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ADHS-Medikamente (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) sind psychotrope Substanzen, die in der Humanmedizin zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität und Impulsivität eingesetzt werden. Die am häufigsten verwendeten Wirkstoffe sind Methylphenidat (z. B. Ritalin®), Amphetamin-Derivate (z. B. Adderall®), Atomoxetin (Strattera®) und Lisdexamfetamin (Vyvanse®). Diese Medikamente gehören überwiegend zur Gruppe der Stimulanzien, die auf das zentrale Nervensystem wirken, indem sie die Konzentration von Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt erhöhen.

Bei Haustieren stellen diese Medikamente ein erhebliches Vergiftungsrisiko dar. Hunde und Katzen sind deutlich empfindlicher gegenüber diesen Substanzen als Menschen, da sie andere Metabolisierungswege und eine unterschiedliche Rezeptorausstattung besitzen. Bereits geringe Dosen, die für Menschen therapeutisch sind, können bei Tieren zu schwerwiegenden Vergiftungserscheinungen führen. Besonders gefährlich sind Retard-Präparate mit verzögerter Wirkstofffreisetzung, da sie über einen längeren Zeitraum toxische Wirkungen entfalten können.

In der Veterinärmedizin werden ADHS-Medikamente in seltenen Fällen auch therapeutisch eingesetzt, beispielsweise bei Verhaltensauffälligkeiten oder Narkolepsie bei Hunden. Die Dosierung ist jedoch deutlich niedriger als in der Humanmedizin und erfordert eine sorgfältige tierärztliche Überwachung.

Ursachen, Entstehung und Verlauf

Die häufigste Ursache für Vergiftungen mit ADHS-Medikamenten bei Haustieren ist die ungewünschte Aufnahme von Tabletten, die für Menschen verschrieben wurden. Besonders Hunde sind aufgrund ihres Erkundungsverhaltens gefährdet, Medikamente zu verschlucken, die unachtsam liegengelassen wurden oder aus Handtaschen, Nachtschränken oder vom Küchentisch zugänglich sind. Die süßliche Ummantelung mancher Präparate macht sie für Tiere zusätzlich attraktiv.

Verschiedene ADHS-Medikamente weisen unterschiedliche Toxizitätsprofile auf:

Methylphenidat (Ritalin®) blockiert die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin und erhöht deren Konzentration im synaptischen Spalt. Bei Tieren kann bereits eine Dosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht toxische Symptome hervorrufen.

Amphetamin-Derivate wie Adderall® stimulieren zusätzlich die Freisetzung von Katecholaminen und haben ein höheres toxisches Potenzial als Methylphenidat. Hier können schon 0,1 mg/kg Körpergewicht bei Katzen und 0,2 mg/kg bei Hunden zu Vergiftungserscheinungen führen.

Atomoxetin (Strattera®) ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und weist ein etwas anderes Toxizitätsprofil auf. Es verursacht weniger ausgeprägte ZNS-Stimulation, kann aber stärkere kardiovaskuläre Effekte haben.

Besonders gefährlich sind Retard-Formulierungen, da sie nach Zerstörung der Tablette durch Kauen zu einer unkontrollierten Freisetzung großer Wirkstoffmengen führen können („Dose-Dumping-Effekt“).

Wirkungsmechanismus

ADHS-Medikamente sind den zentral stimulierenden Amphetaminen sehr ähnlich.
Die toxische Wirkung beruht auf der verlängerten Wirkung von Noradrenalin und Dopamin im Gehirn und einer damit einhergehenden übermäßigen Stimulation des Nervensystems.
Die Resorption erfolgt beim Hund bereits innerhalb von 2 Stunden nach der oralen Aufnahme. Bei leerem Magen noch deutlich schneller.
Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren und kann durch eine pH-Absenkung des Harns gesteigert werden. Die Halbwertszeit im Blut sinkt dabei von 6 auf 4 Stunden.

Ergänzung

ADHS-Medikamente wie Methylphenidat (z. B. Ritalin®, Medikinet®) und Amphetamine (z. B. Adderall®, Elvanse®) werden beim Menschen als Stimulanzien eingesetzt, um die Konzentration zu fördern. Für Hunde und Katzen sind diese Substanzen jedoch hochtoxisch – bereits geringe orale Dosen können zu schweren Vergiftungserscheinungen führen.

  1. Ursache der Aufnahme
    Haustiere verschlucken häufig herumliegende Tabletten, Kapseln oder Kautabletten, die durch ihre Form und den süßlichen Überzug besonders attraktiv wirken.

  2. Grundprinzip der Wirkung (Vergiftungsmechanismus)

    • Erhöhte Freisetzung und verminderte Wiederaufnahme von Monoaminen: Methylphenidat blockiert vor allem die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin, Amphetamine fördern zusätzlich ihre Freisetzung.

    • Sympathomimetische Stimulation: Durch den Anstieg dieser Neurotransmitter wird das sympathische Nervensystem massiv aktiviert.

    • Zentralnervöse Übererregung: Die erhöhte Konzentration von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn führt zu Hyperaktivität, Zittern, Krämpfen und Durchbruch psychotischen Zuständen.

    • Kardiovaskuläre Effekte: Noradrenalinüberschuss bewirkt Tachykardie, Hypertonie, Herzrhythmusstörungen und in schweren Fällen Herzversagen.

  3. Folgen der Vergiftung

    • Neurologisch: Unruhe, Hyperthermie, Koordinationsstörungen, Krampfanfälle

    • Kardiovaskulär: Erhöhter Puls, Blutdruckanstieg, Arrhythmien

    • Gastrointestinal: Erbrechen, Speichelfluss

    • Psychisch (selten beim Tier beobachtet): Angstzustände, Desorientierung

  4. Besonderheiten bei Hund vs. Katze

    • Hunde: Zeigen häufiger Hyperaktivität und Herz-Kreislauf-Probleme. Vergiftungen häufig dose-abhängig.

    • Katzen: Sind empfindlicher; bereits geringste Mengen können schwere Krampfanfälle und Atemdepression auslösen.

Fazit: Die toxische Wirkung von ADHS-Medikamenten bei Hunden und Katzen beruht auf einer übermäßigen Stimulation von Gehirn und Herz-Kreislauf-System durch erhöhte Monoaminspiegel. Jeder Verdacht auf Aufnahme erfordert sofortige tierärztliche Notfallbehandlung.

Symptome einer Intoxikation

ADHS-Medikamente, wie Ritalin (Methylphenidat), können bei Hunden und Katzen zu schweren Intoxikationen führen.
Das APCC untersuchte 128 Fälle von Hunden, die Ritalin in Dosierungen zwischen 0,36 mg/kg Körpermasse und 53,18 mg/kg Körpermasse aufgenommen hatten und stellte fest, dass 84 % Zeichen einer Intoxikation wie Hyperaktivität (33 %), Erhöhung der Herzfrequenz (21 %), Erbrechen (15 %), Unruhe (13 %) sowie erhöhte Körpertemperatur (10 %) zeigten. Eine direkte Beziehung zwischen der Dosis und dem Schweregrad der toxischen Symptome bestand nicht.
Formulierungen, die mit einer verlängerten Freisetzung verbunden waren, sogenannte Retard-Präparate, waren bei 91 % der Hunde ungefährlich, führten jedoch bei drei Tieren zum Tod. Untersucht wurden 34 Hunde.
Auch bei Katzen wurden Intoxikationszeichen nach der Aufnahme von Ritalin beobachtet. Sie bestanden in Zittern, Erregung, erweiterten Pupillen, erhöhter Herzfrequenz, Hecheln und Anstieg des Blutdrucks.
Erste Symptome sind:

  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall
  • Unruhe
  • Juckreiz
  • starke Erregung
  • Rastlosigkeit
  • Aggressives Verhalten
  • Verwirrung
  • Mydriasis (Weitstellung der Pupillen)
  • Anstieg der Herzfrequenz
  • Anstieg des Blutdrucks
  • Anstieg der Körpertemperatur
  • Anstieg der Atemfrequenz

Schwere Symptome sind

  • Herzrhythmusstörungen
  • Tremor
  • Krämpfe
  • Koma

In besonders schweren Fällen kann es zu Kreislaufkollaps, Koma und Tod kommen. Die Symptome können je nach aufgenommenem Wirkstoff variieren. Während Methylphenidat und Amphetamin-Derivate stärkere ZNS-Stimulation verursachen, führt Atomoxetin häufiger zu kardiovaskulären Komplikationen.

Rassebedingte Unterschiede in der Empfindlichkeit sind ebenfalls zu beachten. Hunde mit MDR1-Gendefekt (vor allem Collies und verwandte Rassen) können aufgrund eines gestörten Medikamententransports über die Blut-Hirn-Schranke besonders empfindlich reagieren.

Diagnose

Die Diagnose einer Vergiftung durch ADHS-Medikamente basiert primär auf der Anamnese und dem klinischen Erscheinungsbild. Entscheidend ist die Information über einen möglichen Zugang des Tieres zu entsprechenden Medikamenten sowie das charakteristische Symptombild einer sympathomimetischen Überstimulation.

Bei der klinischen Untersuchung sollten folgende Parameter besonders beachtet werden:

  • Vitalparameter (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Blutdruck)
  • Neurologischer Status (Bewusstseinslage, Pupillenreaktion, Reflexe)
  • Schleimhautfarbe und kapilläre Füllungszeit
  • Hydrationsstatus

Laboruntersuchungen sind zur Bestätigung der Diagnose und zur Einschätzung des Schweregrades hilfreich:

  • Blutbild und klinische Chemie zur Beurteilung von Organfunktionen
  • Elektrolyte (insbesondere Kalium)
  • Blutgasanalyse zur Erkennung einer metabolischen Azidose
  • Gerinnungsparameter
  • Urinanalyse (pH-Wert, Myoglobin)

Ein EKG sollte bei Verdacht auf kardiale Beteiligung durchgeführt werden, um Arrhythmien zu identifizieren.

Der direkte toxikologische Nachweis von ADHS-Medikamenten im Blut oder Urin ist möglich, wird aber in der Praxis selten durchgeführt, da die Therapie symptomatisch erfolgt und nicht vom spezifischen Wirkstoff abhängt. In forensischen Fällen oder bei unklarer Diagnose kann eine toxikologische Analyse jedoch sinnvoll sein.

Differentialdiagnostisch müssen andere Ursachen für sympathomimetische Überstimulation ausgeschlossen werden, insbesondere:

  • Vergiftungen mit anderen Stimulanzien (Koffein, Theophyllin, Amphetamine)
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Phäochromozytom
  • Bestimmte Infektionskrankheiten mit ZNS-Beteiligung

Therapeutische Prinzipien

Die therapeutischen Prinzipien umfassen, sofern sie noch sinnvoll sind, die Dekontamination.
Das betrifft die Gabe von Aktivkohle und aufgrund der Gefahr von Krämpfen das Auslösen von Erbrechen nur unter tierärztlicher Kontrolle.
Der Patient muss wach und die Schutzreflexe müssen erhalten sein.
Erbricht der Patient von selbst, ist darauf zu achten, dass das Erbrochene abfließen kann, das bedeutet, dass die Maulspitze der tiefste Punkt des Tieres ist und zwischen Magen und Maul eine abwärts gerichtete Linie vorliegt.
Ein spezielles Antidot gibt es nicht
Die Therapie ist vorrangig symptomatisch.
Die Vitalfunktionen sind zu überwachen und Veränderungen zu korrigieren.
Die Kontrolle der Vitalfunktionen muss in Abständen wiederholt und die Therapie gegebenenfalls angepasst und erweitert werden.
Prinzipielle Aufgaben sind der Ausgleich von Defiziten im Flüssigkeitshaushalt.
Da Methylphenidat über die Nieren ausgeschieden wird, dient die Flüssigkeitssubstitution gleichzeitig der Ausscheidung des Giftes.
Bei Erregungszuständen und Krämpfen sind angstlösende Medikamente, eventuell eine Sedierung und die Gabe von Antiepileptika notwendig.
Teilweise werden Adrenolytika, d. h. Medikamente, die auf das vom Willen unabhängige vegetative Nervensystem dämpfend wirken, eingesetzt. Das vegetative Nervensystem steuert lebenswichtige Funktionen wie Blutgefäßtonus, Drüsen, die Herz- und Atemfunktion und die Verdauung.
Der Erhalt der normalen Körpertemperatur ist sicherzustellen.

Ergänzungen

spezifisches Antidot existiert. Das therapeutische Vorgehen richtet sich nach dem Zeitpunkt der Aufnahme, der Schwere der Symptome und dem allgemeinen Zustand des Tieres.

Bei kürzlich erfolgter Aufnahme (innerhalb von 1-2 Stunden) steht die Dekontamination im Vordergrund:

  • Auslösen von Erbrechen mit Apomorphin (0,04 mg/kg i.v. oder 0,08 mg/kg s.c.) bei Hunden oder Xylazin (0,4-0,5 mg/kg i.m.) bei Katzen, jedoch nur bei wachen Tieren mit intakten Schutzreflexen
  • Magenspülung unter Narkose bei größeren Mengen oder Retard-Präparaten
  • Mehrfachgabe von Aktivkohle (1-2 g/kg alle 4-6 Stunden), um die enterohepathische Rezirkulation zu unterbrechen

Die symptomatische Therapie umfasst:

  • Flüssigkeitstherapie zur Förderung der renalen Elimination und zum Ausgleich von Dehydratation
  • Temperaturmanagement bei Hyperthermie durch externe Kühlung
  • Kontrolle von Erregungszuständen und Krampfanfällen mit Benzodiazepinen (Diazepam 0,5-2 mg/kg i.v. oder Midazolam 0,2-0,5 mg/kg i.v.)
  • Bei unzureichender Wirkung der Benzodiazepine: Propofol (2-6 mg/kg i.v.) oder Barbiturate
  • Behandlung von Tachyarrhythmien mit Beta-Blockern (Propranolol 0,02-0,06 mg/kg i.v. langsam) oder Calcium-Kanal-Blockern (Diltiazem 0,1-0,25 mg/kg i.v. langsam)
  • Kontrolle der Hypertension mit Alpha-Blockern (Prazosin 0,5-2 mg/Tier p.o.)
  • Ansäuerung des Urins (pH < 6,5) zur Beschleunigung der renalen Elimination durch Natriumbicarbonat

Prognose

Die Prognose bei Vergiftungen durch ADHS-Medikamente ist bei frühzeitiger und adäquater Behandlung grundsätzlich günstig. Die meisten Tiere erholen sich vollständig innerhalb von 24-72 Stunden. Entscheidend für den Verlauf sind der Zeitpunkt des Therapiebeginns, die aufgenommene Dosis, die Art des Präparats (Retard- vs. Nicht-Retard-Formulierungen) sowie das Vorliegen von Vorerkrankungen.

Faktoren, die die Prognose negativ beeinflussen können, sind:

  • Verzögerter Therapiebeginn (>4 Stunden nach Aufnahme)
  • Aufnahme von Retard-Präparaten
  • Vorbestehende Herzerkrankungen
  • Leber- oder Niereninsuffizienz
  • Entwicklung von Komplikationen wie Rhabdomyolyse, Gerinnungsstörungen oder Organversagen

Die Nachsorge nach überstandener akuter Vergiftung sollte folgende Aspekte umfassen:

  • Kontrolle der Nierenfunktionsparameter nach 48-72 Stunden
  • Überwachung auf verzögert auftretende kardiale Komplikationen
  • Bei schweren Vergiftungen: Echokardiographie zum Ausschluss von Myokardschäden
  • Kontrolle der Leberenzyme nach 5-7 Tagen

Bei der Entlassung sollten Tierbesitzer über mögliche Spätfolgen informiert werden, insbesondere über Anzeichen von Nierenversagen oder Herzproblemen. Zudem ist eine ausführliche Beratung zur sicheren Aufbewahrung von Medikamenten im Haushalt essentiell, um Wiederholungsfälle zu vermeiden.

Die langfristige Prognose ist bei überstandener akuter Phase ohne Komplikationen exzellent, und es sind in der Regel keine bleibenden Schäden zu erwarten.

Zusammenfassung

Vergiftungen durch ADHS-Medikamente stellen bei Hunden und Katzen einen häufigen und potenziell lebensbedrohlichen Notfall dar. Die Wirkstoffe dieser Medikamente, hauptsächlich Methylphenidat und Amphetamin-Derivate, führen durch Erhöhung der Neurotransmitterkonzentration im ZNS zu einer sympathomimetischen Überstimulation. Bereits geringe Dosen können bei Tieren schwerwiegende Symptome hervorrufen.

Die klinischen Anzeichen umfassen Hyperaktivität, Tachykardie, Hypertonie, Hyperthermie, Mydriasis und neurologische Störungen bis hin zu Krampfanfällen. Besonders gefährlich sind Retard-Präparate, die zu einer verlängerten Toxizität führen können.

Die Diagnose basiert auf der Anamnese und dem charakteristischen klinischen Bild. Die Therapie ist vorwiegend symptomatisch und umfasst Dekontaminationsmaßnahmen, Flüssigkeitstherapie, Kontrolle von Erregungszuständen und Krampfanfällen sowie Management von kardiovaskulären Komplikationen.

Bei frühzeitiger und adäquater Behandlung ist die Prognose günstig, wobei die meisten Tiere sich innerhalb von 24-72 Stunden vollständig erholen. Präventionsmaßnahmen wie die sichere Aufbewahrung von Medikamenten sind entscheidend, um Vergiftungsfälle zu verhindern.

Ausblick auf Forschung

Die Forschung zu Vergiftungen durch ADHS-Medikamente bei Haustieren entwickelt sich kontinuierlich weiter. Aktuelle Studien konzentrieren sich auf mehrere Bereiche:

Neue Biomarker für die frühe Erkennung von Organschäden werden untersucht, um die Prognoseeinschätzung zu verbessern. Insbesondere kardiale Troponine und neue Nierenfunktionsmarker wie NGAL (Neutrophil Gelatinase-Associated Lipocalin) könnten helfen, subklinische Organ-Schädigungen frühzeitig zu identifizieren.

Pharmakogenetische Untersuchungen widmen sich zunehmend den rassespezifischen Unterschieden in der Metabolisierung von ADHS-Medikamenten. Neben dem bekannten MDR1-Gendefekt werden weitere genetische Faktoren erforscht, die die individuelle Empfindlichkeit beeinflussen können.

Im Bereich der Therapie werden neue Ansätze zur gezielten Antagonisierung der sympathomimetischen Wirkungen evaluiert. Lipid-Emulsionstherapien, die bei anderen Toxinen erfolgreich eingesetzt werden, werden auch für ADHS-Medikamentenvergiftungen untersucht, da sie lipophile Substanzen binden und deren Verteilung im Körper reduzieren können.

Telemedizinische Ansätze gewinnen an Bedeutung für die schnelle Beratung in Vergiftungsfällen, besonders in ländlichen Gebieten mit eingeschränktem Zugang zu veterinärmedizinischen Notdiensten. Apps zur Ersteinschätzung von Vergiftungen und virtuelle Konsultationen mit Toxikologen könnten die Zeit bis zur adäquaten Behandlung verkürzen.

Nicht zuletzt befasst sich die Forschung mit verbesserten Präventionsstrategien. Studien zur Wirksamkeit verschiedener Aufklärungsmaßnahmen für Tierbesitzer und die Entwicklung sicherer Medikamentenverpackungen könnten dazu beitragen, die Inzidenz von Vergiftungsfällen zu reduzieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Welche ADHS-Medikamente sind für Haustiere besonders gefährlich?
    Retard-Formulierungen von Methylphenidat und Amphetamin-Derivate stellen das höchste Risiko dar, da sie zu einer verlängerten Toxizität führen können. Bereits eine einzelne Tablette kann für kleine Hunde oder Katzen lebensbedrohlich sein.
  2. Wie schnell treten Vergiftungssymptome nach Aufnahme von ADHS-Medikamenten auf?
    Die ersten Symptome zeigen sich typischerweise innerhalb von 30 Minuten bis 3 Stunden nach Aufnahme. Bei Retard-Präparaten kann der Beginn verzögert sein, die Wirkung hält jedoch länger an.
  3. Sollte ich meinem Tier zu Hause Erbrechen auslösen, wenn es ADHS-Medikamente aufgenommen hat?
    Das Auslösen von Erbrechen zu Hause wird nicht empfohlen, da dies bei bereits vorhandenen neurologischen Symptomen zu Aspirationspneumonie führen kann. Kontaktieren Sie sofort einen Tierarzt.
  4. Sind Katzen oder Hunde empfindlicher gegenüber ADHS-Medikamenten?
    Katzen sind aufgrund ihres geringeren Körpergewichts und eingeschränkter Entgiftungskapazität oft empfindlicher. Jedoch sind auch kleine Hunderassen und Hunde mit MDR1-Gendefekt besonders gefährdet.
  5. Kann eine einmalige Vergiftung mit ADHS-Medikamenten langfristige Schäden verursachen?
    Bei adäquater Behandlung ist die Wahrscheinlichkeit für bleibende Schäden gering. In schweren Fällen können jedoch Nierenschäden durch Rhabdomyolyse oder Myokardschäden auftreten.
  6. Wie kann ich ADHS-Medikamente sicher aufbewahren, wenn ich Haustiere habe?
    Bewahren Sie Medikamente in verschließbaren Behältern außerhalb der Reichweite von Tieren auf, idealerweise in abschließbaren Schränken. Achten Sie besonders auf heruntergefallene Tabletten.
  7. Welche Rolle spielt die Urinansäuerung bei der Behandlung?
    Die Ansäuerung des Urins beschleunigt die Ausscheidung von Methylphenidat und Amphetaminen, da diese in saurem Milieu weniger rückresorbiert werden. Dies kann die Eliminationshalbwertszeit erheblich verkürzen.
  8. Gibt es ein Gegenmittel (Antidot) für ADHS-Medikamentenvergiftungen?
    Es existiert kein spezifisches Antidot. Die Behandlung erfolgt symptomatisch mit Sedativa, Antikonvulsiva und Medikamenten zur Kontrolle von Blutdruck und Herzfrequenz.
  9. Wie lange muss ein Tier nach einer Vergiftung mit ADHS-Medikamenten überwacht werden?
    Die Überwachung sollte mindestens 24-48 Stunden betragen, bei Retard-Präparaten bis zu 72 Stunden. Besonders wichtig ist die kontinuierliche Kontrolle von Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur.
  10. Können ADHS-Medikamente bei Tieren therapeutisch eingesetzt werden?
    In seltenen Fällen werden sie unter strenger tierärztlicher Kontrolle bei Verhaltensstörungen oder Narkolepsie eingesetzt. Die Dosierung ist jedoch deutlich niedriger als beim Menschen und erfordert sorgfältige Überwachung.

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