Lähmung

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Unter einer Lähmung versteht man die Unfähigkeit, Teile des Körpers aktiv zu bewegen. Die Lähmung kann schlaff oder verkrampft sein.

Eine Lähmung (Paralyse) bezeichnet den vollständigen Verlust der willkürlichen Muskelbewegung in einem oder mehreren Körperteilen. Bei einer teilweisen Lähmung (Parese) ist die Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, aber nicht vollständig aufgehoben. Lähmungserscheinungen können plötzlich oder schleichend auftreten und verschiedene Körperregionen betreffen. Je nach Lokalisation unterscheidet man zwischen Monoplegie (Lähmung einer Gliedmaße), Paraplegie (Lähmung beider Hinterbeine), Tetraplegie (Lähmung aller vier Gliedmaßen) und Hemiplegie (Lähmung einer Körperhälfte).

Lähmungen können schlaff oder spastisch sein. Bei schlaffen Lähmungen fehlt der Muskeltonus, während bei spastischen Lähmungen ein erhöhter Muskeltonus vorliegt. Die Unterscheidung ist wichtig für die Diagnose der Grunderkrankung und die Therapieplanung.

Lähmungen entstehen durch Schädigungen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark), des peripheren Nervensystems oder der neuromuskulären Verbindungen. Die Nervenschädigung kann durch Druck, Entzündungen, Durchblutungsstörungen, toxische Einflüsse oder degenerative Prozesse verursacht werden.

Das Wichtigste auf einen Blick

Plötzliche Lähmungen bei Hunden und Katzen stellen einen medizinischen Notfall dar, der sofortiges tierärztliches Handeln erfordert. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Bandscheibenvorfällen über Traumata bis zu Gefäßverschlüssen und Vergiftungen. Die Diagnose basiert auf einer gründlichen neurologischen Untersuchung und bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT.

Die Therapie richtet sich nach der Grundursache und kann konservativ mit Ruhigstellung und Medikamenten oder chirurgisch erfolgen. Entscheidend für den Erfolg ist ein frühzeitiger Behandlungsbeginn, besonders bei Bandscheibenvorfällen und aortaler Thromboembolie. Die Rehabilitation mit Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle für die Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit.

Die Prognose ist abhängig von der Ursache, dem Ausmaß der Nervenschädigung und dem Vorhandensein der Tiefenschmerzwahrnehmung. Während manche Tiere eine vollständige Genesung erreichen, bleiben bei anderen dauerhaft Einschränkungen bestehen, die eine lebenslange Anpassung der Haltungsbedingungen erfordern.

Für Tierbesitzer ist es wichtig, Risikofaktoren zu kennen und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, besonders bei prädisponierten Rassen. Bei den ersten Anzeichen neurologischer Störungen sollte umgehend ein Tierarzt aufgesucht werden, da Zeit ein entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg ist.

Ursachen

Die Ursachen können vielfältig sein.

  • Schäden durch Traumen und Entzündungen am Gehirn und am Rückenmark (Bandscheibenvorfall, Frakturen)
  • Vergiftungen
  • Stoffwechselentgleisungen
  • spezielle Infektionskrankheiten
  • Tumoren im Bereich des Nervensystems
  • Bei Katzen Blutgerinnsel im Bereich der großen Beinarterien (arterielle Verschlusskrankheit, Thrombose)
  • Ergänzung
  • Die Ursachen für plötzliche Lähmungen bei Hunden und Katzen sind vielfältig und können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:Traumatisch bedingte Lähmungen: Wirbelsäulenverletzungen durch Unfälle, Stürze oder Bissverletzungen können zu Kompressionen oder Durchtrennungen des Rückenmarks führen. Besonders häufig sind Autounfälle, Stürze aus großer Höhe bei Katzen oder Verletzungen beim Spiel.

    Degenerative Erkrankungen: Bandscheibenvorfälle stellen bei Hunden eine der häufigsten Ursachen für akute Lähmungen dar. Besonders anfällig sind chondrodystrophe Rassen wie Dackel, Französische Bulldoggen oder Beagle. Die Bandscheibe kann plötzlich vorfallen und Druck auf das Rückenmark ausüben, was zu neurologischen Ausfällen führt.

    Vaskuläre Ursachen: Bei Katzen ist die aortale Thromboembolie (Sattelthrombus) eine häufige Ursache für plötzliche Lähmungen der Hintergliedmaßen. Hierbei verstopft ein Blutgerinnsel die Aorta an ihrer Aufzweigung zu den Hinterbeinen. Diese Erkrankung tritt häufig bei Katzen mit Herzerkrankungen wie der hypertrophen Kardiomyopathie auf.

    Infektiöse und entzündliche Ursachen: Entzündungen des Rückenmarks (Myelitis), der Nervenwurzeln (Radikulitis) oder der peripheren Nerven (Neuritis) können zu Lähmungen führen. Ursächlich können bakterielle oder virale Infektionen, aber auch Autoimmunerkrankungen sein.

    Toxische Ursachen: Vergiftungen durch Schwermetalle, bestimmte Pflanzen oder Medikamente können das Nervensystem schädigen und Lähmungen verursachen.

    Parasitäre Ursachen: Die Zeckenparalyse, verursacht durch Neurotoxine im Speichel bestimmter Zeckenarten, kann zu aufsteigenden Lähmungen führen, die nach Entfernung der Zecke meist reversibel sind.

    Neoplastische Ursachen: Tumoren im Bereich des Gehirns, Rückenmarks oder der peripheren Nerven können durch Druck oder Infiltration zu Lähmungserscheinungen führen.

    Stoffwechselstörungen: Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie oder Hypokalzämie können die Nervenfunktion beeinträchtigen und zu Muskelschwäche oder Lähmungen führen.

    Angeborene Erkrankungen: Bestimmte Rassen haben genetische Prädispositionen für neurologische Erkrankungen, die zu Lähmungen führen können, wie die degenerative Myelopathie beim Deutschen Schäferhund.

Symptome

  • Leichte (Parese) bis vollständige Lähmung (Paralyse), bei der keine Muskelkontraktionen mehr möglich sind
  • teilweise spastische Lähmung mit erhöhtem Muskeltonus
  • plötzlich oder fortschreitend auftretend

Die Symptomatik bei Lähmungen variiert je nach betroffener Körperregion, Schweregrad und Grundursache. Folgende Anzeichen können auf eine Lähmung hindeuten:

Bei einer plötzlichen Lähmung zeigen betroffene Tiere oft eine deutliche Bewegungseinschränkung bis hin zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit der betroffenen Gliedmaßen. Die Tiere können nicht mehr stehen, gehen oder laufen. Bei einer Parese ist die Bewegungsfähigkeit reduziert, was sich in Nachschleifen der Pfoten, Koordinationsstörungen oder einem schwankenden Gang äußern kann.

Ein wichtiges diagnostisches Merkmal ist die Tiefenschmerzwahrnehmung. Fehlt diese, deutet dies auf eine schwere Schädigung des Rückenmarks hin. Der Tierarzt überprüft dies durch einen kräftigen Kneifreiz an den Zehen. Reagiert das Tier nicht mit einer bewussten Reaktion (Kopfwenden, Lautäußerung), ist die Prognose ungünstiger.

Bei Lähmungen der Hintergliedmaßen kann es zu Kontrollverlust über Blase und Darm kommen, was zu unwillkürlichem Harn- und Kotabsatz oder einer Harnretention führt. Besitzer bemerken häufig, dass die Blase überfüllt und hart ist oder dass das Tier ständig tröpfelt.

Schmerzen sind ein häufiges Begleitsymptom, besonders bei Bandscheibenvorfällen oder Nerveneinklemmungen. Die Tiere zeigen Schmerzäußerungen wie Wimmern, Hecheln, Unruhe oder Aggressivität bei Berührung bestimmter Körperregionen. Manche Tiere nehmen eine charakteristische Schonhaltung ein, mit aufgekrümmtem Rücken und gesenktem Kopf.

Bei einer aortalen Thromboembolie bei Katzen sind die Hinterbeine oft kalt und blass, die Krallen können bläulich verfärbt sein. Die betroffenen Tiere zeigen starke Schmerzen und Atemnot aufgrund der zugrunde liegenden Herzerkrankung.

Je nach Ursache können weitere neurologische Symptome wie Bewusstseinsstörungen, Kopfschiefhaltung, Kreisbewegungen oder Krampfanfälle auftreten. Bei Lähmungen durch Vergiftungen oder systemische Erkrankungen können zusätzlich Erbrechen, Durchfall oder Atembeschwerden beobachtet werden.

Erste Hilfe

  • Beruhigen Sie Ihr Tier. Animieren Sie es nicht, sich zu bewegen.
  • Manche Ursachen, wie eine Schädigung des Rückenmarkes können sehr schmerzhaft sein. Legen Sie vorsichtshalber einen Maulkorb an.
  • Setzen Sie nicht selbständig Medikamente ein.
  • Warten Sie nicht ab. Es liegt ein Notfall vor. Eventuell muss sofort operiert werden.
  • Besteht der Verdacht einer Instabilität der Wirbelsäule nach einem Trauma, transportieren Sie Ihr Tier entsprechend vorsichtig.
  • Hüllen Sie Ihr Tier in eine Decke ein und bringen Sie es in eine Tierklinik.
  • Bei dem Verdacht einer Wirbelsäulenverletzungen tragen Sie Ihr Tier nicht, sondern versuchen Sie es liegend mit einer Ruhigstellung der Wirbelsäule zu transportieren.
  • Die Behandlung einer Querschnittslähmung bei Katzen infolge eines Blutgerinnsels duldet keinen Aufschub. Der Zustand ist für die Katze äußerst schmerzhaft.

Diagnose

Die Diagnose einer Lähmung beginnt mit einer gründlichen Anamnese, bei der der Tierarzt nach dem zeitlichen Verlauf, möglichen Traumata, Vorerkrankungen und anderen relevanten Faktoren fragt. Anschließend erfolgt eine allgemeine klinische und eine spezielle neurologische Untersuchung.

In der neurologischen Untersuchung werden Bewusstsein, Haltung, Gang, Haltungs- und Stellreaktionen, spinale Reflexe, Muskeltonus und Schmerzwahrnehmung beurteilt. Diese Untersuchung hilft, die Lokalisation der Läsion einzugrenzen (Gehirn, Rückenmark, periphere Nerven oder Muskulatur) und den Schweregrad einzuschätzen.

Bildgebende Verfahren sind entscheidend für die genaue Diagnose. Röntgenaufnahmen können Frakturen, Luxationen oder degenerative Veränderungen der Wirbelsäule darstellen. Die Computertomografie (CT) liefert detailliertere Bilder knöcherner Strukturen und kann Bandscheibenvorfälle oder Blutungen nachweisen. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist besonders wertvoll zur Darstellung des Rückenmarks, der Nervenwurzeln und des umliegenden Weichteilgewebes. Sie gilt als Goldstandard bei der Diagnose von Bandscheibenvorfällen und anderen rückenmarksnahen Läsionen.

Bei Verdacht auf eine aortale Thromboembolie bei Katzen werden Ultraschalluntersuchungen des Herzens (Echokardiografie) und der großen Gefäße durchgeführt. Die Doppler-Sonografie kann den Blutfluss in den betroffenen Arterien darstellen.

Laboruntersuchungen wie Blutbild, Serumchemie und Urinanalyse helfen, systemische Erkrankungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen zu erkennen. Bei Verdacht auf Infektionen oder entzündliche Erkrankungen kann eine Untersuchung des Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) durch eine Lumbalpunktion notwendig sein.

Elektrophysiologische Untersuchungen wie Elektromyografie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen können bei der Diagnose von Erkrankungen der peripheren Nerven und Muskeln hilfreich sein.

In einigen Fällen sind spezielle Tests erforderlich, wie Toxikologische Untersuchungen bei Verdacht auf Vergiftungen oder genetische Tests bei Verdacht auf erbliche Erkrankungen.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Lähmungen haben ganz verschiedene Ursachen, sodass unterschiedliche Behandlungsstrategien notwendig sind.
In der Tiermedizin ist die häufigste Ursache von Lähmungen bei Hunden Druck auf das Rückenmark und die davon abgehenden Nervenwurzeln durch Traumata oder degenerative Veränderungen.
Bei Katzen kommt es nicht selten durch eine Grundkrankheit des Herzens zu Thromboembolien, die die großen Arterien der Hinterbeine teilweise oder vollständig verlegen können.
In beiden Fällen ist eine sofortige aufwendige Diagnostik (Computertomografie) und Therapie indiziert.
Bei Hunden ist teilweise eine konservative Therapie durch Ruhigstellung möglich. Vielfach ist jedoch eine Operation angezeigt. Nicht rechtzeitig versorgt, bleibt die Lähmung bestehen (Abb.)
Bei der Unterbrechung der Blutversorgung an den Hinterbeinen der Katzen konzentriert sich die Therapie darauf, das Thrombuswachstum zu stoppen und die Auflösung des Thrombus medikamentös zu beschleunigen.
Diese Therapie beginnt noch vor weiterer Diagnostik wie Ultraschall, Durchleuchtung mit Gefäßdarstellung und Computertomografie mit Gefäßdarstellung (CT-Angiografie). Auch eine Schmerztherapie und eine Volumensubstitution gehören zu den ersten Maßnahmen.
Das Auflösen des Thrombus kann über einen venösen Zugang oder über die Beinarterie unter Durchleuchtungskontrolle vorgeschobenen Katheter erfolgen.

Ergänzung

Die Behandlung von Lähmungen richtet sich nach der Grundursache und dem Schweregrad der neurologischen Ausfälle. In vielen Fällen ist ein multimodaler Therapieansatz erforderlich.

Notfallmaßnahmen: Bei akuten Lähmungen ist eine sofortige tierärztliche Versorgung entscheidend. Der Transport sollte schonend erfolgen, besonders bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzungen. Bei Bandscheibenvorfällen oder Traumata wird oft eine strikte Käfigruhe für mehrere Wochen verordnet, um weitere Schäden zu vermeiden.

Chirurgische Therapie: Bei Bandscheibenvorfällen mit schweren neurologischen Ausfällen ist eine Operation meist die Therapie der Wahl. Dabei wird das vorgefallene Bandscheibenmaterial entfernt und der Druck auf das Rückenmark reduziert. Verschiedene Operationstechniken wie Hemilaminektomie, Ventrale Schlitzung oder Fenestration kommen je nach Lokalisation zum Einsatz. Bei Wirbelfrakturen oder -luxationen können Stabilisierungsoperationen mit Platten, Schrauben oder Pins notwendig sein.

Medikamentöse Therapie: Entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide oder nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) können Schwellungen reduzieren und Schmerzen lindern. Bei infektiösen Ursachen werden Antibiotika oder Antimykotika eingesetzt. Muskelrelaxantien können bei spastischen Lähmungen helfen. Bei aortaler Thromboembolie bei Katzen werden Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulantien eingesetzt, um das Gerinnsel aufzulösen und neue Gerinnselbildung zu verhindern.

Schmerzmanagement: Eine adäquate Schmerztherapie ist notwendig und kann verschiedene Analgetika wie Opioide, NSAIDs oder Gabapentin umfassen. Bei chronischen Schmerzen kann auch Akupunktur unterstützend wirken.

Physiotherapie und Rehabilitation: Nach der Akutphase ist Physiotherapie entscheidend für die Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit. Passive Bewegungsübungen verhindern Muskelatrophie und Gelenkversteifungen. Unterwasserlaufband-Training (Hydrotherapie) ermöglicht kontrollierte Bewegung ohne volle Belastung. Massagen und Wärmeanwendungen können Muskelverspannungen lösen.

Unterstützende Maßnahmen: Bei Blasenlähmung ist regelmäßiges manuelles Ausdrücken der Blase oder Katheterisierung notwendig, um Harnstauungen und Infektionen zu vermeiden. Inkontinente Tiere benötigen besondere Hygienemaßnahmen wie Windeln oder häufigeres Reinigen. Hilfsmittel wie Gehhilfen, Rollwagen oder speziell angepasste Orthesen können die Mobilität unterstützen.

Alternative Therapien: Akupunktur, Lasertherapie oder Magnetfeldtherapie können als ergänzende Behandlungen eingesetzt werden, um Schmerzen zu lindern und die Nervenregeneration zu fördern.

Prognose und Nachsorge

Die Prognose bei Lähmungen ist sehr variabel und hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend sind die Grundursache, die Lokalisation und das Ausmaß der Nervenschädigung, die Dauer der Symptome vor Behandlungsbeginn und das Vorhandensein der Tiefenschmerzwahrnehmung.

Bei Bandscheibenvorfällen mit erhaltener Tiefenschmerzwahrnehmung ist die Prognose nach chirurgischer Intervention meist gut bis sehr gut, mit Erfolgsraten von 80–95 %. Fehlt die Tiefenschmerzwahrnehmung seit mehr als 48 Stunden, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Erholung auf unter 50 %.

Bei aortaler Thromboembolie bei Katzen ist die Prognose vorsichtig bis schlecht. Die Überlebensrate liegt bei etwa 30–50 %, und Rückfälle sind häufig. Die Prognose wird durch die zugrunde liegende Herzerkrankung zusätzlich verschlechtert.

Bei traumatischen Rückenmarksverletzungen hängt die Prognose vom Ausmaß der Schädigung ab. Komplette Durchtrennung des Rückenmarks führt zu irreversiblen Lähmungen, während Quetschungen oder Prellungen teilweise oder vollständig reversibel sein können.

Die Nachsorge spielt eine entscheidende Rolle für den Behandlungserfolg. Nach chirurgischen Eingriffen ist eine strikte Ruhigstellung für mehrere Wochen notwendig, um die Heilung zu fördern und Komplikationen zu vermeiden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen dienen der Überwachung des Heilungsverlaufs und der Anpassung der Therapie.

Langfristige Physiotherapie ist oft erforderlich, um die Muskulatur zu stärken, Gelenkversteifungen zu vermeiden und die Koordination zu verbessern. Bei bleibenden Lähmungen müssen Besitzer lernen, mit den besonderen Bedürfnissen ihres Tieres umzugehen, wie Blasenmanagement, Dekubitusprophylaxe und Mobilitätshilfen.

Die Wohnumgebung sollte angepasst werden, um dem gelähmten Tier ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. Dazu gehören rutschfeste Bodenbeläge, Rampen statt Treppen und leicht zugängliche Futter- und Wasserstellen.

Ausblick auf aktuelle Forschung

Die Forschung im Bereich neurologischer Erkrankungen bei Kleintieren macht kontinuierlich Fortschritte. Aktuelle Studien konzentrieren sich auf innovative Therapieansätze zur Verbesserung der Nervenregeneration und funktionellen Erholung nach Rückenmarksverletzungen.

Stammzelltherapie zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von Rückenmarksverletzungen. Mesenchymale Stammzellen können entzündungshemmende Faktoren freisetzen und die Nervenregeneration fördern. Erste klinische Studien bei Hunden mit Bandscheibenvorfällen zeigen positive Effekte auf die motorische Funktion und Schmerzreduktion.

Neuroprotektive Substanzen wie Polyethylenglykol (PEG) werden erforscht, um den sekundären Schaden nach akuten Rückenmarksverletzungen zu minimieren. Diese Substanzen können die Zellmembran stabilisieren und das Absterben von Nervenzellen verhindern.

Fortschritte in der Neuroprothese und Neuromodulation ermöglichen neue Ansätze zur Wiederherstellung der motorischen Funktion. Implantierbare Elektroden können das Rückenmark stimulieren und so die Bewegungsfähigkeit verbessern, selbst bei schweren Lähmungen.

Die genetische Forschung identifiziert zunehmend Gene, die mit erblichen neurologischen Erkrankungen wie der degenerativen Myelopathie assoziiert sind. Dies ermöglicht die Entwicklung genetischer Tests für Zuchttiere und könnte langfristig zu gentherapeutischen Ansätzen führen.

Neue bildgebende Verfahren wie funktionelle MRT und Diffusions-Tensor-Bildgebung ermöglichen eine präzisere Darstellung von Nervenbahnen und deren Schädigung, was die Diagnose und Prognosestellung verbessert.

Fortschritte in der Rehabilitation umfassen robotergestützte Therapiesysteme und virtuelle Realität, die ein intensiveres und zielgerichteteres Training ermöglichen. Diese Technologien werden bereits in der Humanmedizin eingesetzt und finden zunehmend Eingang in die Veterinärmedizin.

Die Erforschung von Biomarkern im Blut oder Liquor könnte in Zukunft eine frühzeitige Diagnose und bessere Prognoseabschätzung ermöglichen. Bestimmte Proteine oder microRNAs könnten das Ausmaß der Nervenschädigung anzeigen und die Therapieentscheidung unterstützen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Wie erkenne ich eine Lähmung bei meinem Haustier?
    Eine Lähmung äußert sich durch plötzliche Bewegungsunfähigkeit oder stark eingeschränkte Bewegungsfähigkeit einer oder mehrerer Gliedmaßen. Betroffene Tiere können nicht mehr stehen, gehen oder laufen, oder zeigen einen deutlich veränderten Gang mit Nachschleifen der Pfoten.
  2. Ist eine plötzliche Lähmung immer ein Notfall?
    Ja, eine plötzlich auftretende Lähmung ist immer als Notfall zu betrachten und erfordert sofortige tierärztliche Hilfe. Besonders bei Bandscheibenvorfällen oder aortaler Thromboembolie zählt jede Stunde für die Prognose.
  3. Welche Hunderassen sind besonders anfällig für Bandscheibenvorfälle?
    Besonders gefährdet sind chondrodystrophe Rassen mit kurzen Beinen wie Dackel, Französische Bulldogge, Beagle, Shih Tzu, Pekinese und Mops. Bei diesen Rassen tritt eine frühzeitige Degeneration der Bandscheiben auf.
  4. Kann sich mein Tier von einer Lähmung vollständig erholen?
    Die Chancen auf vollständige Erholung hängen stark von der Ursache, dem Schweregrad und der Dauer der Lähmung ab. Bei rechtzeitiger Behandlung von Bandscheibenvorfällen mit erhaltener Tiefenschmerzwahrnehmung sind die Erfolgsaussichten gut. Bei fehlender Tiefenschmerzwahrnehmung oder kompletter Rückenmarksdurchtrennung ist eine vollständige Erholung unwahrscheinlich.
  5. Wie kann ich einem gelähmten Tier zu Hause helfen?
    Gelähmte Tiere benötigen spezielle Pflege, darunter regelmäßiges Umlagern zur Vermeidung von Druckstellen, Unterstützung bei der Blasenentleerung, weiche und saubere Liegeflächen sowie Physiotherapie nach tierärztlicher Anleitung. Hilfsmittel wie Rollwagen können die Mobilität unterstützen.
  6. Wie lange dauert die Rehabilitation nach einer Rückenmarksoperation?
    Die Rehabilitationsphase kann je nach Schweregrad der Verletzung und individueller Heilungsfähigkeit zwischen mehreren Wochen und mehreren Monaten dauern. In den ersten 4–6 Wochen ist meist strikte Käfigruhe erforderlich, gefolgt von einer schrittweisen Steigerung der Aktivität und begleitender Physiotherapie.
  7. Welche Präventionsmaßnahmen gibt es für Bandscheibenvorfälle?
    Präventive Maßnahmen umfassen Gewichtskontrolle zur Vermeidung von Übergewicht, Verwendung von Geschirren statt Halsbändern bei prädisponierten Rassen, Vermeidung von Sprüngen und Treppensteigen sowie gegebenenfalls prophylaktische Bandscheibenfenestration bei Hochrisikorassen.
  8. Kann eine Zecke wirklich eine Lähmung verursachen?
    Ja, bestimmte Zeckenarten können durch Neurotoxine in ihrem Speichel eine aufsteigende Lähmung verursachen, die als Zeckenparalyse bezeichnet wird. Nach Entfernung der Zecke bilden sich die Symptome überwiegend innerhalb von 24–72 Stunden zurück.
  9. Wie hoch sind die Kosten für die Behandlung einer Lähmung?
    Die Kosten variieren stark je nach Ursache, notwendiger Diagnostik und Therapie. Eine konservative Behandlung kann einige hundert Euro kosten, während chirurgische Eingriffe am Rückenmark mit anschließender Rehabilitation mehrere tausend Euro betragen können.
  10. Kann mein Tier mit einer dauerhaften Lähmung ein glückliches Leben führen?
    Ja, viele Tiere mit dauerhaften Lähmungen können ein glückliches und erfülltes Leben führen. Mit entsprechenden Hilfsmitteln wie Rollwagen, angepasster Umgebung und liebevoller Pflege können sie sich gut an ihre Einschränkungen anpassen und Lebensfreude zeigen.

Literatur

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  • Spinal trauma. Merck Manual Professional Edition. https://www.merckmanuals.com/professional/injuries_poisoning/spinal_trauma/spinal_trauma.html?qt=spinal trauma&alt=sh. Accessed Dec. 27, 2018.
  • Löwe, G. und Löwe, O. (2021). Notfälle bei Hund und Katze – Ein tierärztlicher Ratgeber. Kynos-Verlag. 208 S.
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  • Granger N, Carwardine D. Acute spinal cord injury: tetraplegia and paraplegia in small animals. Veterinary Clinics of North America: Small Animal Practice. 2020;50(6):1361-1387.
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Gelähmter Französisch Bulldog im Wartezimmer