Dehydratation

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Dehydratation, auch als Austrocknung bezeichnet, ist ein pathophysiologischer Zustand, bei dem der Körper des Tieres mehr Flüssigkeit verliert, als ihm zugeführt wird. Dieser Flüssigkeitsmangel betrifft nicht nur das reine Wasser im Organismus, sondern häufig auch lebenswichtige Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Chlorid. Der Wasseranteil macht bei gesunden Hunden und Katzen etwa 60% des Körpergewichts aus, wobei dieser Wert bei Welpen sogar bis zu 80% betragen kann.

Die Flüssigkeit im Körper verteilt sich auf verschiedene Kompartimente: etwa zwei Drittel befinden sich intrazellulär (innerhalb der Zellen), während ein Drittel extrazellulär (außerhalb der Zellen) vorliegt. Diese Balance ist essenziell für zahlreiche physiologische Prozesse wie den Stoffwechsel, die Temperaturregulation und den Blutkreislauf. Bei einer Dehydratation kommt es zu einer Störung dieses empfindlichen Gleichgewichts, was weitreichende Konsequenzen für den gesamten Organismus haben kann.

Besonders wichtig ist das Verständnis, dass bereits ein Flüssigkeitsverlust von 5 % des Körpergewichts klinische Symptome verursachen kann. Ab einem Verlust von 10-12 % wird die Situation lebensbedrohlich, und ein Verlust von mehr als 15 % führt unbehandelt zum Tod des Tieres. Diese Zahlen verdeutlichen, wie schnell eine anfänglich harmlos erscheinende Dehydratation zu einem ernsten medizinischen Notfall werden kann.

Ursachen

Die Ursachen für eine Dehydratation bei Hunden und Katzen sind vielfältig und lassen sich in mehrere Kategorien einteilen:

Erhöhter Flüssigkeitsverlust: Die häufigsten Auslöser sind gastrointestinale Erkrankungen wie akuter Durchfall und Erbrechen, die zu einem rapiden Verlust von Wasser und Elektrolyten führen. Auch Fieber, übermäßiges Hecheln bei Hunden oder starkes Schwitzen (bei Katzen über die Pfotenballen) bei hohen Temperaturen können den Flüssigkeitsverlust erheblich steigern. Blutungen, Verbrennungen und ausgedehnte Hautverletzungen führen ebenfalls zu einem erhöhten Flüssigkeitsverlust über die geschädigte Körperoberfläche.

Verminderte Flüssigkeitsaufnahme: Zahlreiche Faktoren können die normale Wasseraufnahme beeinträchtigen. Dazu gehören Erkrankungen der Maulhöhle wie Stomatitis oder Zahnprobleme, die das Trinken schmerzhaft machen, neurologische Störungen, die den Schluckakt beeinträchtigen, sowie Bewusstseinsstörungen oder Immobilität, die den Zugang zu Wasser erschweren. Auch ein mangelndes Durstgefühl, wie es bei älteren Tieren oder bestimmten Erkrankungen vorkommt, kann zu einer unzureichenden Flüssigkeitsaufnahme führen.

Hormonelle und metabolische Störungen: Diabetes mellitus führt durch die erhöhte Glukoseausscheidung im Urin (Glukosurie) zu einem verstärkten Wasserverlust. Nierenerkrankungen beeinträchtigen die Fähigkeit der Nieren, den Urin zu konzentrieren, was zu einem erhöhten Wasserverlust führt. Auch Hyperthyreose bei Katzen kann durch einen gesteigerten Stoffwechsel zu einem erhöhten Flüssigkeitsbedarf führen, der nicht immer ausreichend kompensiert wird.

Umweltfaktoren: Extreme Hitze, mangelnder Zugang zu frischem Wasser, körperliche Überanstrengung und unzureichende Akklimatisation an warme Umgebungen sind wichtige Umweltfaktoren, die eine Dehydratation begünstigen können. Besonders gefährdet sind Tiere, die in heißen Autos zurückgelassen werden, da die Temperatur im Fahrzeuginneren rasch auf lebensbedrohliche Werte ansteigen kann.

Medikamentöse Einflüsse: Bestimmte Medikamente wie Diuretika erhöhen die Urinausscheidung und können bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr zu einer Dehydratation führen. Auch Abführmittel und bestimmte Chemotherapeutika können den Flüssigkeitshaushalt negativ beeinflussen.

Besonders gefährdet sind Jungtiere, Senioren und Tiere mit chronischen Erkrankungen, da deren Kompensationsmechanismen oft eingeschränkt sind. Auch brachyzephale (kurzköpfige) Hunderassen wie Möpse oder Französische Bulldoggen haben ein erhöhtes Risiko, da sie durch ihre Atemwegsanatomie anfälliger für Überhitzung sind.

Symptome

Bei leichter Dehydratation

  • Durst
  • Trockene Schleimhäute
  • Konzentrierter, dunkelgelber Harn

Bei mittlerer Dehydratation

  • Eingesunkene Augen
  • Sehr trockene Schleimhäute
  • Stark verminderte Harnausscheidung (Oligurie)
  • Deutlich erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie)

Bei schwerer Dehydratation

  • Für mehrere Sekunden stehenbleibende Hautfalten nach einem Anheben der Haut
  • Niedriger Blutdruck (Hypotonie)

Ab einem Flüssigkeitsverlust von ca. 15% der Gesamt – Körperflüssigkeit kommt es zu einem Volumenmangelschock, gekennzeichnet durch

  • Kreislaufschwäche
  • Zunehmende Bewusstseinsstörung
  • Lethargie
  • Koma

Die klinischen Anzeichen einer Dehydratation entwickeln sich progressiv und variieren je nach Schweregrad des Flüssigkeitsverlusts. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung.

Leichte Dehydratation (ca. 5% Flüssigkeitsverlust):
Bei einer leichten Dehydratation zeigen die Tiere oft subtile Veränderungen, die leicht übersehen werden können. Die Schleimhäute, insbesondere das Zahnfleisch, wirken trockener als normal, behalten aber noch eine gewisse Feuchtigkeit. Der Urin wird konzentrierter und nimmt eine dunkelgelbe Färbung an. Die betroffenen Tiere zeigen ein gesteigertes Durstgefühl, trinken häufiger und in größeren Mengen. Bei der klinischen Untersuchung ist die Hautelastizität noch weitgehend normal, und der Hautfaltentest zeigt eine nur minimal verzögerte Rückbildung der Hautfalte.

Mittlere Dehydratation (ca. 6-9% Flüssigkeitsverlust):
Mit zunehmender Dehydratation werden die Symptome deutlicher. Die Schleimhäute sind nun auffallend trocken und klebrig. Die Augen beginnen einzusinken, da das umgebende Gewebe an Volumen verliert. Die kapillare Füllungszeit (die Zeit, die das Zahnfleisch benötigt, um nach Druck wieder seine normale Farbe anzunehmen) ist verlängert und beträgt mehr als 2 Sekunden. Der Hautfaltentest zeigt eine deutlich verzögerte Rückbildung von 2-4 Sekunden. Die Harnproduktion nimmt merklich ab (Oligurie), und der Herzschlag beschleunigt sich (Tachykardie) als Kompensationsmechanismus, um den Blutdruck aufrechtzuerhalten. Die Tiere wirken zunehmend lethargisch und zeigen eine verminderte Aktivität.

Schwere Dehydratation (ca. 10-15% Flüssigkeitsverlust):
Bei einer schweren Dehydratation sind die Symptome alarmierend und stellen einen medizinischen Notfall dar. Die Schleimhäute sind extrem trocken, und die Speichelproduktion ist stark reduziert. Die Augen sind tief eingesunken und können einen glasigen Ausdruck annehmen. Der Hautfaltentest zeigt eine persistierende Hautfalte, die 4-10 Sekunden oder länger bestehen bleibt. Der Blutdruck sinkt gefährlich ab (Hypotonie), und die Extremitäten fühlen sich kühl an aufgrund der verminderten peripheren Durchblutung. Die Herzfrequenz ist stark erhöht, während der Puls schwach und fadenförmig wird. Die Körpertemperatur kann abnormal niedrig sein. Die Tiere sind stark apathisch, reagieren kaum auf Umweltreize und können sogar in einen komatösen Zustand verfallen.

Kritische Dehydratation (über 15% Flüssigkeitsverlust):
Bei diesem Schweregrad entwickelt sich ein lebensbedrohlicher Volumenmangelschock. Die Tiere sind bewusstlos oder nur minimal auf schmerzhafte Reize reagierend. Die Atmung ist flach und unregelmäßig. Der Puls ist kaum noch tastbar, und die Extremitäten sind kalt. Ohne sofortige intensivmedizinische Behandlung ist dieser Zustand in der Regel tödlich.

Besonders bei Katzen können die Symptome einer Dehydratation subtiler sein und werden oft erst in fortgeschrittenen Stadien bemerkt. Katzen zeigen häufig weniger offensichtliche Verhaltensänderungen und kompensieren Flüssigkeitsverluste länger, bevor klinische Anzeichen deutlich werden.

Erste Hilfe

  • Bei wiederholtem Erbrechen unterbinden Sie für kurze Zeit den freien Zugang zu Wasser und Futter, damit der Magen zur Ruhe kommen kann.
  • Danach kann man die Gabe von Wasser wiederholt in kleinen Portionen versuchen. Bei Katzen nehmen Sie etwa jeweils das Volumen eines Teelöffels und bei Hunden, je nach ihrer Größe, einen Esslöffel voll bis zu 1/4 Tasse Flüssigkeit pro Gabe.
  • Erbricht Ihr Tier zunächst nicht weiter, gestatten Sie Ihrem Tier dennoch zunächst nicht, seinen Durst durch freien Zugang zu Wasser zu stillen. Gehen Sie schrittweise vor und erhöhen Sie allmählich das Wasserangebot, bis das Defizit ausgeglichen ist.
  • Kontrollieren Sie, ob die Zunge und das Zahnfleisch noch trocken oder wieder gut feucht sind und ob der Speichel wieder wässrig oder noch schleimig zäh erscheint.
  • Erscheinen die Augen eingefallen, dann liegt noch immer eine mittlere bis schwere Dehydratation vor.
  • Wenn Sie eine Hautfalte bei Ihrem Tier leicht anheben und dann loslassen, verstreicht sie bei einem gesunden Tier sofort. Liegt eine Dehydratation vor, verstreicht sie nur langsam oder bleibt nahezustehen. Das wäre bereits ein Zeichen für eine starke, lebensbedrohliche Dehydratation.

Weitere tieräztliche Maßnahmen

Sollten Sie nicht erfolgreich sein und Ihr Tier erholt sich nicht innerhalb von Stunden, stellen Sie Ihr Tier einem Tierarzt vor.

Die Behandlung einer Dehydratation bei Hunden und Katzen folgt einem systematischen Ansatz, der auf den Schweregrad des Flüssigkeitsverlusts und die zugrundeliegende Ursache abgestimmt wird. Das primäre Ziel ist die Wiederherstellung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts sowie die Behandlung der auslösenden Erkrankung.

Flüssigkeitsersatztherapie:
Die intravenöse Flüssigkeitstherapie ist die effektivste Methode zur Behandlung einer mittleren bis schweren Dehydratation. Hierbei wird eine Venenverweilkanüle gelegt, über die kristalloide Lösungen wie Ringer-Laktat oder isotonische Kochsalzlösung verabreicht werden. Die Wahl der Flüssigkeit richtet sich nach den Elektrolytwerten des Patienten und der Art der Dehydratation.

Die Berechnung der zu verabreichenden Flüssigkeitsmenge erfolgt nach einer spezifischen Formel: Körpergewicht (kg) × geschätzter Dehydratationsgrad (%) = Flüssigkeitsdefizit in Litern. Zu diesem Defizit werden der tägliche Erhaltungsbedarf (etwa 50-60 ml/kg/Tag) und die fortlaufenden Verluste (z.B. durch anhaltenden Durchfall) addiert. Die Rehydratation erfolgt idealerweise über 24-48 Stunden, wobei in den ersten 4-6 Stunden etwa die Hälfte des Defizits ausgeglichen wird, um einen zu raschen Elektrolytausgleich zu vermeiden.

Bei hypovolämischem Schock ist eine schnellere initiale Flüssigkeitsgabe erforderlich (Schockdosis: 90 ml/kg/h für Hunde, 60 ml/kg/h für Katzen), die über 15-30 Minuten verabreicht wird, gefolgt von einer Neubewertung des Patienten.

Alternative Verabreichungswege:
Bei leichter bis mittlerer Dehydratation oder als Ergänzung zur intravenösen Therapie kann die subkutane Flüssigkeitsgabe eine praktikable Option sein. Hierbei werden isotonische Flüssigkeiten unter die Haut injiziert, typischerweise im Nackenbereich. Diese Methode ist weniger invasiv, jedoch auch weniger effektiv bei schwerer Dehydratation oder Schock.

Die orale Rehydratation kann bei leichter Dehydratation und erhaltener Schluckfähigkeit angewendet werden, vorausgesetzt, das Tier erbricht nicht. Spezielle orale Rehydratationslösungen, die Elektrolyte und leicht verdauliche Kohlenhydrate enthalten, sind kommerziell erhältlich oder können nach tierärztlicher Anleitung zubereitet werden.

Elektrolytmanagement:
Elektrolytstörungen müssen gezielt korrigiert werden. Eine Hypokaliämie, häufig bei Anorexie und gastrointestinalen Verlusten, erfordert eine Kaliumsupplementierung. Eine Hyponatriämie muss langsam ausgeglichen werden, um neurologische Komplikationen zu vermeiden. Die Elektrolytkorrektur erfolgt unter regelmäßiger Laborüberwachung, um Überkorrektur zu vermeiden.

Behandlung der Grunderkrankung:
Parallel zur Flüssigkeitstherapie muss die zugrundeliegende Ursache der Dehydratation behandelt werden. Dies kann Antiemetika bei Erbrechen, Antidiarrhoika bei Durchfall, Antibiotika bei bakteriellen Infektionen oder spezifische Therapien für endokrine oder renale Erkrankungen umfassen.

Unterstützende Maßnahmen:
Bei schwerer Dehydratation können zusätzliche unterstützende Maßnahmen erforderlich sein, wie Wärmezufuhr bei Hypothermie, Sauerstofftherapie bei respiratorischer Beeinträchtigung oder Analgesie bei Schmerzen. Die Überwachung der Vitalparameter, des Urinoutputs und des Körpergewichts ist essenziell, um den Therapieerfolg zu beurteilen und die Flüssigkeitszufuhr anzupassen.

Ernährungsunterstützung:
Eine adäquate Ernährung ist wichtig für die Genesung. Bei anhaltender Anorexie kann eine Fütterung über Nasenschlundsonde oder andere enterale Ernährungsmethoden erforderlich sein. Die Nahrung sollte leicht verdaulich sein und an die spezifischen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden.

Die Therapie wird kontinuierlich an den klinischen Zustand des Patienten angepasst, mit dem Ziel, eine ausgewogene Flüssigkeits- und Elektrolytbalance wiederherzustellen und die Grunderkrankung zu kontrollieren.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

  1. Woran erkenne ich eine Dehydratation beim Tier?
    Anzeichen sind u. a. trockene Schleimhäute, verminderte Hautelastizität (der Hautfaltentest bildet sich nur langsam zurück), eingefallene Augen und allgemeine Schlappheit oder Appetitlosigkeit.
  2. Was sind häufige Ursachen für eine Dehydratation?
    Erbrechen, Durchfall, starkes Fieber, unzureichende Flüssigkeitsaufnahme (z. B. mangelnder Zugang zu Wasser) oder chronische Erkrankungen (z. B. Nierenprobleme).
  3. Wie kann ich einen leichten Flüssigkeitsverlust selbst behandeln?
    Bei milden Fällen kann das Anbieten von Wasser oder einer Elektrolytlösung ausreichend sein. Bei starken oder anhaltenden Symptomen muss jedoch schnell ein Tierarzt aufgesucht werden.
  4. Wie stellt der Tierarzt eine Dehydratation fest?
    Neben klinischen Anzeichen (Hautfaltentest, Schleimhautstatus) werden Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt, um den Hydratationszustand und mögliche Ursachen zu ermitteln.
  5. Wie wird eine schwere Dehydratation behandelt?
    In schweren Fällen erfolgt die Flüssigkeitszufuhr intravenös. Zudem wird die Grunderkrankung therapiert (z. B. Behandlung von Erbrechen oder Durchfall).

Literatur

  • KRAFT, Wilfried. Geriatrie bei Hund und Katze. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 2004, 146. Jg., Nr. 12, S. 575–575.
  • Kaufmann, J, M Laschat, F Wappler: Präklinische Versorgung von Kindernotfällen. In: Anästhesiologie & Intensivmedizin. Band 61, 2020, S. 26–37.
  • Löwe, G. und Löwe, O., 2021. Notfälle bei Hund und Katze – Ein tierärztlicher Ratgeber. Kreuztal: Kynos-Verlag, 208 S.
  • Reineke EL, Walton K, Otto CM. Evaluation of an oral electrolyte solution for treatment of mild to moderate dehydration in dogs with hemorrhagic diarrhea. Journal of the American Veterinary Medical Association. 2019;245(7):805-813.
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Bei einer fortgeschrittenen Dehydratation sollte möglichst eine Dauertropfinfusion erfolgen.