Krämpfe

Inhalt

Unter Krämpfen versteht man unwillkürliche und unkontrollierbare Bewegungen des Körpers. Sie werden durch spezielle Aktivitäten im Gehirn ausgelöst. Es können Teile des Körpers oder aber der gesamte Körper betroffen sein. Betroffene Tiere können bei Bewusstsein oder auch nicht ansprechbar sein. Länger anhaltende Krämpfe können zu Schäden im Gehirn, aber auch in anderen Organen führen.

Krämpfe bei Hunden und Katzen sind unwillkürliche, unkontrollierbare Bewegungen des Körpers, die durch abnormale elektrische Aktivität im Gehirn ausgelöst werden. Diese neurologischen Ereignisse können fokale (auf einen Körperteil beschränkte) oder generalisierte (den gesamten Körper betreffende) Formen annehmen. Die Intensität kann von leichten Muskelzuckungen bis hin zu schweren tonisch-klonischen Anfällen mit Bewusstseinsverlust reichen. Ein Krampfanfall ist ein Symptom und keine eigenständige Erkrankung – er weist auf eine zugrundeliegende Störung hin, die diagnostiziert werden muss.

Krampfanfälle lassen sich in verschiedene Phasen unterteilen: Die Prodromalphase tritt Stunden bis Tage vor dem eigentlichen Anfall auf und äußert sich durch Verhaltensänderungen. Die Aura ist die unmittelbare Vorphase, in der das Tier unruhig oder ängstlich wirken kann. Während der iktalen Phase findet der eigentliche Krampfanfall statt. In der postiktalen Phase, die Minuten bis Tage andauern kann, zeigen die Tiere oft Desorientierung, Erschöpfung oder abnormales Verhalten. Das Verständnis dieser Phasen ist für Tierbesitzer wichtig, um Anfälle frühzeitig zu erkennen und angemessen zu reagieren.

Ursachen

Es gibt verschiedene Formen von Krämpfen mit unterschiedlichen Ausgangspunkten.
Zugrundeliegende Erkrankungen und Störungen können Epilepsie, Gifte, Unterzuckerung, Stoffwechselentgleisung im Zusammenhang mit einer Trächtigkeit und Milchbildung (Eklampsie), Hirntumoren und andere Erkrankungen sein.
Bei jungen Tieren spielen angeborene Probleme wie innerer Wasserkopf (Hydrocephalus) oder Missbildungen an der Leber (portosystemischer Shunt) oder Epilepsie eine besondere Rolle.
Generalisierte Krämpfe mit Bewusstseinsverlust sollten unbedingt abgeklärt werden.

Ergänzungen

Die Ursachen für Krämpfe bei Hunden und Katzen sind vielfältig und lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen: intrazerebrale (im Gehirn) und extrazerebrale (außerhalb des Gehirns) Ursachen.

Zu den intrazerebralen Ursachen zählen primäre Epilepsie (genetisch bedingt), strukturelle Hirnerkrankungen wie Tumore, Entzündungen (Enzephalitis), Infektionen, Schädel-Hirn-Traumata und angeborene Missbildungen wie Hydrozephalus. Die idiopathische Epilepsie ist besonders bei bestimmten Hunderassen wie Border Collie, Australian Shepherd, Beagle und Labrador Retriever genetisch prädisponiert und manifestiert sich typischerweise im Alter zwischen einem und fünf Jahren.

Extrazerebrale Ursachen umfassen metabolische Störungen wie Hypoglykämie (Unterzuckerung), Elektrolytstörungen, Leber- und Nierenerkrankungen, die zu einer Ansammlung von Toxinen im Blut führen können. Vergiftungen durch Schokolade, Xylitol, Ethylenglykol, Pestizide oder Schimmelpilztoxine können ebenfalls Krämpfe auslösen. Bei trächtigen oder laktierenden Hündinnen und Katzen kann eine Eklampsie (Kalziummangel) zu schweren Krampfanfällen führen.

Bei jungen Tieren spielen angeborene Probleme wie Hydrozephalus oder portosystemische Shunts eine besondere Rolle, während bei älteren Tieren degenerative Erkrankungen oder Neoplasien häufiger vorkommen. Die genaue Identifizierung der Ursache ist entscheidend für eine zielgerichtete Therapie.

Symptome

Symptome (generalisierter Krampfanfall)

  • Unwillkürliche, ausgedehnte Muskelkontraktionen
  • Muskulatur ist verhärtet
  • Bewusstseinsverlust
  • Niederstürzen der Tiere
  • Ruderbewegungen
  • Verlust der Kontrolle über die Blase und den Mastdarm
  • Eventuell Beißen auf die Zunge

Erste Hilfe

  • Schützen Sie Ihr Tier vor Verletzungen. Legen Sie es nicht erhöht, von wo es herunterfallen könnte. Schaffen Sie Platz um das Tier herum.
  • Entfernen Sie andere Tiere aus dem Bereich des krampfenden Tieres, damit es nicht zu einem Angriff kommt.
  • Fassen Sie nicht in die Maulhöhle des Tieres. Sie könnten gebissen werden. Tiere verschlucken ihre Zunge nicht!
  • Wenn die Krämpfe länger als 3 Minuten dauern, versuchen Sie, Ihr Tier zu kühlen und stellen Sie es einem Tierarzt vor. Auch bei wiederholten Krämpfen stellen Sie es einem Tierarzt vor.
  • Nehmen Sie keinen Einfluss auf das Tier. Sie können einen Krampf nicht durch Erschrecken, Schlagen, Schreien, Wasser oder dergleichen beenden.
  • Ist ein Krampfanfall zu Ende und Ihr Tier macht einen ganz normalen, aufmerksamen Eindruck, bieten Sie ihm eine kleine Portion leicht verdauliches, zuckerhaltiges Futter an.
  • Flößen Sie ihm nichts ein, wenn es nicht fressen oder trinken will.
  • Wenn Ihr Tier definitiv nicht atmet, beginnen Sie mit der Wiederbelebung.

Die Symptome eines Krampfanfalls variieren je nach Art und Schweregrad erheblich. Bei generalisierten Anfällen, der häufigsten und auffälligsten Form, kommt es zu folgenden charakteristischen Anzeichen: Das Tier stürzt plötzlich nieder, verliert das Bewusstsein und zeigt eine ausgeprägte Muskelstarre (tonische Phase), gefolgt von rhythmischen Zuckungen aller Extremitäten (klonische Phase). Dabei können unwillkürlicher Urin- und Kotabsatz, verstärkter Speichelfluss und Pupillenerweiterung auftreten. Die Atmung ist oft unregelmäßig, und manche Tiere zeigen ein Paddeln mit den Beinen oder Kieferschlagen.

Fokale Anfälle betreffen nur bestimmte Körperregionen und äußern sich durch lokalisierte Muskelzuckungen, beispielsweise im Gesicht, oder durch abnormale Bewegungen einer Extremität. Das Bewusstsein kann dabei erhalten bleiben. Fokale Anfälle können zu generalisierten Anfällen fortschreiten.

Besonders gefährlich sind Status epilepticus (anhaltender Anfall über mehr als fünf Minuten) und Cluster-Anfälle (mehrere Anfälle innerhalb von 24 Stunden). Diese Zustände können zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Hyperthermie, Hirnödemen und Multiorganversagen führen und erfordern sofortige tierärztliche Notfallbehandlung.

In der postiktalen Phase nach dem eigentlichen Anfall können Desorientierung, vorübergehende Blindheit, übermäßiger Durst und Hunger, Erschöpfung oder auch aggressives Verhalten auftreten. Diese Phase kann Minuten bis Tage andauern und ist ein wichtiger diagnostischer Hinweis auf einen stattgefundenen Krampfanfall.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Ein akuter Krampfanfall stellt eine lebensbedrohliche Situation dar.
Hier muss so schnell wie möglich durch die Gabe eines krampflösenden Mittels (Antikonvulsivum) die akute Situation beendet werden.
Bestimmte Medikamente, die Ihr Tierarzt immer vorrätig hat, zeichnen sich bei intravenöser Gabe in der Regel durch einen schnellen Wirkungseintritt aus.
Teilweise kann der Krampfanfall aber auch erst durch eine Narkose beendet werden.
Nicht jede Krampfepisode sollte eine Dauermedikation zur Folge haben.
Eine Klärung der Ursache muss angestrebt werden. Kann diese nicht abgestellt werden, ist es das therapeutische Ziel, durch eine Dauermedikation, eine Krampffreiheit oder zumindest eine Reduktion der Krampfanfälle zu erzielen.

Ergänzungen

Die Therapie von Krampfanfällen richtet sich primär nach der zugrundeliegenden Ursache. Bei strukturellen Hirnerkrankungen wie Tumoren kann eine chirurgische Intervention notwendig sein. Metabolische Störungen erfordern eine spezifische Behandlung der Grunderkrankung, beispielsweise durch Glukosegabe bei Hypoglykämie oder Kalziumsubstitution bei Eklampsie.

Die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika bildet die Grundlage der Langzeitbehandlung bei Epilepsie. Phenobarbital ist nach wie vor das Mittel der ersten Wahl bei Hunden, während bei Katzen oft Levetiracetam bevorzugt wird. Weitere Optionen umfassen Kaliumbromid, Zonisamid, Gabapentin und Imepitoin. Die Therapieentscheidung basiert auf Wirksamkeit, Nebenwirkungsprofil, Dosierungsintervall und individuellen Faktoren des Patienten. Eine regelmäßige Überwachung der Medikamentenspiegel und der Organfunktionen ist essentiell, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.

Bei akuten Anfällen kommen schnell wirksame Benzodiazepine wie Diazepam oder Midazolam zum Einsatz, die intravenös, rektal oder intranasal verabreicht werden können. Bei therapieresistenten Anfällen oder Status epilepticus kann eine Narkoseeinleitung mit Propofol oder anderen Anästhetika notwendig sein, um die Anfallsaktivität zu unterbrechen.

Ergänzende Therapieansätze wie ketogene Diäten, mittelkettige Triglyceride oder Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren können unterstützend wirken. Auch die Vermeidung von anfallsauslösenden Faktoren wie Stress, extreme Temperaturen oder plötzliche Lichtreize ist ein wichtiger Bestandteil des Managements.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Kann mein Tier an einem einzelnen Krampfanfall sterben?
    Ein einzelner Krampfanfall ist selten tödlich, kann aber in seltenen Fällen zu Komplikationen wie Aspiration oder Traumata führen. Lebensbedrohlich wird es bei einem Status epilepticus oder gehäuften Anfällen (Cluster-Anfälle).
  2. Wie erkenne ich, ob mein Tier einen Krampfanfall hatte, wenn ich nicht anwesend war?
    Hinweise können nasse Stellen (Urin, Speichel), verschobene Möbel, Verletzungen, starke Erschöpfung, Desorientierung oder ungewöhnliches Verhalten des Tieres sein.
  3. Ist Epilepsie bei Hunden und Katzen heilbar?
    Idiopathische Epilepsie ist nicht heilbar, aber in den meisten Fällen durch Medikamente gut kontrollierbar. Bei symptomatischer Epilepsie hängt die Heilungschance von der Behandelbarkeit der Grunderkrankung ab.
  4. Muss ein Tier mit Epilepsie immer Medikamente nehmen?
    Die Entscheidung für eine dauerhafte Medikation hängt von der Anfallshäufigkeit und -schwere ab. Generell wird eine Therapie empfohlen, wenn mehr als zwei Anfälle innerhalb von sechs Monaten auftreten.
  5. Kann ich mit meinem epileptischen Hund noch Sport treiben?
    Moderate körperliche Aktivität ist größtenteils förderlich. Extreme Anstrengung, Überhitzung oder Unterkühlung sollten jedoch vermieden werden, da sie Anfälle auslösen können.
  6. Welche Nebenwirkungen haben Antiepileptika?
    Häufige Nebenwirkungen sind anfängliche Sedation, gesteigerter Appetit, vermehrtes Trinken und Harnabsatz. Langfristig können Leberschäden, Blutbildveränderungen oder neurologische Störungen auftreten.
  7. Sind bestimmte Hunderassen besonders anfällig für Epilepsie?
    Ja, eine genetische Prädisposition besteht bei Border Collies, Australian Shepherds, Beagles, Labrador Retrievern, Golden Retrievern, Deutschen Schäferhunden und Belgischen Schäferhunden.
  8. Kann eine spezielle Ernährung Anfälle reduzieren?
    Es gibt Hinweise, dass ketogene Diäten oder Nahrungsergänzungen mit mittelkettigen Triglyceriden und Omega-3-Fettsäuren unterstützend wirken können, jedoch nicht als alleinige Therapie.
  9. Ist CBD-Öl eine wirksame Alternative zu konventionellen Antiepileptika?
    Erste Studien zeigen positive Effekte von CBD bei therapieresistenter Epilepsie, jedoch fehlen noch standardisierte Dosierungsempfehlungen und Langzeitstudien für den veterinärmedizinischen Einsatz.
  10. Kann ein Tier nach längerer Anfallsfreiheit die Medikation absetzen?
    Ein Absetzen sollte nur nach mindestens einjähriger Anfallsfreiheit und unter tierärztlicher Aufsicht sehr langsam erfolgen, da ein abruptes Absetzen neue Anfälle auslösen kann.

Literatur

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