Ohnmacht (Synkope)

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Eine Synkope, im Volksmund auch als Ohnmacht bezeichnet, ist ein plötzlicher, kurzzeitiger und vollständig reversibler Bewusstseinsverlust, der durch eine vorübergehende Minderdurchblutung des Gehirns verursacht wird. Bei diesem neurologischen Phänomen kommt es zu einer akuten zerebralen Hypoperfusion, die zu einem abrupten Zusammenbruch des Tieres führt. Im Gegensatz zu anderen Bewusstseinsstörungen wie Krampfanfällen oder Narkolepsie ist die Synkope typischerweise von kurzer Dauer (meist weniger als eine Minute) und zeichnet sich durch eine vollständige Erholung ohne neurologische Residuen aus.

Die Prävalenz von Synkopen ist bei Hunden deutlich höher als bei Katzen. Dies liegt unter anderem an anatomischen und physiologischen Unterschieden im kardiovaskulären System sowie an der unterschiedlichen Häufigkeit prädisponierender Grunderkrankungen. Bei Katzen stellen Synkopen eine echte Rarität dar, während sie bei Hunden, insbesondere bei bestimmten Rassen mit kardiologischen Prädispositionen, häufiger beobachtet werden.

Die pathophysiologische Grundlage einer Synkope ist eine Reduktion der zerebralen Durchblutung um etwa 30-35% oder ein Abfall des systemischen Blutdrucks unter 60 mmHg. Diese kritische Minderdurchblutung führt zu einem Sauerstoff- und Glukosemangel im Gehirn, wodurch die normale Hirnfunktion vorübergehend nicht aufrechterhalten werden kann.

Ursachen

Ohnmacht (kurze Bewusstlosigkeit, Synkope) tritt auf, wenn das Gehirn vorübergehend nicht mit genügend Blut versorgt wird und dadurch einen Sauerstoffmangel erleidet.
Meist ist der Bewusstseinsverlust nur kurz, kann aber Ausdruck einer ernsthaften Funktionsstörung des Herzens sein. Größtenteils sind Herzrhythmusstörungen oder Erkrankungen am Herzbeutel die Ursache.
Synkopen treten bei Hunden öfter auf. Bei Katzen sind sie eine Rarität.
Auch nach einem Trauma oder Sturz kann es zur Bewusstlosigkeit kommen.

Ergänzung

Die Ätiologie von Synkopen bei Kleintieren ist vielfältig, wobei kardiovaskuläre Ursachen dominieren. Grundsätzlich lassen sich die Ursachen in folgende Kategorien einteilen:

Kardiale Ursachen stehen bei Hunden im Vordergrund und umfassen Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) wie Bradyarrhythmien (z.B. AV-Block dritten Grades, Sinusknotendysfunktion), Tachyarrhythmien (z.B. ventrikuläre Tachykardie, supraventrikuläre Tachykardie) sowie strukturelle Herzerkrankungen wie Kardiomyopathien, Herzklappenerkrankungen oder kongenitale Herzdefekte. Besonders brachyzephale Rassen wie Möpse, Französische und Englische Bulldoggen leiden häufiger unter kardiogenen Synkopen aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten und Prädisposition für Herzerkrankungen.

Bei Dobermännern, Boxern und Cavalier King Charles Spaniels treten Synkopen häufiger aufgrund rassespezifischer Herzerkrankungen wie dilatativer Kardiomyopathie oder Mitralklappenendokardiose auf. Maine Coon und Ragdoll Katzen können durch ihre genetische Prädisposition für hypertrophe Kardiomyopathie ebenfalls betroffen sein, wenngleich Synkopen bei Katzen generell selten sind.

Nicht-kardiale Ursachen umfassen neurokardiogene (vasovagale) Synkopen, die durch einen plötzlichen Blutdruckabfall infolge eines Reflexes ausgelöst werden, orthostatische Hypotension bei schnellem Lagewechsel, sowie metabolische Störungen wie Hypoglykämie, schwere Anämie oder Hypoxie. Auch Erkrankungen wie Karotissinus-Hypersensitivität, situationsbedingte Synkopen (z.B. bei Husten, Würgen oder Defäkation) sowie Medikamentennebenwirkungen können zu Synkopen führen.

Traumatische Ereignisse wie Verkehrsunfälle oder Stürze können ebenfalls zu vorübergehender Bewusstlosigkeit führen, die jedoch pathophysiologisch von einer klassischen Synkope zu unterscheiden ist.

Symptome

  • Plötzlich auftretend
  • Zusammensinken des Tieres
  • Von kurzer Dauer
  • Kein Harnabsatz

Die klinische Präsentation einer Synkope ist charakteristisch und folgt meist einem typischen Muster. Der Bewusstseinsverlust tritt abrupt auf und führt zum plötzlichen Zusammensinken des Tieres. Diesem Ereignis können Prodromalsymptome vorausgehen, die jedoch vom Tierbesitzer häufig erst retrospektiv erkannt werden:

Vor der eigentlichen Synkope können Anzeichen wie Unruhe, Schwäche, Taumeln, Zittern oder kurzzeitige Desorientierung auftreten. Während der Synkope liegt das Tier flach auf der Seite, zeigt keine Reaktion auf äußere Reize und weist blass-zyanotische Schleimhäute auf. Die Atmung kann flach oder kurzzeitig aussetzend sein, der Puls ist schwach oder kaum tastbar. Im Gegensatz zu epileptischen Anfällen fehlen typischerweise tonisch-klonische Krämpfe, unwillkürlicher Harn- oder Kotabsatz sowie präiktale und postiktale Phasen.

Die Dauer einer Synkope beträgt meist nur wenige Sekunden bis maximal ein bis zwei Minuten. Die Erholung erfolgt spontan und vollständig, wobei das Tier nach dem Ereignis sofort wieder normal wirkt oder nur kurzzeitig desorientiert erscheint. Bei kardiogenen Synkopen können die Episoden durch körperliche Anstrengung, Aufregung oder Stress ausgelöst oder verschlimmert werden.

Besonders wichtig für die Differentialdiagnose ist die Unterscheidung zu anderen Bewusstseinsstörungen: Im Gegensatz zum Vestibularsyndrom bei älteren Tieren fehlen bei der Synkope Kopfschiefhaltung und Nystagmus. Anders als bei epileptischen Anfällen kommt es bei der Synkope nicht zu Kaubewegungen, Speicheln oder einer postiktalen Phase mit Verwirrtheit. Bei Narkolepsie hingegen wird das Tier durch externe Stimuli geweckt, was bei einer Synkope nicht der Fall ist.

Erste Hilfe

  • Legen Sie Ihr Tier auf die rechte Seite, entfernen Sie den Maulkorb, öffnen Sie den Fang und ziehen Sie die Zunge leicht (!) nach vorn.
  • Wenn keine Verletzungen vorliegen und das Tier atmet, lassen Sie es seitlich auf dem Boden liegen, bis es von allein aufstehen möchte. Tragen Sie es nicht auf die Couch oder dergleichen. Es könnte bei Aufstehversuchen taumeln und herunterfallen.
  • Wenn Sie unterwegs sind, brechen Sie einen Spaziergang sofort ab. Lassen Sie dem Tier reichlich Zeit, sich an Ort und Stelle zu erholen. Lockern Sie das Halsband.
  • Sollte Ihr Tier nicht innerhalb von einer Minute wieder von allein aufstehen oder stark blutende Verletzungen aufweisen, versuchen Sie es sofort zu einem Tierarzt zu bringen. Notfalls rufen Sie andere Menschen zu Hilfe.
  • Bei sehr starken Blutungen nach einem Sturz oder einem Trauma anderer Ursache (Verkehrsunfall) versuchen Sie, die Blutung durch eine Kompression zu stoppen oder zu mildern, bis Sie beim Tierarzt eintreffen.
  • Stellen Sie keine Atmung und Herztätigkeit fest, kann man auch beim Tier eine Herzmassage und Beatmung (siehe —> Wiederbelebung, Reanimation) durchführen.
  • Bedenken Sie, dass es sich teilweise um einen kleinen Organismus handelt und Sie nicht mehr Kraft aufwenden dürfen, als beispielsweise bei kleinen Kindern vergleichbarer Größe.
  • Üben Sie den Druck auf die Herzregion kurz hinter dem Ellenbogen auf der linken Körperseite bei Ihrem auf der rechten Körperseite liegenden Tier aus und halten eventuell rechts mit der anderen Hand etwas dagegen. Nach ca. 15 Druckimpulsen beatmen Sie einmal. Danach folgen wieder ca. 15 Druckimpulse usw.
  • Bei der Beatmung über die Nasenlöcher benutzen Sie ein Tuch, beugen den Kopf des Tieres leicht nach hinten und blasen nicht zu kräftig. Der Brustkorb soll sich nur leicht heben. Wenn Sie den Kopf des Tieres nicht nach hinten beugen, könnten Sie Ihre Atemluft eventuell in den Magen des Tieres blasen.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Synkopen können viele Ursachen haben. Meist werden sie jedoch durch eine verminderte Herzleistung verursacht, sodass genauere Untersuchungen zur Herzfunktion anzuraten sind. EKG, Herzultraschall, Röntgen und bestimmte Labortests stehen im Vordergrund.
Teilweise sind neurologische Untersuchungen notwendig.
Erst nach Klärung der Ursache ist eine entsprechende Therapie möglich.

Ergänzung

Die Behandlung von Synkopen richtet sich primär nach der zugrundeliegenden Ursache und folgt einem individuell angepassten Therapiekonzept. Bei kardiogenen Synkopen steht die Behandlung der Herzerkrankung im Vordergrund.

Bei Bradyarrhythmien wie AV-Block dritten Grades oder Sinusknotendysfunktion kann die Implantation eines permanenten Herzschrittmachers indiziert sein. Diese Therapieoption ist mittlerweile in spezialisierten veterinärmedizinischen Zentren verfügbar und zeigt bei sorgfältiger Patientenselektion gute Langzeitergebnisse. Alternativ können Medikamente wie Theophyllin oder Terbutalin zur Steigerung der Herzfrequenz eingesetzt werden, wenngleich deren Wirksamkeit begrenzt ist.

Bei Tachyarrhythmien kommen Antiarrhythmika zum Einsatz. Für ventrikuläre Tachykardien werden häufig Sotalol, Mexiletin oder Amiodaron verwendet, während bei supraventrikulären Tachykardien Betablocker (z.B. Atenolol), Kalziumkanalblocker (z.B. Diltiazem) oder Digoxin eingesetzt werden. Die Medikamentenwahl erfolgt basierend auf der spezifischen Arrhythmie, Begleiterkrankungen und potentiellen Nebenwirkungen.

Strukturelle Herzerkrankungen werden entsprechend ihrer Art behandelt. Bei Herzklappenerkrankungen kommen ACE-Hemmer, Diuretika und Pimobendan zum Einsatz, während Kardiomyopathien je nach Typ mit Betablockern, Kalziumkanalblockern oder Herzinsuffizienztherapie behandelt werden.

Bei neurokardiogenen (vasovagalen) Synkopen steht die Vermeidung auslösender Faktoren im Vordergrund. Zusätzlich können Fludrocortison zur Erhöhung des Blutvolumens oder Betablocker zur Dämpfung der kardialen Reflexantwort eingesetzt werden.

Metabolische Ursachen erfordern eine spezifische Therapie der Grunderkrankung, beispielsweise die Behandlung einer Hypoglykämie durch Anpassung der Fütterung oder Insulintherapie bei Insulinomen.

Begleitend zur medikamentösen Therapie sind Anpassungen der Lebensgewohnheiten wichtig. Dazu gehören die Vermeidung von übermäßiger körperlicher Anstrengung bei kardiogenen Synkopen, Stressreduktion sowie die Verwendung von Brustgeschirren statt Halsbändern bei prädisponierten Tieren. Bei brachyzephalen Rassen kann eine Gewichtsreduktion zur Verbesserung der kardiorespiratorischen Funktion beitragen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Was ist der Unterschied zwischen einer Synkope und einem epileptischen Anfall bei meinem Haustier?
    Bei einer Synkope kommt es zu einem kurzen Bewusstseinsverlust ohne Krampfaktivität, gefolgt von einer sofortigen vollständigen Erholung. Ein epileptischer Anfall zeigt typischerweise Krampfaktivität (Zuckungen, Kaubewegungen), oft Urin- oder Kotabsatz und eine anschließende Phase der Verwirrtheit (postiktale Phase).
  2. Sind bestimmte Hunderassen besonders anfällig für Synkopen?
    Ja, bestimmte Rassen haben ein erhöhtes Risiko. Brachyzephale Rassen (Möpse, Bulldoggen) aufgrund ihrer Atemwegsprobleme, Dobermänner und Boxer wegen prädisponierender Herzerkrankungen sowie Cavalier King Charles Spaniels aufgrund häufiger Mitralklappenerkrankungen sind besonders gefährdet.
  3. Kann eine einmalige Synkope ein Notfall sein, oder sollte ich abwarten?
    Jede erste Synkope sollte als Notfall betrachtet werden und eine zeitnahe tierärztliche Untersuchung nach sich ziehen. Auch wenn das Tier sich schnell erholt, kann eine potenziell lebensbedrohliche Grunderkrankung vorliegen.
  4. Wie kann ich als Tierbesitzer zwischen einer Synkope und einfachem Stolpern oder Ausrutschen unterscheiden?
    Bei einer Synkope verliert das Tier vollständig das Bewusstsein und reagiert kurzzeitig nicht auf Ansprache oder Berührung. Beim Stolpern oder Ausrutschen bleibt das Tier bei Bewusstsein und reagiert normal auf seine Umgebung.
  5. Kann eine Synkope durch Stress oder Aufregung ausgelöst werden?
    Ja, besonders neurokardiogene (vasovagale) Synkopen können durch emotionalen Stress, Angst oder Aufregung ausgelöst werden. Auch bei Tieren mit Herzerkrankungen kann Stress zu einer Verschlechterung der Herzfunktion und damit zu Synkopen führen.
  6. Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen sollte ich ergreifen, wenn mein Tier eine Synkope erleidet?
    Legen Sie Ihr Tier auf die rechte Seite, sorgen Sie für freie Atemwege (Kopf leicht strecken, Zunge vorsichtig nach vorne ziehen), halten Sie es warm und ruhig. Vermeiden Sie hektische Bewegungen und transportieren Sie das Tier nach Erholung behutsam zum Tierarzt.
  7. Kann ein Tier mit wiederkehrenden Synkopen ein normales Leben führen?
    Mit entsprechender Diagnose und Behandlung können viele Tiere ein gutes Leben führen. Die Prognose hängt von der Grunderkrankung ab. Anpassungen im Alltag (z.B. Vermeidung von Überanstrengung, Stress) können notwendig sein.
  8. Sind Herzschrittmacher für Haustiere eine realistische Option?
    Ja, Herzschrittmacher werden erfolgreich bei Hunden und seltener bei Katzen eingesetzt. Die Technologie wurde für Kleintiere adaptiert und zeigt gute Langzeitergebnisse. Diese Option ist allerdings nur in spezialisierten Zentren verfügbar und mit erheblichen Kosten verbunden.
  9. Wie unterscheiden sich Synkopen bei Katzen von denen bei Hunden?
    Synkopen sind bei Katzen generell viel seltener als bei Hunden. Wenn sie auftreten, sind sie häufiger mit schweren strukturellen Herzerkrankungen wie hypertropher Kardiomyopathie verbunden. Die klinische Präsentation ist ähnlich, jedoch kann die Diagnose bei Katzen aufgrund ihres verborgeneren Verhaltens schwieriger sein.
  10. Können Nahrungsergänzungsmittel oder spezielle Diäten Synkopen vorbeugen?
    Bei primär kardiogenen Synkopen gibt es keine spezifischen Nahrungsergänzungsmittel zur Prävention. Bei Herzerkrankungen können jedoch natriumreduzierte Diäten und bestimmte Ergänzungsmittel (z.B. Taurin, Omega-3-Fettsäuren) unterstützend wirken. Die Grundbehandlung sollte jedoch immer medikamentös erfolgen.

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