Eklampsie

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Unter Eklampsie versteht man Krämpfe, die bei Hündinnen vor, während und nach der Geburt auftreten können. Meist sind jedoch säugende Hündinnen in der Zeit von der 1. bis zur 4. Woche nach der Geburt betroffen. Saugen Welpen darüber hinaus noch sehr intensiv, kann es auch später zur Eklampsie kommen.
Die Eklampsie tritt bei Hündinnen kleiner Hunderassen wie Terrier, Zwergschnauzer, Teckel oder Möpse öfter als bei großen Hunderassen auf. Junge Hündinnen erkranken leichter als ältere Hündinnen. Bei Katzen ist die Erkrankung seltener, folgt aber einem ähnlichen Pathomechanismus. Die Eklampsie stellt einen absoluten tiermedizinischen Notfall dar, der ohne sofortige Behandlung tödlich verlaufen kann.

Ursachen

Die Hauptursache der Eklampsie ist ein akuter Kalziummangel im Blut, der durch verschiedene Faktoren bedingt sein kann. Während der Laktation steigt der Kalziumbedarf dramatisch an, da große Mengen dieses Minerals für die Milchproduktion benötigt werden. Bei einer säugenden Hündin kann der tägliche Kalziumbedarf um das Vier- bis Sechsfache des normalen Bedarfs ansteigen. Dieser erhöhte Bedarf kann nicht allein durch die Nahrungsaufnahme gedeckt werden, sondern erfordert auch eine effiziente Mobilisierung von Kalzium aus den Knochen, was durch Parathormon reguliert wird.

Mehrere prädisponierende Faktoren können zu einer Eklampsie führen:

  1. Unzureichende Kalziumaufnahme über die Nahrung während der Trächtigkeit und Laktation
  2. Gestörte hormonelle Regulation des Kalziumhaushalts, insbesondere durch Parathormon, Calcitonin und Vitamin D
  3. Große Würfe, die einen erhöhten Kalziumbedarf für die Milchproduktion bedeuten
  4. Genetische Prädisposition bei bestimmten Rassen
  5. Paradoxerweise kann auch eine übermäßige Kalziumsupplementierung während der Trächtigkeit zu Problemen führen, da sie die körpereigenen Regulationsmechanismen beeinträchtigen kann

Die Pathophysiologie ist komplex: Bei plötzlichem erhöhtem Kalziumbedarf kann der Körper nicht schnell genug Kalzium aus den Knochen mobilisieren, was zu einem kritischen Abfall des Serumkalziums führt. Da Kalzium essentiell für die neuromuskuläre Erregungsübertragung ist, resultiert dieser Mangel in den charakteristischen klinischen Symptomen.

Symptome

Die klinischen Anzeichen einer Eklampsie entwickeln sich typischerweise rasch und können dramatisch verlaufen. Initial zeigen betroffene Tiere subtile Verhaltensänderungen, die schnell zu schwerwiegenden neurologischen und muskulären Symptomen fortschreiten können. Der Verlauf lässt sich in mehrere Stadien einteilen:

Im Frühstadium zeigen die Tiere Unruhe, Nervosität, verstärktes Hecheln, Speicheln und eine erhöhte Körpertemperatur (oft über 40°C). Die Muttertiere wirken ängstlich und können ihre Welpen vernachlässigen oder ablehnen. Häufig ist eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen zu beobachten.

Mit fortschreitender Erkrankung treten deutliche neuromuskuläre Symptome auf: Muskelzittern, beginnend an Kopf und Gesicht, das sich auf den gesamten Körper ausbreitet; steifer, unkoordinierter Gang; Muskelsteifheit und Tetanie. Charakteristisch ist die sogenannte „Sägebockstellung“, bei der die Beine steif ausgestreckt und der Kopf nach hinten gebogen wird.

Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu generalisierten Krämpfen, Seitenlage mit paddelnden Bewegungen der Extremitäten und ausgestrecktem Hals. Wichtig zu beachten ist, dass die Tiere trotz der krampfartigen Symptome bei Bewusstsein bleiben, was ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu epileptischen Anfällen darstellt.

Ohne Behandlung kann die Eklampsie zum Tod durch Atemversagen führen, da auch die Atemmuskulatur von den Krämpfen betroffen sein kann. Die Herzfrequenz ist typischerweise stark erhöht, der Puls kräftig und pochend. Die Schleimhäute können durch die Hypoxie bläulich verfärbt sein.

Der Ablauf geschieht folgendermaßen

  • zunächst Unruhe, Hecheln, Speichelfluss
  • Muskelzuckungen
  • sägebockartige Stellung, Kopf nach hinten gebogen
  • Einbrechen der Hinterbeine
  • Ausweitung der Krämpfe auf den gesamten Körper mit Seitenlage, sägebockartig weggestreckten Beinen und nach hinten gebogenem Kopf
  • deutlich erhöhte Körpertemperatur auf >40°C
  • Puls pochend, stark beschleunigt
  • in schweren Fällen kann auch die Atemmuskulatur betroffen sein, so dass der Tod eintreten kann

Erste Hilfe

  • Entfernen der Mutter von den Welpen, um einen weiteren Kalziumverlust über die Milch zu verhindern
  • Die Hündin sollte die Welpen auch nicht hören, um keine Stimulation der Milchbildung zu provozieren.
  • Kontrolle der Körpertemperatur
  • Bei nur leichter Unruhe ohne Krämpfe unmittelbare Umstellung der Ernährung der Hündin auf eine für säugende Hündinnen abgestimmte, kalziumreiche Fertignahrung
  • Intensives Zufüttern der Welpen mit Welpenmilchersatz und ab der 3. Lebenswoche mit Futterbrei.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Die Behandlung der Eklampsie ist ein medizinischer Notfall und muss unverzüglich eingeleitet werden. Die Therapie zielt darauf ab, den Kalziumspiegel im Blut schnell zu normalisieren und die neuromuskulären Symptome zu kontrollieren.

Die Notfalltherapie besteht aus der intravenösen Verabreichung von Kalziumlösungen, typischerweise 10% Kalziumgluconat in einer Dosierung von 0,5-1,5 ml/kg Körpergewicht. Diese wird langsam unter EKG-Kontrolle verabreicht, da eine zu schnelle Infusion zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Die klinische Besserung tritt meist innerhalb von Minuten ein, was die Diagnose bestätigt. Bei schweren Fällen kann eine kontinuierliche Kalziuminfusion erforderlich sein.

Begleitende Maßnahmen umfassen:

  1. Trennung der Muttertiere von den Welpen, um den Kalziumverlust über die Milch zu reduzieren
  2. Kontrolle der Körpertemperatur, da Hyperthermie häufig auftritt
  3. Bei schweren Krampfanfällen können Antikonvulsiva wie Diazepam eingesetzt werden
  4. Flüssigkeitstherapie zur Unterstützung der Kreislauffunktion
  5. Wärmetherapie bei Hypothermie oder Kühlung bei Hyperthermie

Nach der akuten Phase ist eine orale Kalziumsupplementierung für die Dauer der Laktation notwendig. Die Ernährung sollte auf hochwertige, kalziumreiche Futtermittel für laktierende Tiere umgestellt werden. Die Welpen sollten zusätzlich mit Muttermilchersatz gefüttert werden, um die Belastung der Mutter zu reduzieren. Bei Welpen ab der dritten Lebenswoche kann mit der Zufütterung von Futterbrei begonnen werden.

Prophylaktisch sollte bei gefährdeten Tieren (kleine Rassen, große Würfe, vorherige Eklampsie) bereits während der Trächtigkeit auf eine ausgewogene, aber nicht übermäßige Kalziumversorgung geachtet werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Was versteht man unter Eklampsie bei Hunden und Katzen?
    Eklampsie ist eine akute Kalziummangelerscheinung, meist bei säugenden Hündinnen oder Katzen. Sie wird oft „Milchfieber“ genannt und ist ein ernster Notfall.
  2. Welche Symptome deuten auf Eklampsie hin?
    Ruhelosigkeit, Zittern, Muskelkrämpfe, unsicherer Gang oder Steifheit, übermäßiges Hecheln und erhöhte Herzfrequenz. In schweren Fällen sind Krampfanfälle möglich.
  3. Was kann man als erste Maßnahme tun?
    Bei Verdacht auf Eklampsie das Tier ruhigstellen und sofort tierärztliche Hilfe suchen. Wenn möglich, Welpen/Kätzchen vorsichtig von der Mutter trennen, um weitere Belastung zu vermeiden.
  4. Wie wird Eklampsie behandelt?
    Der Tierarzt verabreicht intravenös Kalzium (z. B. Calciumgluconat), oft in Kombination mit anderen Elektrolyten und Medikamenten. Die Mutter sollte vorübergehend entlastet werden, z. B. durch Zufüttern der Welpen.
  5. Kann man Eklampsie vorbeugen?
    Eine ausgewogene Ernährung und ggf. Kalziumergänzung in der Trächtigkeit und Laktation. Regelmäßige Kontrollen beim Tierarzt, um den Kalziumspiegel zu prüfen.

Literatur

  1. Löwe, G. und Löwe, O., 2021. Notfälle bei Hund und Katze – Ein tierärztlicher Ratgeber. Kreuztal: Kynos-Verlag. 208 S.
  2. https://www.merckvetmanual.com/metabolic-disorders/disorders-of-calcium-metabolism/puerperal-hypocalcemia-in-small-animals
  3. Waddell LS, Drobatz KJ. Calcium Disturbances in Critical Illness. Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice. 2021;51(6):1313-1325.
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Katzenmutter bei der Pflege ihres Welpen