Harnwegsverschluss (Urethraobstruktion)

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Bei einem teilweisen oder kompletten Harnwegverschluss ist kaum noch oder kein Harnabsatz mehr möglich.
Dieser Notfall tritt beim Kater leider nicht selten auf.

Der Harnwegsverschluss, medizinisch als Urethraobstruktion bezeichnet, stellt eine akute Notfallsituation in der Veterinärmedizin dar (Sofort/Notfall). Hierbei handelt es sich um eine teilweise oder vollständige Blockade der Harnröhre (Urethra), die den Abfluss des Urins aus der Blase verhindert. Diese Erkrankung betrifft sowohl Hunde als auch Katzen, wobei männliche Tiere aufgrund ihrer anatomisch längeren und engeren Harnröhre deutlich häufiger betroffen sind. Besonders bei männlichen Katzen (Katern) stellt die Urethraobstruktion einen der häufigsten urologischen Notfälle dar.

Die Anatomie der Harnwege spielt bei der Entstehung eines Verschlusses eine entscheidende Rolle. Bei Katzen verengt sich die Harnröhre im Bereich des Penis signifikant, was einen prädisponierenden Faktor für Obstruktionen darstellt. Bei Hunden variiert der Durchmesser der Harnröhre je nach Rasse, wobei kleinere Rassen tendenziell eine engere Harnröhre aufweisen und damit anfälliger für Verschlüsse sein können.

Ein unbehandelter Harnwegsverschluss führt innerhalb von 24–48 Stunden zu lebensbedrohlichen Komplikationen, da harnpflichtige Substanzen nicht mehr ausgeschieden werden können und sich im Blut anreichern. Dies führt zu metabolischen Entgleisungen wie Hyperkaliämie, Azotämie und metabolischer Azidose, die unbehandelt zum Tod des Tieres führen können. Zudem steigt der Druck in der Blase kontinuierlich an, was zu Gewebeschäden, Blasenruptur und Harnabfluss in die Bauchhöhle führen kann.

Das Wichtigste auf einen Blick

Der Harnwegverschluss (Urethraobstruktion) stellt einen lebensbedrohlichen Notfall bei Hunden und Katzen dar, der sofortiges tierärztliches Handeln erfordert. Männliche Tiere, insbesondere Kater, sind aufgrund ihrer anatomisch engeren und längeren Harnröhre deutlich häufiger betroffen. Die Obstruktion kann durch verschiedene Ursachen wie Harnsteine, Kristalle, entzündliche Prozesse oder Tumore bedingt sein.

Charakteristische Symptome sind wiederholte, erfolglose Versuche, Urin abzusetzen, Schmerzen beim Urinieren, häufiges Lecken im Genitalbereich und eine prall gefüllte, schmerzhafte Blase. Mit zunehmender Dauer der Obstruktion entwickeln sich systemische Komplikationen wie Nierenversagen, Elektrolytentgleisungen und metabolische Azidose, die unbehandelt zum Tod führen können.

Die Diagnose erfolgt durch klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren wie Röntgen und Ultraschall sowie labordiagnostische Untersuchungen von Blut und Urin. Die Notfalltherapie umfasst die Katheterisierung der Harnröhre zur Wiederherstellung des Harnabflusses, Blasenspülungen und die Stabilisierung des Patienten mittels Infusionstherapie und Schmerzmedikation.

Die langfristige Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache und kann diätetische Maßnahmen, medikamentöse Behandlungen oder chirurgische Eingriffe umfassen. Die Prognose ist bei frühzeitiger Behandlung in der Regel gut, wobei ohne adäquate Nachsorge ein erhöhtes Rezidivrisiko besteht.

Die Nachsorge umfasst regelmäßige Kontrolluntersuchungen, Ernährungsumstellung, Steigerung der Wasseraufnahme, Stressreduktion bei Katzen und gegebenenfalls eine langfristige medikamentöse Therapie. Durch eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen kann das Risiko für erneute Obstruktionen deutlich gesenkt werden.

Ursachen

In der Regel wird die mehr oder weniger komplette Verlegung der Harnröhre durch Kristallansammlungen oder Harnsteine verursacht. Auch Zellansammlungen spielen dabei eine Rolle.
Eine reine Trockenfutterfütterung und unzureichende Bewegung sowie Übergewicht tragen zu der immer häufiger zu diagnostizierenden Urethraobstruktion bei.
In seltenen Fällen können auch Tumoren und andere Erkrankungen wie Rückenmarksverletzungen (Bandscheibenvorfall) und andere neurogene Blasenentleerungsstörungen den geregelten Harnabsatz verhindern.

Ergänzung

Die Ursachen für einen Harnwegsverschluss sind vielfältig und unterscheiden sich teilweise zwischen Hunden und Katzen. Bei Katzen ist die häufigste Ursache die Feline Idiopathische Zystitis (FIC), die mit Entzündungen der Harnblasenwand und der Bildung von Entzündungsprodukten einhergeht, die die Harnröhre verstopfen können. Weiterhin spielen Harnsteine eine zentrale Rolle, wobei bei Katzen vorwiegend Struvitsteine (Magnesium-Ammonium-Phosphat) und Kalziumoxalatsteine vorkommen.

Bei Hunden sind Harnsteine ebenfalls eine häufige Ursache für Urethraobstruktionen, wobei hier je nach Rasse unterschiedliche Steinarten dominieren. Dalmatiner neigen beispielsweise zur Bildung von Uratsteinen, während bei Schnauzern häufiger Zystinsteine auftreten. Struvitsteine kommen bei beiden Tierarten vor und sind oft mit bakteriellen Harnwegsinfektionen assoziiert.

Weitere mögliche Ursachen für einen Harnwegverschluss umfassen:

  • Kristallurie: Ansammlung von Kristallen im Harn, die sich zu größeren Konglomeraten zusammenlagern können
  • Urethrale Plugs: Verstopfungen aus einer Mischung aus Proteinen, Zellen und Kristallen, besonders häufig bei Katern
  • Tumore der Harnröhre oder der umgebenden Gewebe
  • Traumatische Verletzungen mit nachfolgender Narbenbildung und Verengung der Harnröhre
  • Neurologische Störungen, die zu einer funktionellen Obstruktion führen können
  • Prostatahyperplasie oder -entzündung bei unkastrierten Rüden

Prädisponierende Faktoren für die Entstehung eines Harnwegverschlusses sind Übergewicht, mangelnde Bewegung, ausschließliche Trockenfutterfütterung, unzureichende Wasseraufnahme und chronischer Stress, insbesondere bei Katzen. Diese Faktoren führen zu konzentriertem Urin, der die Bildung von Kristallen und Steinen begünstigt.

Symptome

  • Gehäufter Versuch zum Harnabsatz
  • Teilweise wird die Katzentoilette nicht benutzt
  • Meist nur tropfenweise oder gar kein Harnabsatz
  • Schmerzäußerungen
  • Häufiges Belecken des Penis

Wird die Verlegung der Harnröhre nicht zeitnah behoben, entstehen Folgeschäden an den Nieren sowie eine zunehmende Vergiftung durch nicht ausgeschiedene Bestandteile des Harns (Urämie).
Das Krankheitsbild verschärft sich innerhalb von Stunden und es drohen Schäden an den Nieren. Es kommt zu:

  • Störung des Allgemeinbefindens
  • Fieber
  • Lethargie
  • Erbrechen
  • Teils tröpfchenweise Blutabsatz
  • Blasenriss
  • Schock

Ergänzung

Die klinischen Anzeichen eines Harnwegverschlusses entwickeln sich typischerweise progressiv und können je nach Schweregrad und Dauer der Obstruktion variieren. In den frühen Stadien zeigen betroffene Tiere häufig folgende Symptome:

Zunächst beobachtet man wiederholte, erfolglose Versuche des Tieres, Urin abzusetzen (Strangurie). Die Tiere nehmen dabei typischerweise die Haltung zum Urinieren ein, produzieren jedoch keinen oder nur tropfenweise Urin. Dieses Verhalten wird oft von deutlichen Schmerzäußerungen begleitet. Katzen miauen häufig kläglich während des Versuchs, Harn abzusetzen. Hunde winseln oder jaulen.

Betroffene Tiere zeigen zudem eine erhöhte Frequenz der Urinierversuche (Pollakisurie) und suchen möglicherweise ungewöhnliche Orte für den Harnabsatz auf. Bei Katzen äußert sich dies oft darin, dass sie die Katzentoilette meiden und stattdessen an anderen Stellen in der Wohnung zu urinieren versuchen. Ein weiteres charakteristisches Symptom ist das intensive Lecken im Genitalbereich, was auf Schmerzen und Unbehagen hindeutet.

Mit fortschreitender Dauer der Obstruktion verschlechtert sich der Allgemeinzustand rapide. Die Tiere werden zunehmend lethargisch, verweigern Futter und Wasser und können Erbrechen zeigen. Die Blase ist bei der Palpation prall gefüllt, hart und schmerzhaft. Bei längerer Dauer des Verschlusses kommt es zu systemischen Symptomen der Urämie mit Dehydratation, Hypothermie oder Fieber, Tachykardie und schließlich Bewusstseinstrübung bis zum Koma.

Bei einigen Tieren kann auch blutiger Urinabsatz (Hämaturie) beobachtet werden, der auf Entzündungen oder Verletzungen der Harnwege hinweist. In fortgeschrittenen Fällen kann es durch den hohen Druck in der Blase zu einer Ruptur kommen, was zu einer lebensbedrohlichen Urämie und Peritonitis führt.

Die Symptome eines Harnwegverschlusses stellen immer einen absoluten Notfall dar und erfordern sofortige tierärztliche Intervention, da unbehandelt innerhalb von 24–48 Stunden der Tod durch Nierenversagen und metabolische Entgleisungen eintreten kann.

Erste Hilfe

Eine Behandlung durch den Tierbesitzer ist nicht möglich. Sobald Sie das Problem bemerken, bringen Sie Ihr Tier zu einem Tierarzt.

  • Halten Sie Ihr Tier warm
  • Versuchen Sie nicht, die Blase auszudrücken
  • Flößen Sie keine harntreibenden Medikamente oder Tees ein.

Diagnose

Die Diagnose eines Harnwegverschlusses basiert auf einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung und weiterführender Diagnostik. Der Tierarzt wird zunächst eine gründliche Anamnese erheben, wobei besonderes Augenmerk auf Veränderungen im Verhalten beim Harnabsatz, Vorerkrankungen und Fütterungsgewohnheiten gelegt wird.

Bei der klinischen Untersuchung steht die Palpation des Abdomens im Vordergrund, wobei eine prall gefüllte, schmerzhafte Blase ein charakteristischer Befund ist. Bei männlichen Tieren werden zudem der Penis und die Harnröhre auf Anomalien, Schwellungen oder tastbare Obstruktionen untersucht. Die Vitalparameter werden sorgfältig erfasst, da Abweichungen auf systemische Komplikationen hinweisen können.

Die bildgebende Diagnostik spielt eine zentrale Rolle bei der Abklärung der Ursache des Harnwegverschlusses. Röntgenaufnahmen des Abdomens können röntgendichte Harnsteine darstellen und geben Aufschluss über die Größe der Blase. Nicht alle Steinarten sind jedoch röntgendicht, weshalb eine Ultraschalluntersuchung der Harnwege ergänzend durchgeführt wird. Diese ermöglicht die Darstellung von Steinen, die röntgenologisch nicht erfasst werden können, Gewebeveränderungen und Sedimenten in der Blase sowie die Beurteilung der Blasenwanddicke und möglicher Nierenschäden.

Laboruntersuchungen sind notwendig, um den Schweregrad der systemischen Beeinträchtigung zu erfassen:

  • Blutbild und Serumbiochemie zur Beurteilung der Nierenfunktion (Harnstoff, Kreatinin) und des Elektrolythaushalts (insbesondere Kalium)
  • Blutgasanalyse zur Erfassung von Säure-Basen-Störungen
  • Harnanalyse (sofern Urin gewonnen werden kann) zur Bestimmung des pH-Werts, der Dichte und zum Nachweis von Kristallen, Bakterien oder Entzündungszellen

In komplexeren Fällen oder bei Verdacht auf tumoröse Veränderungen können weiterführende bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Zystoskopie indiziert sein. Bei Verdacht auf bakterielle Infektionen wird eine Urinkultur mit Antibiogramm eingeleitet.

Die Diagnose muss zügig gestellt werden, da die Zeit bis zur Einleitung der Therapie entscheidend für die Prognose ist. Ein Harnwegsverschluss stellt immer eine lebensbedrohliche Situation dar, die einer sofortigen Intervention bedarf.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Die einzig hilfreiche Therapie kann nur ein Tierarzt durchführen.
Sie besteht in einer zeitnahen Druckentlastung der Blase und der Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Harnröhre mittels Katheterisierung, notfalls zunächst durch eine Blasenpunktion.
Eine Blasenpunktion bedeutet das Ablassen des Harnes über eine direkt durch die Haut in die Blase eingeführte Kanüle.
Je früher diese entlastenden Maßnahmen durchgeführt werden, umso eher können Folgeschäden verhindert oder in ihrem Ausmaß begrenzt werden.
Ihr Tierarzt wird danach die Ursache der Harnabflussstörung zunächst durch Röntgen der Harnwege klären. In manchen Fällen (z. B. bei Tumoren) sind auch weitere bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall und Computertomografie indiziert.
Labordiagnostische Untersuchungen geben Auskunft über das Ausmaß der bereits eingetretenen Beeinträchtigung der Nierenfunktion, der Störung des inneren Milieus, den Grad der Vergiftung durch den Rückstau harnpflichtiger Substanzen im Blut sowie eventuelle Auswirkungen auf die Funktion anderer Organe.
Davon abhängig kann der Tierarzt über die weitere, zu empfehlende und medizinisch notwendige, medikamentöse und chirurgische Therapie entscheiden.

Ergänzung

Die Behandlung eines Harnwegverschlusses erfordert ein schnelles und systematisches Vorgehen und gliedert sich in Notfallmaßnahmen und die anschließende kausale Therapie. Oberstes Ziel ist zunächst die Wiederherstellung des Harnabflusses und die Stabilisierung des Patienten.

Die Notfalltherapie beginnt mit der Katheterisierung der Harnröhre unter Sedation oder Vollnarkose. Hierbei wird ein steriler Harnkatheter vorsichtig in die Harnröhre eingeführt, um die Obstruktion zu überwinden und die Blase zu entleeren. Bei hochgradigen Verschlüssen kann zunächst eine Blasenpunktion (Zystozentese) notwendig sein, um den akuten Druck zu reduzieren und Urin für diagnostische Zwecke zu gewinnen. Nach erfolgreicher Katheterisierung wird die Blase mehrfach mit steriler Kochsalzlösung gespült, um verbliebene Kristalle, Zelldetritus oder kleine Steine zu entfernen.

Parallel zur Wiederherstellung des Harnabflusses erfolgt eine intensivmedizinische Stabilisierung des Patienten mittels intravenöser Flüssigkeitstherapie zur Korrektur von Dehydratation und Elektrolytstörungen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Normalisierung des Kaliumspiegels, da eine Hyperkaliämie zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen kann. Bei starken Schmerzen werden Analgetika verabreicht, wobei nichtsteroidale Antiphlogistika aufgrund der potenziellen Nierenschädigung mit Vorsicht eingesetzt werden sollten.

Nach der initialen Stabilisierung richtet sich die weitere Therapie nach der zugrunde liegenden Ursache:

Bei Harnsteinen kann je nach Art und Lokalisation eine medikamentöse Auflösung versucht werden oder eine chirurgische Entfernung notwendig sein. Struvitsteine können oft durch spezielle diätetische Maßnahmen und Ansäuerung des Urins aufgelöst werden, während Kalziumoxalatsteine in der Regel chirurgisch entfernt werden müssen.

Bei einer Felinen Idiopathischen Zystitis werden entzündungshemmende Medikamente, Schmerzmittel und Antispasmodika eingesetzt, ergänzt durch Stressreduktion und Umgebungsanreicherung. Krampflösende Medikamente wie Phenoxybenzamin oder Prazosin können die Entspannung des Harnröhrensphinkters fördern und den Harnabfluss verbessern.

Bei bakteriellen Infektionen erfolgt eine gezielte Antibiotikatherapie, basierend auf dem Ergebnis des Antibiogramms. Bei Tumoren oder hochgradigen Strikturen kann ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein, bei Katern mit rezidivierenden Obstruktionen wird häufig eine perineale Urethrostomie (chirurgische Erweiterung der Harnröhrenöffnung) durchgeführt.

Der Harnkatheter verbleibt in der Regel für 24–48 Stunden, um einen kontinuierlichen Harnabfluss zu gewährleisten und die Heilung der entzündeten Harnröhre zu ermöglichen. Nach Entfernung des Katheters ist eine engmaschige Überwachung des Patienten erforderlich, um ein erneutes Auftreten der Obstruktion frühzeitig zu erkennen.

Prognose und Nachsorge

Die Prognose bei einem Harnwegverschluss hängt maßgeblich von der Zeitspanne zwischen Auftreten der Obstruktion und Beginn der Therapie sowie von der zugrundeliegenden Ursache ab. Bei frühzeitiger Behandlung ist die Prognose in der Regel gut, wobei die Rezidivrate ohne entsprechende Nachsorge und Prophylaxe relativ hoch sein kann.

Tiere, die bereits schwere systemische Komplikationen wie Nierenversagen, Elektrolytentgleisungen oder Herzrhythmusstörungen entwickelt haben, weisen eine vorsichtigere Prognose auf. Studien zeigen, dass etwa 15–20 % der Katzen mit urethralem Verschluss innerhalb von sechs Monaten ein Rezidiv erleiden, wenn keine adäquaten präventiven Maßnahmen ergriffen werden.

Die Nachsorge beginnt unmittelbar nach der Entlassung aus der stationären Behandlung und umfasst mehrere Komponenten:

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind zu empfehlen, um die Nierenfunktion zu überwachen und frühzeitig Anzeichen eines erneuten Verschlusses zu erkennen. In den ersten Wochen nach der Entlassung sollten wöchentliche Kontrollen erfolgen, später können die Intervalle bei gutem Verlauf verlängert werden.

Die Ernährungsumstellung ist ein zentraler Bestandteil der Nachsorge. Je nach Art der Harnsteine wird eine spezielle Diät verordnet, die darauf abzielt, den pH-Wert des Urins zu regulieren und die Bildung von Kristallen zu reduzieren. Bei Katzen wird generell eine Umstellung von Trockenfutter auf Nassfutter empfohlen, um die Wasseraufnahme zu erhöhen und damit den Urin zu verdünnen. Spezielle Diäten wie Hill’s s/d oder Royal Canin Urinary S/O können bei bestimmten Steinarten indiziert sein.

Die Steigerung der Wasseraufnahme ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Nachsorge. Dies kann durch Trinkbrunnen, mehrere Wassernäpfe im Haushalt oder das Hinzufügen von Wasser zum Futter erreicht werden. Eine erhöhte Wasseraufnahme führt zu verdünntem Urin, was das Risiko für Kristall- und Steinbildung reduziert.

Bei Katzen mit Feliner Idiopathischer Zystitis spielt die Stressreduktion eine entscheidende Rolle. Maßnahmen wie die Bereitstellung ausreichender Rückzugsmöglichkeiten, mehrerer Katzentoiletten und regelmäßiger Spieleinheiten können dazu beitragen, das Risiko für Rezidive zu senken.

In einigen Fällen kann eine langfristige medikamentöse Therapie notwendig sein. Harnansäuernde Präparate können bei Struvitsteinen indiziert sein, während bei rezidivierenden bakteriellen Infektionen eine Langzeitantibiose erwogen werden kann. Bei Katzen mit funktionellen Obstruktionen können Antispasmodika wie Phenoxybenzamin langfristig eingesetzt werden.

Die Überwachung des Urinabsatzverhaltens durch den Besitzer ist ein wichtiger Teil der Nachsorge. Tierhalter sollten geschult werden, auf Anzeichen wie häufiges Aufsuchen der Katzentoilette, Schmerzäußerungen beim Urinieren oder Veränderungen in der Urinmenge zu achten und bei Auffälligkeiten umgehend tierärztlichen Rat einzuholen.

Ausblick auf aktuelle Forschung

Die Forschung im Bereich der Harnwegsobstruktionen bei Kleintieren entwickelt sich kontinuierlich weiter, mit dem Ziel, Diagnose, Therapie und Prävention zu verbessern. Aktuelle Forschungsschwerpunkte umfassen mehrere vielversprechende Bereiche.

In der Diagnostik werden zunehmend molekularbiologische Methoden erforscht, die eine präzisere Identifikation der zugrundeliegenden Ursachen ermöglichen sollen. Biomarker im Urin könnten künftig frühzeitig auf Entzündungsprozesse oder beginnende Kristallbildung hinweisen, bevor es zur klinischen Manifestation kommt. Neue bildgebende Verfahren wie hochauflösende Mikro-CT-Untersuchungen ermöglichen eine detailliertere Darstellung der Harnwege und können insbesondere bei der Charakterisierung komplexer Harnsteine hilfreich sein.

Im Bereich der Therapie konzentriert sich die Forschung auf minimalinvasive Verfahren zur Steinentfernung. Lasergestützte Lithotripsie-Verfahren werden kontinuierlich weiterentwickelt und ermöglichen die Fragmentierung von Harnsteinen ohne chirurgische Eingriffe. Endoskopische Techniken werden verfeinert, um auch bei kleineren Patienten anwendbar zu sein und die Traumatisierung der Harnwege zu minimieren.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der medikamentösen Therapie. Neue Substanzen zur gezielten Auflösung verschiedener Steinarten werden entwickelt, und die Wirksamkeit von Antispasmodika und entzündungshemmenden Medikamenten wird in klinischen Studien evaluiert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Entwicklung von Medikamenten mit geringeren Nebenwirkungen auf Nieren und Gastrointestinaltrakt.

Die Erforschung der Felinen Idiopathischen Zystitis (FIC) als häufige Ursache für Harnwegsobstruktionen bei Katzen hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Das Verständnis der neuroendokrinen Mechanismen und der Rolle von chronischem Stress bei der Entstehung dieser Erkrankung hat zu neuen therapeutischen Ansätzen geführt, die über die reine Symptombehandlung hinausgehen. Studien zur Wirksamkeit von Pheromonen, Nahrungsergänzungsmitteln wie L-Tryptophan und Omega-3-Fettsäuren sowie verhaltensmodifizierenden Maßnahmen zeigen vielversprechende Ergebnisse.

Im Bereich der Prävention werden neue diätetische Konzepte erforscht, die gezielt auf die Verhinderung verschiedener Steinarten ausgerichtet sind. Die Entwicklung von Futtermitteln mit optimiertem Mineralstoffgehalt, angepasstem pH-Wert und erhöhter Schmackhaftigkeit steht dabei im Fokus. Zudem werden Probiotika auf ihre Fähigkeit untersucht, das Urothel zu schützen und pathogenen Bakterien die Anheftung zu erschweren.

Die Integration digitaler Technologien in das Management von Patienten mit Harnwegsproblemen stellt einen innovativen Forschungsbereich dar. Smarte Trinkbrunnen mit Durchflussmessung, elektronische Katzentoiletten zur Überwachung des Urinabsatzverhaltens und Smartphone-Apps zur Dokumentation der Symptome könnten künftig eine frühzeitige Intervention ermöglichen und die Kommunikation zwischen Tierhalter und Tierarzt verbessern.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Warum sind männliche Katzen besonders anfällig für einen Harnwegverschluss?
    Männliche Katzen besitzen eine deutlich längere und engere Harnröhre als weibliche Tiere, insbesondere im Bereich des Penis. Diese anatomische Besonderheit prädisponiert sie für Obstruktionen durch Kristalle, Steine oder entzündliches Material.
  2. Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Entstehung eines Harnwegverschlusses?
    Die Ernährung beeinflusst maßgeblich den pH-Wert des Urins sowie die Konzentration von Mineralstoffen, die zur Kristall- und Steinbildung beitragen können. Trockenfutter führt zu konzentrierterem Urin und erhöht damit das Risiko für Urethraobstruktionen, besonders bei Katzen.
  3. Wie erkenne ich als Tierhalter einen Harnwegverschluss frühzeitig?
    Achten Sie auf häufige, erfolglose Versuche, Urin abzusetzen, Schmerzäußerungen während des Urinierens, Lecken im Genitalbereich und Urinieren an ungewöhnlichen Orten. Bei Katzen kann auch das Meiden der Katzentoilette ein Warnsignal sein.
  4. Kann ein Harnwegverschluss ohne tierärztliche Hilfe von selbst abklingen?
    Nein, ein Harnwegverschluss ist ein akuter Notfall, der immer tierärztliche Behandlung erfordert. Ohne Therapie kommt es innerhalb von 24–48 Stunden zu lebensbedrohlichen Komplikationen und schließlich zum Tod des Tieres.
  5. Wie kann ich nach einer überstandenen Urethraobstruktion einem Rückfall vorbeugen?
    Präventive Maßnahmen umfassen die Umstellung auf Nassfutter, Erhöhung der Wasseraufnahme, regelmäßige tierärztliche Kontrollen, Stressreduktion und gegebenenfalls spezielle Diäten je nach Art der aufgetretenen Harnsteine.
  6. Ist eine Operation bei einem Harnwegverschluss immer notwendig?
    Nicht in jedem Fall. Viele Obstruktionen können durch Katheterisierung und Spülung der Blase behoben werden. Eine Operation (perineale Urethrostomie) wird meist erst bei wiederkehrenden Verschlüssen oder bestimmten Grunderkrankungen in Betracht gezogen.
  7. Wie lange dauert die Genesung nach einem Harnwegverschluss?
    Die akute Phase der Behandlung dauert in der Regel 2–5 Tage. Die vollständige Erholung, insbesondere der Nierenfunktion, kann jedoch je nach Schweregrad der Erkrankung mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
  8. Können auch junge Tiere einen Harnwegverschluss erleiden?
    Ja, obwohl die Erkrankung häufiger bei mittelalten Tieren (4–10 Jahre) auftritt, können auch jüngere Tiere betroffen sein, besonders wenn genetische Prädispositionen oder anatomische Besonderheiten vorliegen.
  9. Welche Rassen sind besonders anfällig für Harnwegsverschlüsse?
    Bei Katzen sind Perserkatzen und andere langhaarige Rassen sowie übergewichtige Tiere häufiger betroffen. Bei Hunden zeigen bestimmte Rassen Prädispositionen für spezifische Steinarten: Dalmatiner für Uratsteine, Schnauzer für Zystinsteine und kleine Rassen generell für Kalziumoxalatsteine.
  10. Kann Stress einen Harnwegverschluss auslösen?
    Ja, besonders bei Katzen spielt Stress eine bedeutende Rolle bei der Entstehung der Felinen Idiopathischen Zystitis, die zu Entzündungen und schließlich zur Obstruktion führen kann. Umzüge, neue Haustiere oder Veränderungen im Haushalt können Auslöser sein.

Literatur

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