination und Stabilisierung des Kreislaufs
  • Sauerstoffgabe bei respiratorischen Problemen
  • Antikonvulsiva bei Krampfanfällen
  • Temperaturmanagement
  • Analgesie bei Schmerzen
  • Unterstützung der Organfunktionen (Leber, Niere)
  • Bei schweren Fällen intensivmedizinische Überwachung mit Monitoring der Vitalparameter

In besonders schweren Fällen können extrakorporale Eliminationsverfahren wie Hämodialyse oder Hämoperfusion erwogen werden, insbesondere bei Nierenversagen oder Vergiftungen mit dialysierbaren Toxinen.

Prognose und Nachsorge

Die Prognose bei Vergiftungen ist abhängig von verschiedenen Faktoren und erfordert eine individuelle Beurteilung jedes Falles.

Prognostische Faktoren

Folgende Faktoren beeinflussen maßgeblich die Prognose:

  • Art und Menge des aufgenommenen Giftes
  • Zeitspanne zwischen Exposition und Behandlungsbeginn
  • Allgemeinzustand und Vorerkrankungen des Tieres
  • Schweregrad der Organschäden
  • Verfügbarkeit spezifischer Antidote
  • Qualität der intensivmedizinischen Betreuung

Bei frühzeitiger Erkennung und adäquater Behandlung ist die Prognose für viele Vergiftungen gut. Schwere Organschäden, insbesondere an Nieren, Leber oder Nervensystem, können jedoch zu bleibenden Funktionseinschränkungen oder zum Tod führen.

Nachsorge und Rekonvaleszenz

Die Nachsorge nach einer Vergiftung umfasst:

  • Regelmäßige Kontrollen der Organfunktionen durch klinische Untersuchung und Labordiagnostik
  • Anpassung der Ernährung bei Organschäden (z. B. nierenfreundliche Diät)
  • Medikamentöse Unterstützung der Organfunktionen
  • Physiotherapie bei neurologischen Defiziten
  • Regelmäßige Überwachung von Langzeitmedikationen (z. B. Vitamin K1 bei Antikoagulanzien-Vergiftungen)

Die Rekonvaleszenzphase kann je nach Schweregrad der Vergiftung Tage bis Monate dauern. Besonders bei Schädigungen des Nervensystems oder der Nieren ist eine langfristige Nachsorge erforderlich.

Prävention zukünftiger Vergiftungen

Ein wesentlicher Aspekt der Nachsorge ist die Beratung der Tierbesitzer zur Prävention weiterer Vergiftungsfälle:

  • Sichere Aufbewahrung von Medikamenten, Chemikalien und Reinigungsmitteln
  • Entfernung giftiger Pflanzen aus dem Wohnbereich und Garten
  • Verwendung tierfreundlicher Alternativen zu toxischen Haushaltsprodukten
  • Vorsicht bei der Anwendung von Pestiziden und Düngemitteln
  • Leinenpflicht in Gebieten mit bekannter Giftköderproblematik
  • Training des Hundes zur Vermeidung der Aufnahme von Fremdstoffen

Ausblick auf aktuelle Forschung

Die Veterinärtoxikologie ist ein dynamisches Forschungsfeld, mit kontinuierlichen Fortschritten in der Diagnostik und Therapie.

Neue diagnostische Methoden

Aktuelle Forschungsansätze konzentrieren sich auf die Entwicklung schnellerer und präziserer diagnostischer Tests für häufige Vergiftungen. Point-of-Care-Tests ermöglichen zunehmend die rasche Identifikation bestimmter Toxine direkt in der tierärztlichen Praxis. Komplexe Ansätze erlauben die Identifikation spezifischer Biomarker für verschiedene Vergiftungen, was die Diagnosestellung beschleunigen kann.

Innovative Therapieansätze

Die Forschung an neuen Antidoten und Behandlungsprotokollen schreitet voran. Lipidtherapie (intravenöse Fettemulsionen) hat sich als vielversprechender Ansatz bei Vergiftungen mit lipophilen Substanzen erwiesen. Nanopartikel-basierte Adsorbentien mit höherer Bindungskapazität als herkömmliche Aktivkohle befinden sich in der Entwicklung.

Extrakorporale Therapieverfahren werden zunehmend für die Veterinärmedizin adaptiert und optimiert, was die Behandlungsmöglichkeiten bei schweren Vergiftungen erweitert.

Überwachung und Prävention

Digitale Überwachungssysteme für Vergiftungsfälle ermöglichen die Erkennung regionaler Häufungen und neuer Gefahrenquellen. Mobile Anwendungen zur Identifikation giftiger Pflanzen und Substanzen sowie zur Erstversorgung vergifteter Tiere werden entwickelt und verbessert.

Die Erforschung der genetischen Grundlagen für unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber Toxinen könnte zukünftig individualisierte Präventions- und Behandlungsstrategien ermöglichen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Welche Anzeichen können auf eine Vergiftung bei meinem Haustier hinweisen?
    Typische Anzeichen sind plötzliches Erbrechen, Durchfall, verstärkter Speichelfluss, Zittern, Krämpfe, Bewusstseinsveränderungen, erweiterte oder verengte Pupillen sowie Atem- und Kreislaufprobleme. Besonders verdächtig ist das plötzliche Auftreten mehrerer dieser Symptome ohne erkennbare andere Ursache.
  2. Welche Lebensmittel sind für Hunde und Katzen giftig?
    Zu den gefährlichen Lebensmitteln zählen Schokolade, Kaffee und andere koffeinhaltige Produkte, Zwiebeln, Knoblauch, Weintrauben und Rosinen, Macadamianüsse, Avocados sowie Produkte mit dem Süßstoff Xylit. Die Toxizität variiert je nach Tierart und aufgenommener Menge.
  3. Was sollte ich tun, wenn ich vermute, dass mein Tier etwas Giftiges gefressen hat?
    Entfernen Sie Ihr Tier aus der Gefahrenzone, sichern Sie, wenn möglich, Reste des Giftes oder dessen Verpackung und kontaktieren Sie umgehend Ihren Tierarzt. Versuchen Sie nicht, selbstständig Erbrechen auszulösen oder Hausmittel zu verabreichen, da dies die Situation verschlimmern kann.
  4. Wie lange dauert es, bis nach einer Vergiftung Symptome auftreten?
    Die Zeitspanne variiert erheblich je nach Gift, aufgenommener Menge und Expositionsweg. Einige Toxine wie Organophosphate oder Cyanide können innerhalb von Minuten zu Symptomen führen, während andere wie Rattengift erst nach Tagen klinisch deutlich werden können.
  5. Kann ich meinem Tier Aktivkohle geben, wenn ich eine Vergiftung vermute?
    Die Gabe von Aktivkohle sollte nur nach Rücksprache mit einem Tierarzt erfolgen. Sie ist nur bei bestimmten Giften wirksam und bei einigen Vergiftungen sogar kontraindiziert. Zudem ist der richtige Zeitpunkt der Gabe entscheidend für die Wirksamkeit.
  6. Wie kann ich mein Zuhause sicherer für meine Haustiere gestalten?
    Bewahren Sie Medikamente, Reinigungsmittel und Chemikalien in verschlossenen Schränken auf. Entfernen Sie giftige Zimmerpflanzen oder platzieren Sie sie außerhalb der Reichweite Ihrer Tiere. Informieren Sie sich über giftige Gartenpflanzen und verwenden Sie tierfreundliche Alternativen zu giftigen Produkten.
  7. Sind Katzen empfindlicher gegenüber Vergiftungen als Hunde?
    Katzen sind aufgrund ihrer speziellen Stoffwechselprozesse gegenüber bestimmten Substanzen tatsächlich empfindlicher. Besonders problematisch sind für Katzen Paracetamol, Permethrin, ätherische Öle und Lilien, die bei ihnen zu schwerwiegenderen Vergiftungen führen können als bei Hunden.
  8. Wie werden Vergiftungen beim Tierarzt behandelt?
    Die Behandlung umfasst je nach Fall die Dekontamination (Auslösen von Erbrechen, Magenspülung, Aktivkohlegabe), die Verabreichung spezifischer Gegenmittel (wenn verfügbar) und unterstützende Maßnahmen wie Infusionstherapie, Sauerstoffgabe oder Krampfkontrolle.
  9. Wie lange dauert die Erholung nach einer Vergiftung?
    Die Erholungszeit variiert stark je nach Art und Schwere der Vergiftung sowie dem Allgemeinzustand des Tieres. Leichte Vergiftungen können innerhalb weniger Tage ausheilen, während schwere Fälle mit Organschäden eine langwierige Rekonvaleszenz erfordern oder dauerhafte Schäden hinterlassen können.
  10. Was sind die häufigsten Vergiftungsursachen bei Haustieren?
    Die häufigsten Ursachen sind Medikamentenvergiftungen (besonders Humanmedikamente), Haushaltschemikalien, Pflanzenschutzmittel, Rattengift, Schokolade, Ethylenglykol (Frostschutzmittel) und giftige Pflanzen. Regional können auch absichtlich ausgelegte Giftköder ein erhebliches Problem darstellen.

Literatur

 

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Narzissen sind für Katzen giftig

Mehr Informationen zu Giften und Vergiftungen bei Hunden und Katzen finden Sie hier:

https://petsvetcheck.de/krankheiten-und-stoerungen/vergiftungen/